Es ist ein typischer Sonnabend an der Spitalerstraße: voll, hektisch, laut. Plötzlich hallt ein Ruf durch die Fußgängerzone: “Hey, Mareike, bleib doch mal stehen.“ Und was jetzt passiert, ist für die meisten Passanten kaum zu glauben.
Binnen Sekunden ist die Straße wie festgefroren. 200 junge Menschen verharren beim Trinken, Zeitunglesen oder Schuhebinden. In der sonst so belebten Einkaufsstraße wird es plötzlich unheimlich still. Die übrigen Passanten schauen irritiert und flüstern: "Was ist hier los? Habe ich etwas verpasst?" Nach fünf Minuten hört man den nächsten Ruf: "Ach, du bist ja gar nicht Mareike." Die Salzsäulen erwachen wieder zum Leben. Ein Jugendlicher ruft einem verdutzten Rentnerpaar noch zu: "Das war ein Flashmob!" Die Hamburger Innenstadt war am Sonnabend Schauplatz von mehreren sogenannten Flashmobs - scheinbar spontanen Blitzaufläufen von Menschen, die kuriose Dinge tun. Geplant hat sie Christian Thielke über ein Forum im Internet. Der 18 Jahre alte Schüler aus Reinbek hatte bereits im Mai eine Polonaise durch die Europa-Passage organisiert. "Nach dem Erfolg war es Zeit für einen neuen Flashmob", sagt Thielke.
Nach der Aktion an der Spitalerstraße zogen die Flashmobber vor die HSH-Nordbank-Passage. Dort fingen sie an zu telefonieren - nicht mit Handys, sondern mit Gurken, Schuhen oder Taschenlampen. Wenig später versammelten sich die Jugendlichen in der Europa-Passage und verwandelten das Erdgeschoss mit sandfarbenem Boden in einen Strand. Sie hatten an alles gedacht: Handtücher, Sonnencreme und Wasserbälle. Nach wenigen Minuten packten die Teilnehmer ihre Sachen wieder ein.
Die Frage nach dem Sinn? Für Christian Thielke ist sie schnell beantwortet: "Es gibt keinen", sagt er. "Wir wollen den Leuten einfach etwas anderes bieten als den tristen Alltag." Die Aktionen sind völlig unpolitisch. Thielke ist sogar wichtig, nirgendwo anzuecken, die Polizei hat er vorher eingeweiht. Mit Aktionen wie dem Sylter Massenauflauf will er nichts zu tun haben. "Das war kein echter Flashmob", sagt er. "Unsere Aktionen sind friedlich, ohne Bier und ohne Müll." Für die Hamburger City seien bereits weitere Flashmobs geplant. "Was genau, wird aber vorher nicht verraten."