Der neue Finanzsenator muss sich mit der mit sechs Milliarden Euro höchsten Neuverschuldung seit dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzen.
Hamburg. Die berühmten 100 Tage Schonfrist werden Carsten Frigge kaum vergönnt sein. Im Ressort von Hamburgs neuem Finanzsenator brennt es lichterloh. Die Hansestadt muss wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise mit sechs Milliarden Euro die höchste Neuverschuldung seit dem Zweiten Weltkrieg verkraften. Außerdem hat der Nachfolger von Michael Freytag – wie es aussieht – demnächst gleich zwei Parlamentarische Untersuchungsausschüsse zu bewältigen. Beim Debakel um die HSH Nordbank mühen sich die Abgeordneten ja schon seit Monaten um Aufklärung. Nun will die SPD auch noch die horrenden Kostensteigerungen bei der Elbphilharmonie von knapp 77 auf mehr als 320 Millionen Euro in einem Untersuchungsausschuss durchleuchten.
Bislang hat sich der gebürtige Hamburger Frigge stets zurückgehalten. In seinem bisherigen Amt als Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde fiel der 46 Jahre alte CDU-Politiker öffentlich kaum auf. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hatte den erfahrenen Unternehmensberater im September 2008 von Düsseldorf zurück nach Hamburg geholt, um den wegen „angeblicher Illoyalität“ gefeuerten Gunther Bonz zu ersetzen. „Ich bin in der Theorie immer ein großer Verfechter von mehr Durchlässigkeit zwischen Wirtschaft und Politik gewesen“, sagte Frigge damals über Beusts Angebot. „Da muss man schon gute Gründe haben, um Nein zu sagen, wenn sich in der Praxis die Chance dazu bietet.“
Nun hat er wieder nicht Nein gesagt, als Beust – die beiden kennen sich seit den 80er aus der Jungen Union – ihm nach dem überraschenden Rückzug Freytags das Amt des Finanzsenators anbot. Frigge war bis Anfang der 90er Jahre in der Hamburger CDU aktiv; nach Abitur und Studium in der Hansestadt führten ihn verschiedene berufliche Aufgaben nach München, Bremen und zuletzt nach Düsseldorf. Die meiste Zeit, rund zehn Jahre, war er geschäftsführender Gesellschafter einer selbst gegründeten Unternehmensberatung. Die Kontakte nach Hamburg ließ Frigge nie abreißen; auch für den Hamburger Senat schrieb der Diplom-Kaufmann Papiere, im Bürgerschaftswahlkampf 2001 gehörte er als wirtschaftspolitischer Berater zu Beusts Team.
Ins Visier der Opposition geriet bereits zweimal. Einmal vermutete die SPD „Filz“, weil Frigge für die damalige Sportsenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) ein Konzept zur „Sportstadt Hamburg“ vorbereitet hat und dafür angeblich und ohne Ausschreibung 50000 Euro erhalten sollte. Er wies die Vorwürfe zurück. „Weder ist jemals Geld verlangt worden, noch ist Geld gezahlt worden“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Zu einem weiteren Fall will sich die Frigge bislang nicht äußern. Dabei geht es um illegale Wahlkampffinanzierung in Rheinland-Pfalz. Die dortige CDU-Fraktion soll 2006 rund 400000 Euro aus Steuermitteln nicht für Fraktionszwecke, sondern für den Wahlkampf ihres Spitzenkandidaten Christoph Böhr ausgegeben haben. Das Geld floss dabei größtenteils an Frigges Unternehmensberatung, die eine Stärken- und-Schwächen-Analyse erstellt hatte.
Privates ist wenig bekannt von Frigge. Der unverheiratete 46-Jährige mag Bücher, die er sich meist über das Internet kauft. Laut einem „Handelsblatt“-Bericht joggt Frigge nicht und spielt auch weder Tennis noch Golf. Befreundet ist er mit dem Künstler Markus Lüpertz ebenso wie mit dem früheren Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper. Vor allem letztere Bekanntschaft wird in seinem neuen Job als Finanzsenator sicherlich nicht schaden. Schließlich ist Kopper inzwischen Aufsichtsratschef der angeschlagenen HSH Nordbank. ÄBürgerschaftÜ: Rathausmarkt 1, Hamburg ÄFinanzbehördeÜ: Gänsemarkt 36, Hamburg dpa ks yyno a3 mö