Verlag Gruner+Jahr verlieh den wichtigsten Preis der Printpresse im Hamburger Schauspielhaus. Das Abendblatt war bereits zum zweiten Mal für den Henri-Nannen-Preis nominiert.

Darf man angesichts der (auch Medien-)Krise eine Gala feiern? Ein rauschendes Fest inklusive rotem Teppich und Sektempfang, teuren Kleidern und aufgeregten Klatschreporterinnen auf Starsuche und der Crème de la Crème des Printjournalismus? Man darf unbedingt. Man muss vielleicht sogar. Denn gerade in Zeiten wie diesen braucht es gründliche, fähige, mutige Journalisten - Journalisten wie die für den Henri-Nannen-Preis Nominierten.

"Es sind die besten Journalisten, die Qualitätsjournalismus produzieren und einen wesentlichen Beitrag leisten zu Meinungsvielfalt und Pluralität. Sie stützen die Demokratie! Und dafür gebührt ihnen unsere höchste Anerkennung. Dafür müssen wir, dafür wollen wir sie feiern", sagte der Gruner+Jahr-Vorstandsvorsitzende Bernd Buchholz in seiner Begrüßungsansprache.

Bereits zum zweiten Mal war das Abendblatt für den Henri-Nannen-Preis nominiert; in diesem Jahr wurde Ulrich Gaßdorf diese Ehre zuteil für seine mehr als hundert Einzelveröffentlichungen rund um die Machenschaften von Wolfgang Poggendorf, dem damaligen Geschäftsführer des Hamburger Tierschutzvereins - eine Geschichte von Aufstieg und Fall, Macht und Intrigen.

Unbedingt preiswürdig - doch der Henri für die beste investigative Leistung ging an Melanie Bergermann für ihren in der "Wirtschaftswoche" erschienenen Artikel "Ich habe sie betrogen" - ein Enthüllungstext über unverantwortliche Bankenpraktiken. Den Henri überreichte der italienische Journalist und Schriftsteller Roberto Saviano.

Die Nominierung für den renommierten Preis empfinde er als "Lorbeeren ernten für eine anderthalb Jahre währende Arbeit", sagte Abendblatt-Reporter Gaßdorf; erfahren davon hat er auf dem Fahrrad, unterwegs in die Redaktion.

Den Preis für die beste Fotoreportage gewann Yang Yankang für seine Bilderserie über tibetischen Buddhismus im "Geo"-Magazin. Für ihre Dokumentation "Der Bankraub" wurde das achtköpfige "Spiegel"-Team ausgezeichnet, das Beginn und Verlauf der Finanzkrise dokumentiert hatte.

In der "Königskategorie" beste Reportage siegte die Journalistin Katja Thimm für ihren im "Spiegel" erschienenen Text "Rolf, ich und Alzheimer"; der Humorpreis ging an Oliver Maria Schmitt für sein Undercover-Experiment auf der Frankfurter Buchmesse ("Ich bin dann mal Ertugrul", in der "FAZ").

Es war ein Abend, durch den Marietta Slomka die rund 1200 Gäste souverän führte; ein Abend, dessen Länge Musikacts wie Thomas D. und Gustav Peter Wöhler und Band vergessen machten. Und ein Abend, in dessen Mittelpunkt klar die standen, die Bernd Buchholz wie folgt beschrieben hatte: "Es sind die besten Journalisten, die die Verunsicherung von Menschen in Zeiten wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit durch sichere, sachlich begründete Urteile zu ersetzen suchen."

Und solange das zutrifft, darf man auch richtig feiern, mit gutem Gewissen.