Am kommenden Donnerstag läuten entlang der Elbe die Kirchenglocken zum Gedenken an die verheerende Sturmflut vor 50 Jahren. In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 durchbrachen die Wasser Dämme und Deiche und überfluteten ein Sechstel unserer Stadt. Die Fluten rissen viele Bewohner vor allem in Wilhelmsburg und Moorburg ganz unvorbereitet aus dem Schlaf. Wer konnte, der rettete sich auf Dächer oder Bäume und wartete dort verzweifelt auf Hilfe. 315 Menschen starben, Tausende wurden obdachlos. An ihr Schicksal erinnern in diesen Tagen Ausstellungen und Gottesdienste. Diese Flut hat sich tief in das Gedächtnis der Hamburger eingegraben. Wie die Tsunamis dieser Tage bringen solche Naturkatastrophen Leid und hinterlassen traumatische Erinnerungen. Sie verunsichern uns tief, denn trotz aller Sicherheitsmaßnahmen sind wir ihnen letzten Endes ohnmächtig ausgeliefert.

Der biblische Mythos von der Sintflut ist einer der ältesten Versuche, eine solche Katastrophe zu verstehen. Unsere Urahnen konnten sie sich nur als Strafe Gottes erklären. Sie galt als Gottes zornerfüllte Reaktion auf menschliche Bosheit und Gewalt. Als aber die Wasser zurückgingen und Noah aus den Fenstern seiner Arche wieder Land erblickte, begann etwas Neues: Gott versprach, die Erde fortan nicht mehr zu verfluchen. Er schloss einen Bund mit Noah und besiegelte dies mit einem wunderschönen Regenbogen. Bis heute ist der Regenbogen ein Symbol des Friedens im Himmel und auf Erden.

Überschwemmungen und Sturmfluten gibt es noch immer - aber wir deuten sie heute als Folge von Naturgesetzen und Umweltprozessen auf unserem Erdball. Im Blick auf die Erfahrungen von Leid und Ohnmacht erweisen sich diese Erklärungen jedoch als unzureichend. Da hilft das Vertrauen zu dem Gott, der seinen Regenbogen seit jenen Zeiten noch immer über uns aufspannt und verspricht: Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen (Jesaja 54,10).

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