Wenn Ihr Nachwuchs sich beweglich zeigt, bleibt er auch im Erwachsenenalter länger gesund.

Sie kommen sogar aus Rissen hierher nach Alstertal. Weil Petra Brannasch oft ziemlich laut lacht, immer sagt, was sie denkt, und Kinder wieder kullern lässt.

Jeden Dienstagvormittag um 10.15 Uhr hocken sie sich mitten in der großen, hellen Turnhalle neben Petra in den Kreis, packen ihre Lütten auf den Schoß und singen: "Blau, blau, blau sind alle meine Kleider." Und dann das Lied von dem Räuber, der - psssst! - durch den Wald schleicht. Und als er den Tiger und das Nilpferd und den Elefanten trifft, trampelt er laut los und fällt dann jedes Mal, rums!, um.

Und schon rollen 20 Erwachsene - 18 Mütter, ein Vater und eine Oma - mit ihren Kindern unter lautem Hallo auf den Rücken und wieder zurück.

Schräge Bänke, kleine Trampoline, große Matten, bunte Kriechtunnel und an Seilen hängende Kästen, in denen man prima schaukeln kann - der SC Alstertal-Langenhorn bietet an der Lüttkoppel wirklich Großartiges für die Allerkleinsten.

Aber bevor die Winzlinge, zwischen 18 Monaten und drei Jahren alt, viele noch mit Windel, alle auf Socken, die verschiedenen Stationen dieser künstlichen Bewegungslandschaft ausprobieren, werden erst einmal riesige farbige Bälle rausgeholt.

Draufsetzen, hinterherlaufen, am Rücken der Mutter festkrallen, die bäuchlings auf dem Ball rollt. Geschrei, Gezappel, Huckepack - dem Beobachter wird sehr schnell klar, worum es Petra Brannasch beim Eltern-Kind-Turnen in erster Linie geht: "Wir wollen so früh wie möglich den Spaß an der Bewegung wecken."

Die 51 Jahre alte Sport- und Gymnastiklehrerin ist hier der Dreh- und Angelpunkt. "Alles steht und fällt mit dem Trainer", sagt sie. Der, der vorne steht, "muss fit sein". Und er muss die Kinder lieben. "Für viele der Kleinen bin ich ja die erste fremde Person in ihrem Leben."

Und sie hat, ganz wichtig, die Eltern im Blick. Wenn die nämlich zu ängstlich sind und übervorsichtig und deswegen ihre Kinder bei den einzelnen Hindernissen ständig hochheben, tragen oder auffangen wollen, geht Petra dazwischen und schiebt die Großen rigoros zur Seite: "Lass mich mal machen."

Sie macht das jetzt seit 29 Jahren, hat selbst im Alter von vier Jahren im Verein angefangen und ist mittlerweile aus dem Klub, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, nicht mehr wegzudenken. Und weil sie auch in Schulen geht und dort mit den Kindern turnt, kann sie einiges sagen über den Fitness-zustand der Jugend.

Ihre überraschende Beobachtung: "Es wird langsam wieder besser." Sie berichtet von Grundschülern, die vor Jahren "nur einmal durch die Halle gerannt sind und danach schon völlig außer Atem waren" oder von Drittklässlern, die damals "in den Schultern völlig verspannt waren".

Auch Karl Robert Schirmer, Kinderarzt, schätzt, dass sich so langsam rumgesprochen hat, was Entwicklungspsychologen schon länger wissen: Bewegung macht schlau. Wenn Vierjährige zur Vorsorgeuntersuchung U 8 zu ihm in die Praxis nach Hamburg-Horn kommen, können die meisten auf einem Bein stehen, haben viele aber immer noch Schwierigkeiten, auf einem Bein zu hüpfen.

"Sie springen hoch und landen immer auf zwei Beinen", sagt Schirmer.

Die Situation habe sich aber in den letzten Jahren "nicht verschlechtert", und auch der Medienkonsum sei "nicht gestiegen". Ohne Entwarnung zu geben, weil mit der hohen Zahl von übergewichtigen Kindern nach wie vor ein großes, ungelöstes Problem auf die Gesellschaft zukommt, glaubt Schirmer, "dass die Sensibilität etwas höher geworden ist, Sport zu treiben".

Aber nach wie vor schenkten Eltern ihrem Nachwuchs Nintendo und Playstation zum Geburtstag, "aber kaum mal einen Boxsack".

Oder sie kommen einmal zur Ernährungsberatung in die Praxis, "und die Folgetermine werden dann nicht mehr wahrgenommen". Denken, sie können das Problem mit ihren zu dicken Kindern lösen, wenn sie eine Kur beantragen, "anstatt auf Chips, Pommes und Eistee ein für allemal zu verzichten".

Manche sagen ihm, sie könnten sich die Mitgliedschaft für ihre Kinder im Verein nicht mehr leisten. In Alstertal turnen die Kleinen kostenlos. Erwachsene zahlen 18 Euro Aufnahmegebühr und 13,50 Euro monatlich. Dafür können sie mit ihren Zwergen zweimal die Woche toben und obendrein selbst Angebote wie Power-Fitness, Tanzen oder Rückengymnastik nutzen. Und damit ihren Kindern helfen. Zumindest, wenn es nach der Expertin geht. Denn die drei wichtigsten Tipps von Petra Brannasch für den Alltag lauten: 1. Die Kinder nicht ständig tragen, mehr auf sie hören, sie beobachten, laufen lassen. 2. Es gibt kein Falsch und kein Richtig, es gibt nur Bewegung. 3. und am wichtigsten: Eltern müssen Vorbild sein - und sich selbst bewegen!