SPD-Landeschef Olaf Scholz macht den gesamten schwarz-grünen Senat für die desaströse finanzielle Lage Hamburgs verantwortlich.

Hamburg. Für Hamburgs SPD-Chef Olaf Scholz ist die Rücktrittsankündigung von Finanzsenator und CDU-Landeschef Michael Freytag Ausdruck von Zerfallserscheinungen im schwarz-grünen Senat. „Das HSH-Nordbank-Desaster ist angerichtet vom Bürgermeister und dem gesamten Senat", sagte Scholz am Dienstag dem NDR. "Das gilt auch für die ganzen aus dem Ruder laufenden Kosten etwa am Beispiel der Elbphilharmonie.“

Die Neuverschuldung in Hamburg hat ein Rekordhoch erreicht. Bis zum Jahr 2014 öffnet sich eine Haushaltsloch von sechs Milliarden Euro, das die Stadt über Kredite zu füllen versucht. Allein für die Rettung der HSH-Nordbank musste sich Hamburg 1,5 Milliarden Euro leihen, weitere 100 Millionen Euro, um bei der ebenfalls angeschlagenen Großreederei Hapag-Lloyd einzusteigen. Unter Beschuss steht der Senat zudem wegen des Baus der Elbphilharmonie, deren Kosten sich auf 323 Millionen Euro verdreifacht haben.

+++ ANALYSE ZUM RÜCKTRITT VON FREYTAG +++

Freytag hatte am Montagabend unter Bezugnahme auf die HSH-Krise für die Öffentlichkeit überraschend seinen Rückzug erklärt. Freytag ist seit 2007 Finanzsenator und Vorsitzender der Landes-CDU. Der Bankkaufmann und promovierte Jurist war seit 1991 Abgeordneter in der Hamburger Bürgerschaft, sein Mandat ruhte seit 2004, als er Umweltsenator wurde.

Sein Amt als Senator will Freytag nach CDU-Angaben am 17. März niederlegen, das Amt als Landesvorsitzender der Partei sowie sein Bürgerschaftsmandat mit sofortiger Wirkung. Nachfolger im Amt des Senators soll Carsten Frigge werden, derzeit Staatsrat in der Behörde für Wirtschaft und Arbeit. Den CDU-Landesvorsitz soll kommissarisch Fraktionschef Frank Schira übernehmen, die Partei bestätigte ihn am Abend nach CDU-Angaben einstimmig. Im Juni stehen Vorstandswahlen an.

Der finanzpolitische Sprecher der oppositionellen SPD-Fraktion in der Bürgerschaft, Peter Tschentscher, hält den den Rücktritt Freytags angesichts der finanzpolitischen Bilanz des Senats für gerechtfertigt". Der SPD-Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) HSH Nordbank, Thomas Völsch, sagte, Freytags "mehr als unglückliche Rolle" im Zusammenhang mit der Krise der Bank habe dem Finanzsenator mittelfristig keine andere Wahl gelassen als den Rücktritt.

Nach den Worten von Tschentscher hat Freytag die Folgen der CDU-Finanzpolitik allerdings nicht allein zu verantworten. Die Fehlentwicklung der öffentlichen Finanzen reiche zurück bis in die Amtszeit des CDU-Finanzsenators und späteren HSH-Aufsichtsratschefs Wolfgang Peiner: Vermögensverkäufe, mangelnde Konsolidierung und Haushaltsdefizite trotz sprudelnder Einnahmen hätten die wirtschaftliche Substanz des "Konzerns Hamburg" in der Regierungszeit der CDU schwer angegriffen. Hinzu komme eine expansive Landesbankenpolitik, deren Milliardenrisiken sich mit der Finanzmarktkrise in vollem Umfang zu Lasten des städtischen Vermögens realisiert haben.

Eine positive Ausnahme in der Bilanz von Finanzsenator Freytag sei sein Verhalten in den Wochen der Hapag-Lloyd-Krise im Sommer 2009, sagte Tschentscher weiter. "Die Entscheidungen waren im Grundsatz richtig, Information und Einbindung der Opposition angemessen." Freytags designierter Nachfolger, der bisherige Wirtschafts-Staatsrat Carsten Frigge (CDU) sei hingegen in der finanzpolitischen Diskussion bisher nicht in Erscheinung getreten.