Die Abfallmenge sinkt um 12.000 Tonnen. Die Recycling-Offensive der Stadtreinigung wirkt. Viele Hamburger Haushalte sind ohne Biotonne.
Hamburg. Jahrelang galt Hamburg als Schlusslicht bei der Mülltrennung und als größter Pro-Kopf-Abfallproduzent des Landes - jetzt ist die Wende offensichtlich geschafft. Die Recycling-Initiative, die die Umweltbehörde und die Stadtreinigung im Januar vergangenen Jahres gestartet haben, zeigt Wirkung. Nach Angaben der Stadtreinigung ist die Abfallmenge aus den grauen Hausmülltonnen 2011 um zwölf Millionen auf 497 Millionen Kilogramm gesunken. Rechnerisch hat jeder Hamburger damit fünf Kilo weniger Müll verursacht als im Jahr zuvor.
Allein 45.000 grüne Bio- und 20.500 blaue Altpapiertonnen sind 2011 hinzugekommen - das sind Steigerungsraten von 80 beziehungsweise 18 Prozent. "Wir werten das als Erfolg", sagt Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung. Man sei damit dem Ziel der Umweltbehörde nahe gekommen, bis zum Jahr 2012 rund 70 Prozent mehr Bio- und 30 Prozent mehr Papiermüll zu sammeln.
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Nach wie vor allerdings haben mehr als die Hälfte der Hamburger Haushalte keine Biotonne, noch immer gibt es weder Zwang noch Sanktionen für Mülltrennungsmuffel. Die verpflichtende Verordnung wird auch 16 Monate nach dem Start vielerorts ignoriert oder umgangen. So haben sich bereits 44.000 Hamburger Haushalte von der Biotonnen-Pflicht befreien lassen, 26 000 waren es bei der Altpapiertonne.
"Die Befreiungsgründe werden nach und nach geprüft", sagt Reinhard Fiedler. "Die häufigsten Begründungen sind Platzmangel oder Eigenkompostierung." Kontrolliert werde nicht, die Stadtreinigung setze weiter auf beharrliche Überzeugungsarbeit. Vor allem in dicht besiedelten Stadtteilen scheuen sich Mieter und Vermieter vor dem Aufstellen zusätzlicher Müllbehälter.
Nach Überzeugung der Stadtreinigung gibt es aber noch erhebliches Potenzial. Angesichts von 890.000 Haushalten erscheine die Zahl von 102.000 grünen und 135.000 blauen Tonnen durchaus steigerungsfähig. Belastbare Zahlen für die gelbe Wertstofftonne lägen dabei nicht vor, sagt Fiedler. Verpackungen, Metall und Plastik landeten aber noch zu häufig in den grauen Hausmülltonnen.
"Es ist noch genügend Luft nach oben", konstatiert auch Alexander Porschke, Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) Hamburg. Die Stadt sei auf einem guten Weg. Sparpotenzial von bis zu 75 Euro bei den Gebühren sei ein sinnvoller Anreiz, den Müll zu trennen. "Und wenn die Menge des Hausmülls weiter sinkt, könnte man durchaus darüber nachdenken, eine Müllverbrennungsanlage zu schließen." Allein in der Anlage Stellinger Moor gingen 2011 rund 10.000 Tonnen weniger Müll in Flammen auf als noch im Vorjahr.
Kritischer äußert sich Heinrich Stüven vom Hamburger Grundeigentümerverband: "Eine großflächige Mülltrennung in Hamburg ist illusorisch. 50 Prozent Single-Haushalte bedeuten, dass in diesen kleinen Wohnungen vier Mülleimer stehen müssten. Und gerade geruchsintensiver Biomüll in den eigenen vier Wänden ist schwer vermittelbar." Die Strategie - weg von der Müllverbrennung, hin zur Mülltrennung - sei grundsätzlich zu begrüßen. "Aber was nützt es, wenn etwa 60 Prozent der gelben Wertstofftonne doch wieder in den Verbrennungsanlagen landen?"