Bernd Ohde, Ex-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte, hat seinen Parteiaustritt erklärt. Geht er nun zur SPD?
Hamburg. Der seit Jahren krisengeschüttelte CDU-Kreisverband Hamburg-Mitte steht vor einer Zerreißprobe. Anlass ist der Parteiaustritt des Bezirksabgeordneten Bernd Ohde, der bis vor Kurzem noch Fraktionschef in der Bezirksversammlung Mitte und Vorsitzender des Ortsverbandes Horn war.
Im Zuge des Parteiaustritts gerät auch der CDU-Landesvorsitzende Marcus Weinberg in die Kritik. Der Bürgerschaftsabgeordnete Heiko Hecht gab Weinberg eine Mitschuld an dem Parteiaustritt: "Der Landesvorsitzende sollte doch eigentlich ein Interesse daran haben, die wenigen guten Köpfe, die die Partei noch hat, zu halten. Hat er aber offensichtlich nicht." Auf Abendblatt-Anfrage sagte Weinberg: "Wir haben den Austritt von Herrn Ohde zur Kenntnis genommen und bedauern seine Entscheidung." Allerdings betonte der Landeschef auch: "Wir erwarten von Herrn Ohde, dass er nun sein Mandat als Abgeordneter aufgibt. Alles andere wäre stillos." Denn schließlich sei Ohde als Mitglied der CDU nominiert worden.
Das Abendblatt erreichte Ohde im Dänemark-Urlaub. Der 57-Jährige, der bislang auch Landesvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU war, sagte nur: "Ich habe mit diesem Schritt meine Konsequenzen aus dem Verhalten des Landesvorstands gezogen." Er werde weiterhin Abgeordneter bleiben. Die CDU-Fraktion hat damit nur noch acht Abgeordnete.
Aber was hat zu seinem Austritt geführt? Es hat offensichtlich Streit zwischen Ohde und dem Landesverband wegen des Ausschlusses von vier Mitgliedern aus seinem Ortsverband gegeben. Deshalb hatte Ohde dem Landesvorstand einen fünfseitigen Brief (liegt dem Abendblatt vor) geschrieben und sich über den Umgang mit den Mitgliedern beschwert. Es müsse endlich Schluss sein mit "Spielchen" auf dem Rücken der Mitgliedschaft, ist in dem Schreiben zu lesen.
+++ Marcus Weinberg nimmt Eltern in die Pflicht +++
Weinberg weist sämtliche Kritik im Zusammenhang mit dem Parteiausschluss zurück: "Es handelte sich hierbei um vier Personen, deren Aufnahmeanträge offensichtlich von einer Person ausgefüllt wurden. Das hatte eine Kontrolle der Aufnahmeanträge ergeben. Deshalb hatten wir die vier Mitglieder per Einschreiben aufgefordert, uns mitzuteilen, ob sie wirklich Mitglied in der CDU bleiben wollen." Als es keine Reaktion gab, seien die Mitglieder ausgeschlossen worden, sagte Weinberg.
Aber der Austritt von Ohde dürfte tiefere Gründe haben. Erst vor Kurzem war er bei der Wahl zum Fraktionschef mit sechs zu drei Stimmen gegen Jörg Frommann gescheitert. Ohde war 2011 in die Bezirksversammlung und zum Fraktionschef gewählt worden. Das Klima in der Fraktion ist seit Längerem angespannt.
Unterdessen wird es spannend, welcher Fraktion sich Bernd Ohde in der Bezirksversammlung Mitte anschließt: "Ich habe mich noch nicht entschieden", sagte Ohde gestern. Sollte seine Wahl auf die SPD-Fraktion fallen, dann hätte die SPD dadurch die absolute Mehrheit. Dann könnte sie ohne weitere Hilfe einen Kandidaten bei der Wahl des neuen Bezirksamtsleiters durchsetzen.
Die ist notwendig, weil der bisherige Bezirksamtschef Markus Schreiber zurückgetreten war, nachdem die elfjährige Chantal in einer Pflegefamilie an einer Methadonvergiftung gestorben war . Noch läuft die bundesweite Ausschreibung für den Posten, Bewerber können ihre Unterlagen noch bis zum 20. März einreichen.
Der Bürgerschaftsabgeordnete Heiko Hecht bedauert die Entscheidung von Bernd Ohde: "Es ist eine Katastrophe, dass so ein engagierter Politiker aus der CDU ausgetreten ist. Aber nachdem man ihn als Fraktionschef demontiert hatte und der Landesvorsitzende es noch nicht einmal für nötig hielt, den ausführlichen Brief von Herrn Ohde zu beantworten, hat er nun seine Konsequenzen gezogen." Das sei symptomatisch für den momentanen Zustand der CDU.
+++ Bezirksamtschef Markus Schreiber tritt zurück +++
Es ist kein Geheimnis, dass es innerhalb des Kreisverbandes Mitte seit Jahren Auseinandersetzungen gibt. Es haben sich dort zwei Lager gebildet. Auf der einen Seite stehen der Kreisvorsitzende David Erkalp und Heiko Hecht - zu deren Gefolgsleuten gehört auch Bernd Ohde. Auf der anderen Seite die Bürgerschaftsabgeordneten Christoph de Vries und Jörg Hamann.
Am 14. Mai steht die Neuwahl des Kreisvorsitzenden an. David Erkalp wird wohl nur wieder antreten, wenn er die Mehrheit der Delegierten im Kreisausschuss hinter sich weiß. Diese werden je nach Mitgliederzahl von den Ortsverbänden entsandt. Am 1. März war Stichtag für neue Mitglieder.
Ein Name, der immer wieder kursiert, ist Christoph de Vries, der bereits bis 2010 Kreisvorsitzender war. Für eine Stellungnahme war de Vries nicht erreichbar. Marcus Weinberg appelliert an seine Parteifreunde: "Die CDU wäre gerade in Mitte gut beraten, sich um den politischen Mitbewerber zu kümmern, statt interne Streitereien auszufechten." Der gesamte Landesverband werde durch den Streit in Mitte in Mitleidenschaft gezogen. Marcus Weinberg erwartet von den verfeindeten Lagern: "Interne Ruhe und gute politische Arbeit."