Auch seit seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik äußert sich Helmut Schmidt ausgiebig zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Zur...

Auch seit seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik äußert sich Helmut Schmidt ausgiebig zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Zur Bedeutung der Kirchen und zur Kernkraft hat er gesprochen und geschrieben, gegen ein Bundeskultusministerium gewettert, Managergehälter und die Wehrmachtsausstellung kommentiert.

Auch die Entwicklung seiner "Vaterstadt" Hamburg hat den preußischen Hanseaten (Schmidt über Schmidt) oft beschäftigt. Die Stadt hat ihn nie losgelassen. "Ich bin Hamburger und brauche mich meiner Vaterstadt nicht zu schämen", hat er mal gesagt, bei anderer Gelegenheit befand er: "Ich bin durch Hamburgs Genius Loci während der ersten 35 Jahre meines Lebens entscheidend erzogen worden."

Schmidt ist als Redner in der Stadt gefragt, kann immer noch jeder Veranstaltung Glanz verleihen. Bei Trauerfeiern und Staatsakten hat er das Wort ergriffen - auch anlässlich des 100. Geburtstags von Verleger Gerd Bucerius, oder wenn es um die von ihm selbst initiierte Nationalstiftung ging. Beim China Summit war er in der Handelskammer kürzlich mit dabei, und bei der Vorstellung des neuen Buchs von Ehefrau Loki. Der aktuelle wirtschaftspolitische Kurs der Stadt findet dem Vernehmen nach sein Wohlwollen. Aus Wahlkämpfen hält er sich weitgehend raus, macht sich aber immer mal für die SPD-Kandidaten stark.

Für Überraschung sorgte Schmidt, als er Anfang 2004 Hamburgs Status in Frage stellte und unter anderem von einem "kleinen, in Wahrheit bloß so genannten Stadtstaat" sprach. Dabei kritisierte er auch das Selbstverständnis von Regierungsfraktion und Opposition in der Bürgerschaft. "Nur mit starker Übertreibung könne man die Bürgerschaft eine Legislative nennen", sagt Schmidt, und nur selten würden neue hamburgische Gesetze benötigt. Der Senat regiere auch nicht einen Staat, sondern leite eine "hoch komplizierte und allzu weit aufgefächerte Stadtverwaltung". Hamburgs Politiker reagierten seinerzeit - wen sollte es überraschen - zurückhaltend auf Schmidts Thesen.

Ein anderes Hamburg-Thema, bei dem Helmut Schmidt sich immer wieder ausführlicher zu Wort meldet, ist die Stadtarchitektur. Bekanntlich wollte er ursprünglich Architektur studieren um "Städtebauer" zu werden, wie er immer sagt.

Scharf kritisierte der Altkanzler die Architektur der HafenCity. In der "Zeit" sprach er von "moderner Allerwelts-Architektur, die man genausogut in irgendeinem anderen Hafen der Welt hinstellen kann". Es würde der Tradition gerecht, wenn sich die HafenCity im Stil an die ehrwürdigen Speicher anlehnte, "anstatt abermals durch langweilige Glasverkleidung Modernität vorzutäuschen".

Heftig auch seine Kritik an dem ursprünglich geplanten Neubau auf dem Domplatz - direkt neben Schmidts "Zeit"-Büro. Als "krampfhaft-schiefen glasverkleideten Stahlskelettbau" bezeichnete er das, was die Architekten als "kristallenen Solitär" gepriesen hatten. Der Bau sei ein "modern erscheinen sollendes Bürogebäude", wie es so oder ähnlich in jeder anderen Stadt stehen könnte.

Apropos Architektur: Klar sprach sich Musikfreund Schmidt für den Bau der Elbphilharmonie aus. Er begrüße sie als "Impulsgeber für das Musikleben Hamburgs und als neues Hamburger Wahrzeichen.