Die Staatsanwaltschaft fordert ein höheres Strafmaß, sein Anwalt plädiert auf Freispruch. Es bleibt die Frage: Kunst oder Schmiererei?

Hamburg. Es ist ein fast schon gewohntes Bild: Mit Sonnenbrille und schwarzem Kapuzenpulli sitzt Hamburgs bekanntester Sprayer "OZ“ seit Donnerstag wieder auf der Anklagebank. Dieses Mal muss er sich in einem Berufungsprozess vor dem Hamburger Landgericht verantworten. Laut Staatsanwaltschaft soll der notorische Sprüher zwischen 2008 und 2010 in elf Fällen Schriftzüge und Symbole an Hauswände, Ampelmasten oder Stromkästen gesprüht haben.

Das Amtsgericht Barmbek verurteilte ihn dafür im Juli vergangenen Jahres bereits zu 14 Monaten Haft. Eine Bewährungsstrafe sah die Richterin für den notorischen Sprüher nicht mehr als gerechtfertigt an – sogar während des laufenden Verfahrens war "OZ“ wieder erwischt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung gingen gegen den Richterspruch in Berufung.

Zum Auftakt der erneuten Verhandlung schwieg der Angeklagte zu den Tatvorwürfen – wie schon beim ersten Prozess. Insgesamt rund acht Jahre hat er für seine Sprüherei bereits hinter Gittern verbracht. In den 70er Jahren, nachdem er länger durch Europa und Südostasien gereist war, begann die Sprüh-Leidenschaft des ehemaligen Heimkindes und Gärtner-Lehrlings. 1984 wurde er zum ersten Mal von einem Mannheimer Gericht verurteilt. Seine letzte Haftstrafe musste er in Hamburg von 2003 bis 2006 verbüßen – hier lassen sich mittlerweile mehr als 120.000 seiner typischen Symbole im Stadtbild finden.

Graffiti-Sprüher "Oz" muss für 14 Monate ins Gefängnis

Längst sei "OZ“ deswegen zu einem ein Wahrzeichen der Hansestadt geworden und auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, sagte sein Verteidiger am Donnerstag. Die Sprüh-Bilder seien dem "künstlerischen Ausdruck“ des 62-Jährigen geschuldet, der damit triste Betonpoller und Straßenschilder "bunter und fröhlicher“ machen wolle.

Durch die Anklage werde nun unter anderem ein buntes Graffiti auf einem vorher tristen Bunker kriminalisiert. "Es geht auch um die Autonomie der Kunst im öffentlichen Raum", sagte der Anwalt. Er berief sich auf die Kunstfreiheit und forderte einen Freispruch für seinen Mandanten. Der lasse sich durch eine erneute Haftstrafe ohnehin weder resozialisieren noch abschrecken. Die Staatsanwaltschaft fordert eine deutlich höhere Haftstrafe.

Für den Berufungsprozess sind zunächst insgesamt fünf Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil wird im Februar erwartet.