Arved Fuchs hat mit fünf Wissenschaftlern ein Buch geschrieben. Statt in Depressionen zu verfallen, müsse die Menschheit handeln.
Hamburg. Seit Ostern ist der Polarpionier Arved Fuchs wieder zu Hause in Bad Bramstedt. Zehn Tage weilte er an Bord seines vor Grönland ankernden Expeditionsschiffes "Dagmar Aaen", und seine Beobachtungen vor Ort stimmen nachdenklich: "Der strenge Winter in Deutschland täuscht - in Richtung Nordpol gab es extrem milde Monate." Sichtbarstes Indiz der Erderwärmung sei der Eisrückgang in der Arktis, der die Seewege durch das Nordpolarmeer seit kurzer Zeit befahrbar mache. Wo noch vor wenigen Jahren in dieser Jahreszeit massives Eis die Passage behinderte, sei seit November offenes Wasser zu sehen. "Selbst im Dezember und Januar gab es kein Meer-Eis", berichtet er. Die Fischer hätten übereinstimmend gemeint: "Da stimmt etwas nicht!"
Was nicht mehr stimmt, ist das Klima. "Man muss die Natur lesen können", ergänzte Fuchs. Die rasante Veränderung der Natur hätte ihm die Unbefangenheit an seinen Reisen geraubt. So sei die von seiner Crew im vergangenen Jahrzehnt noch mit erheblichen Problemen absolvierte Nordwest-Passage derzeit sogar von Yachten geschafft worden, "die sonst nur für die Ostsee tauglich sind". Er sei wahrlich kein Anhänger von Katastrophenszenarien, doch sei die Lage mehr als ernst: "Depressionen allerdings bringen nichts - die Menschheit sollte die Ärmel hochkrempeln und ihr Verhalten korrigieren."
Rund 100 Tage nach der Klimakonferenz von Kopenhagen nahm der Arktis-Experte die aktuellen Informationen zum Anlass, sein neues Buch vorzustellen. Titel: "Blickpunkt Klimawandel". Gemeinsam mit fünf namhaften Klimaforschern beschreibt Arved Fuchs Gefahren, aber auch Chancen dieser globalen Entwicklung. Letztere lägen zum Beispiel im Bereich Umwelttechnologie.
"Die Klimakonferenz in Kopenhagen war ein Flop", bringt Fuchs seine Meinung auf den Punkt. Diese Auffassung wird von den Koautoren geteilt. "Ich bin sehr enttäuscht von der EU-Kommission und speziell deren Präsident José Barroso", sagte Professorin Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. Viel mehr hätte umgesetzt werden müssen. "Es gibt durchaus Chancen, die Klimakrise wirtschaftlich zu nutzen", meinte sie. Klimaschutz sei der Wirtschaftsmotor der Zukunft.
"Der Mensch kann das Klima ändern!", stellte ihr Kollege Dirk Notz klar. Der promovierte Wissenschaftler leitet die Forschungsgruppe "Meer-Eis im Erdsystem" am Max-Planck-Institut in Hamburg. Gemeinsam mit zwei Kollegen installierte Notz im vergangenen November Instrumente auf Fuchs' Kutter "Dagmar Aaen", um das einjährige Meer-Eis vor Grönland zu vermessen. Zwischen dem 7. und 14. Mai wird das Trio wieder gen Norden reisen, um die Apparate abzubauen. Aus den Ergebnissen sollen Rückschlüsse über den Eisrückgang gezogen werden.
"Um wider den Klimawandel zu streiten, braucht man nicht Meinungen, sondern Argumente", fasst Herausgeber Arved Fuchs die Intention seines Buchprojekts zusammen.
"Blickpunkt Klimawandel" Delius-Klasing-Verlag (18 Euro)