Einer der berühmtesten Künstler des Landes will nur noch weg - aus Hamburg. Der Maler Daniel Richter verlässt mit seiner Frau, der Theatermacherin Angela Richter, die Stadt.
Weil er die Kulturpolitik für "ein Desaster" hält, weil er Lähmung und Übersättigung wahrnimmt, wo eigentlich Aufbruchsgeist herrschen müsste, weil er in Berlin, der angestrebten neuen Heimat, die "viel interessantere, komplexere und modernere" Museumsarbeit sieht. Nicht weil er Berlin grundsätzlich für die tollere Stadt hielte ("Ich kann Berlin ja nicht ausstehen") - was alles nur noch demütigender macht.
Das ist, nach Tocotronic, Jonathan Meese, Tomte, David Kross und anderen, die die Hansestadt bereits an die Hauptstadt verloren hat, kein symbolischer Abgang mehr. Das ist konkreter Schwund. Ein weiteres Zeichen, dass die in Lippenbekenntnissen penetrant umworbene Kunst- und Kreativszene Fakten von Wünschen durchaus unterscheiden kann.
Geld hat Berlin auch nicht. Das Problem liegt tiefer: Nicht nur die deutsche Nationalmannschaft hat zum Wochenende Trainerfragen zu diskutieren. Auch die Hamburger Kulturpolitik hat ein immer offensichtlicheres Managementproblem. Eh zu spät alles also? Hoffentlich nicht. Die Stadt ist jetzt erst recht zum Handeln aufgefordert - wenn sie wirklich eine Metropole sein will, eine Stadt mit Profil.
Was ist nicht alles vollmundig angestrebt worden: Sportstadt. Kulturmetropole. Green Capital. Aber nach den Sparbeschlüssen ist klar: Eine Sportstadt wird Hamburg nicht mehr. Weshalb jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, sich zu entscheiden. Nicht für hasenfüßiges Abhobeln an allen Ecken, damit der Wundschmerz gerecht verteilt wird. Das macht eine Stadt porös, Halbherzigkeit greift das Fundament an. Gefordert ist das klare Bekenntnis.
Hamburg, wenn es denn nicht gänzlich zur hübschen Provinzstadt mit Alsterfontäne verkommen will, muss jetzt Kulturstadt sein wollen. Muss - das Schauspielhaus ist nur ein Beispiel - mutigere Personalentscheidungen wagen (eine Kompetenzfrage, keine des Geldes), darf die Museen nicht nur vermeintlich "auskömmlich" aufstellen, muss Dialog tatsächlich als solchen begreifen, darf Künstler nicht als sexy Gentrifizierungsmasse missbrauchen, die ein Problem bekommt, wenn die Mieten steigen. Die Elbphilharmonie ist die Lokomotive, die mitziehen sollte, nicht bremsen, die Millionen kostet und zugleich nicht als Ausrede herhalten darf für Geiz und Mittelmaß in den anderen Bereichen.
Sonst ist Hamburg irgendwann keine Sportstadt und keine Kulturstadt - sondern nur noch grün. Wie Freiburg.