Gewerkschaften begrüßen das harte Vorgehen. Immer wieder zahlen Firmen Migranten zu wenig Geld.
Drohende Abschiebung wegen 200 Euro zu wenig Gehalt - die Situation der 26-jährigen Irina Kowlowa ( wir berichteten ) ist kein Einzelfall. Jeden Monat prüft die Arbeitsagentur Hamburg rund 80 neue Arbeitsverträge von jungen ausländischen Akademikern. In einem Drittel der Fälle entsprechen sie nicht den arbeitsrechtlichen Bestimmungen, etwa in den Punkten tarifliche Bezahlung, Urlaubsanspruch oder Arbeitszeiten, wie die Arbeitsagentur dem Abendblatt auf Nachfrage mitteilte. Die Einhaltung dieser Bestimmungen ist aber Vorraussetzung für ein Bleiberecht. Meist genüge allerdings ein Anruf beim Arbeitgeber, um das Problem zu lösen. "Die Firmen bessern die Aufträge in der Regel nach, sobald wir Kontakt mit ihnen aufgenommen haben", sagt Arbeitsagentur-Sprecher Knut Böhrnsen. Schließlich handele es sich um qualifizierte Fachkräfte mit hohem Marktwert. "Oft sind die Arbeitgeber nicht ausreichend darüber informiert, welche Bedingungen an einen Aufenthalt in Deutschland geknüpft sind."
Wie berichtet, drohte Irina Kowlowa (Name geändert) die Ausweisung nach Russland, weil die studierte Betriebswirtin bei einer Hamburger Mineralölfirma 2500 Euro anstelle der tariflichen 2700 Euro verdiente. Auch in diesem Fall hat der Arbeitgeber inzwischen zugesichert, das Gehalt entsprechend zu erhöhen. Ihre Aufenthaltsgenehmigung wurde inzwischen verlängert. Ob es in vergleichbaren Fällen bereits zu einer Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis kam, ist unklar. Eine entsprechende Statistik werde nicht geführt, heißt es in der Ausländerbehörde.
Prinzipiell soll die Rechtspraxis vor Lohndumping schützen. Die strikte Bindung an Tarife verhindere laut Arbeitsagentur, dass ausländische Fachkräfte Hamburger aus ihren Jobs verdrängen, wenn sie bereit sind, für deutlich weniger Gehalt die gleiche Leistung zu bringen.
Erhard Pumm, Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes Nord, verteidigt diese Regelung. "Der Staat muss den Arbeitsmarkt schützen, gerade weil die Umstände viele Menschen ansonsten dazu zwingen, für niedrige Löhne zu arbeiten." Und was, wenn diese Regelung einen Menschen wie im Fall von Irina Kowlowa dazu zwingen könnte, Deutschland zu verlassen? "Diese Situationen entstehen, weil Arbeitgeber versuchen, unter Tariflohn zu zahlen", so Pumm weiter. Der Ausgang des Falles sei somit als "Erfolg" zu werten.
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