Belegte Brötchen, ein Glas Bier, Hotels - im Vergleich liegen die Preise in der Hansestadt über dem Schnitt, Spitzenreiter ist aber München.
Hamburg. Was kosten Bier, Brot, Benzin, Kitaplatz und andere Dinge des täglichen Lebens in den Metropolen und großen Städten Deutschlands? Das Abendblatt hat zusammen mit acht Redaktionen einen Test gemacht, der im Gegensatz zu vielen Statistiken nicht aus Kolonnen von Zahlen und Indices besteht, sondern aus konkreten Ergebnissen.
Eine Woche lang haben die neun Zeitungen 22 "echte" Preise zusammengetragen. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, zeigt aber tatsächliche Preise. Für alle Produkte, Waren und Dienstleitungen gab es immer die gleiche Vorgaben, zum Beispiel: Was kostet ein Liter Diesel am Montagmorgen um zehn Uhr bei einer bestimmten Tankstellenkette?
Herausgekommen ist eine Momentaufnahme, die eine ganz bestimmte Situation widerspiegelt. Man greift ins Portemonnaie, um etwas zu bezahlen, und stellt fest: Ein simpler Wechsel von vier Autoreifen kostet in München fast viermal soviel wie in Mainz. Nämlich 54 Euro. Statt 16 Euro.
Und man wird als Münchener natürlich grantig, weil ein Reifenwechsel in der bayrischen Metropole eben auch nur ein Reifenwechsel mit dem Ab- und Anschrauben von vier Reifen ist - und nicht eine folkloristische Darbietung beinhaltet, die sicher sehr erhebend wäre, jedoch auch nicht das astronomische Hochschrauben von Preisen berechtigen würde.
Wobei Hamburg mit einem Preis von 29,95 Euro für den simplen Reifenwechsel an vierter Stelle liegt. Platz zwei und drei haben mit je 30 Euro Krefeld und Suttgart. Hinter Hamburg folgen: Freiburg (25 Euro), Berlin (23,80 Euro), Mainz (16 Euro) und Darmstadt und Koblenz (je 15 Euro).
Hier sehen Sie die große Preisvergleich-Karte: Fahren Sie links mit der Maus über die aufgelisteten Artikel, erscheinen rechts in der Karte die Preise in den Städten
Richtig sauer wurden die Fans in einer anderen Liga. Die Fans des Fußballbundesligisten Borussia Dortmund protestierten jüngst gegen die hohen Preise in der Hamburger Imtech-Arena unter dem Motto "Kein Zwanni für nen Steher". 500 wütende Fans reisten zum Stadion, ohne es zu betreten. Denn inklusive Vorverkaufsgebühr hätten die wenigen Stehplätze im Borussen-Block mehr als 21 Euro gekostet.
In Dortmund bezahlt man nur 14,80 Euro für einen Stehplatz. Daher haben die neun Zeitungen gefragt: Was kostet der günstigste Sitzplatz bei einem Spiel der Fußballbundesliga? Das sind in der Hamburger Imtech-Arena 15 Euro - in München und Freiburg aber 30 oder 32 Euro.
Das HSV-Stadion ist jedoch ein teures Pflaster. Grundsätzlich teilt der HSV die Eintrittspreise für seine Heimspiele je nach Attraktivität in vier verschiedenen Kategorien ein. So kostet beispielsweise die teuerste Karte für ein sogenanntes A-Spiel (zum Beispiel gegen Borussia Dortmund) 84 Euro, das teuerste Ticket für ein D-Spiel (zum Beispiel gegen den FC Augsburg) kostet 48 Euro.
Eine Ausnahme ist das Heimspiel an diesem Wochenende gegen den FC Bayern München, bei dem HSV-Fans einen zusätzlichen Top-Zuschlag entlohnen müssen. Das teuerste Ticket kostet dann sogar 94 Euro. Damit darf die Partie gegen den Rekordmeister als zweitteuerstes HSV-Heimspiel der Geschichte betitelt werden, nachdem lediglich ein Heimspiel gegen Bremen im Jahr 2008 mit bis zu 97 Euro noch teurer war.
Das Süd-Nord-Gefälle mit München als Spitzenreiter der Verbraucher-Preise lässt sich in vielen Bereichen finden. Die weiß-blaue Metropole logiert auch bei den Wohnungs-, U-Bahn- und Parkhauspreisen ganz vorne. Gerade beim Bier ist der Unterschied gravierend: 3,20 Euro kostet ein 0,3-Liter-Glas Bier in einer Eckkneipe einer durchschnittlichen Münchner Wohngegend, während Hamburg, Berlin und Stuttgart bei zwei Euro liegen. Die Preise in Ostdeutschland liegen zwischen 1,40 und 1,60 Euro erklärt Michael Scherer, Geschäftsführer der Sozietät Norddeutscher Brauereiverbände, dem Hamburger Abendblatt.
Das frisch gezapfte Bier wird ja gern auch als Maßstab lokal verorteter Lebensfreude gewertet, und auf diesem Gebiet ist den Münchner Hochpreisquartieren sicher die Krone zu gönnen. Doch: Wie entsteht überhaupt ein Bierpreis? Michael Scherer versichert, dass der Abgabepreis der einzelnen Brauereien an die Wirte überall in Deutschland gleich sei.
Doch: "Die örtliche Lage der Gaststätte hat auf den Glaspreis einen deutlichen Einfluss", sagt er. Dabei spielten auch unterschiedliche Lebenshaltungs- und Betriebskosten wie Mieten oder Pacht eine Rolle, ebenso wie die Ausstattung des Lokales. Dehoga-Hamburg-Hauptgeschäftsführer Gregor Maihöfer ergänzt, dass Hamburger Gastwirte, besonders in den traditionellen Lokalen, auch gern ihre Preise "nach einem Bauchgefühl" kalkulieren würden.
"Der Wirt orientiert sich auch an den Preisen der Nachbar-Gaststätten", sagt er. Eine Peilung, die den Hamburger Wirten wohl nicht immer gelingt, denn noch immer würde es pro Jahr gut 1000 "Wechsel" in Gaststätten geben, sagt Maihöfer. Das heißt: Ein Wirt gibt auf, und ein neuer macht weiter.
Ein besonders hoher oder niedriger Preis verschafft dem Wirt nicht sein Lieblingspublikum. Die Brauereien haben herausgefunden, dass "es nicht vom Bierpreis abhängt, ein bestimmtes Publikum anzulocken", wie Michael Scherer sagt. Was den Schluss zulässt, dass München (Bier 3,20 Euro) an sich "ein teures Pflaster" ist. Während die auch sehr schöne Stadt Koblenz (Bier 1,80 Euro) wohl eher auf dem Boden bleibt.
Preisunterschiede nehmen Touristen am stärksten wahr. "Eine Tasse Kaffee kostet am Dortmunder Hauptbahnhof einen Euro weniger als am Hamburger Hauptbahnhof", sagt Michael Scherer.
Richtig heftig sind die Unterschiede bei Hotels: bis zu 300 Prozent. Die neun Zeitungen untersuchten, was ein Doppelzimmer in einem Drei-Sterne-Hotel der City Zone der jeweiligen Stadt kostet. Circa 80 bis 200 Euro verlangen Hotels in Hamburg - je nach Lage. Doch hier ist nicht die Örtlichkeit gemeint, sondern die Messe- und Tourismuslage. Zum Hafengeburtstag etwa oder beim Marathon wird es besonders teuer. Außerhalb solcher Ereignisse liegen die Doppelzimmerpreise in allen Städten knapp unter 100 Euro.
Einen ungewöhnlichen Gleichklang der Preise findet sich in anderen Bereichen: Am Montagmorgen, wenn die Benzinpreise in einem eigentlich unerklärlichen Rhythmus plötzlich sinken, kostete der Liter Diesel in den neun Städten zwischen 1,42 und 1,48 Euro. Nur Mainz ist mit 1,37 Euro der Ausreißer nach unten.
Andere Produkte liegen im Deutschland-Vergleich auch auf einer Höhe. So kostet ein Liter No-Name-Milch fast in allen neuen Städten 0,57 Cent. Während ein Markenprodukt meistens das Doppelte kostet. Auch der einfache Espresso bei ein und derselben Kaffeehauskette kostet mit 1,90 Euro in allen getesteten Städten das Gleiche. Ähnlich ist es bei einem Pfund Mehrkornbrot: 1,26 Euro (Berlin), 1,45 Euro (Hamburg) und 1,55 (Darmstadt). Und bei Taxifahrten: Für fünf Kilometer fallen in den neun Städten zwischen zehn und 13 Euro an.
Der Preis für eine Kugel Eis variiert zischen 80 Cent (Koblenz) und 1,20 Euro (Stuttgart).
Spannend wird es bei halben, belegten Wurst-Brötchen. In den kleineren Städten werden zwischen 1,20 Euro und 1,35 Euro verlangt. In den größeren Städten langen die Bäcker dann richtig hin: Preise von 1,95 Euro (Darmstadt) und 2,25 Euro (Stuttgart) sind die Spitzenreiter.