Große Erleichterung nach der Entscheidung. Zuvor hatten sich die Grünen in Selbstkritik geübt: Parteichefin Katharina Fegebank räumte ein, sie habe “Lehrgeld zahlen“ müssen.

Mit großer Erleichterung hat die Parteispitze der GAL das Ergebnis der gestrigen Mitgliederversammlung über einen möglichen Ausstieg aus der Koalition aufgenommen. "Es waren schwierige Wochen, die mit einem deutlichen positiven Signal für die Zukunft ausgegangen sind", sagte GAL-Chefin Katharina Fegebank. Allerdings steige nun der Druck auf die Regierungsarbeit der GAL: "Die Öffentlichkeit wird genau beobachten, wie es weitergeht."

Zuvor hatten rund 90 Prozent der Mitglieder einem Verbleib in der Koalition zugestimmt - trotz der Genehmigung, die Umweltsenatorin Anja Hajduk für das Kraftwerk Moorburg erteilt hatte. Davor hatte es eine ebenso sachliche wie kritische Debatte im Bürgerhaus Wilhelmsburg gegeben.

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"Wir haben im Wahlkampf den Eindruck erweckt, dass wir das Kohlekraftwerk Moorburg verhindern können", sagte Hajduk. Sie habe aber aus rechtlichen Erwägungen am Ende doch keine andere Möglichkeit gehabt. "Ich übernehme die Verantwortung. Alles andere wäre billig und falsch." Dennoch müsse die GAL die Koalition fortsetzen. "Wenn wir uns jetzt vom Acker machten, würden ganz andere in die Hände klatschen", so Hajduk. "Wir haben in dieser Koalition noch viele Dinge vor, auch energiepolitisch."

Umweltstaatsrat Christian Maaß sagte: "Ich habe mir ein Urteil zugetraut und muss heute sagen: Es war falsch." Parteichefin Katharina Fegebank räumte ein, sie habe "Lehrgeld zahlen" müssen. Sie wies aber zugleich darauf hin, dass das Kraftwerk auch in einer anderen politischen Konstellation, etwa in einem Linksbündnis, nicht zu verhindern gewesen wäre. Schulsenatorin Christa Goetsch sagte: "Es gibt keine Alternative, wenn wir ehrlich sind."

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Der Applaus für die Vertreter eines Verbleibs in der Koalition fiel kräftig aus - und deutete bereits früh auf eine klare Mehrheit für ein schwarz-grünes "Weiter so" hin.

Allerdings meldeten sich auch die Kritiker zu Wort. Lars Jantzen etwa wies darauf hin, dass der GAL-Landesvorstand vor der Wahl eine Zusammenarbeit mit der CDU faktisch ausgeschlossen hatte. Es sei von Beust, der sich am meisten über den Fortbestand der Koalition freuen würde. "Meine Stimme kriegt ihr nicht mehr", so Jantzen. Am ehrlichsten wäre es, "dem Volk die Entscheidung zurückzugeben" - also Neuwahlen anzustreben.

Der Altonaer Umweltpolitiker Lars Andersen, der einen Antrag zur Beendigung der Koalition gestellt hatte, sagte: "Wer unbequeme Wahrheiten vermitteln will, muss seine Glaubwürdigkeit erhalten." Wenn nicht einmal die GAL es schaffe, Kohlekraftwerke zu verhindern, wie könne sie dann von den einfachen Menschen verlangen, ihren Lebensstil zu ändern - was für eine Rettung des Planeten notwendig sei.

Florian Muarrawi von der Grünen Jugend warf den grünen Senatoren vor, dass das Thema Umweltschutz "nur in Fragmenten" in der Senatspolitik zu finden sei. "Glaubwürdigkeit muss wichtiger sein als Macht", so sein Fazit.

Eher spärlichen Applaus bekam Peer Siegel-Gradenwitz, der mit wenig sachlichen Attacken das Ende der Koalition forderte. Die GAL sei Opfer der CDU, Ole von Beust, "dieser grauenhafte Mensch" habe vieles kaputt gemacht. Die GAL habe keinerlei Gestaltungsspielraum, und Fraktionschef Jens Kerstan wirke arrogant, so Siegel-Gradenwitz. "Ihr seid nicht eurer Partei verpflichtet, sondern eurem Gewissen", rief er den Mitgliedern zu.

Ebenso erfolglos wie der Antrag, die Koalition zu verlassen, blieb auch ein anderer Antrag - nämlich, sich bei den Wählern dafür zu entschuldigen, dass man sich verschätzt habe. Fraktionschef Kerstan hatte zuvor gesagt: "Ich habe gekämpft und verloren. Und dafür entschuldige ich mich nicht."

Filme zum umstrittenen Kraftwerkbau in Moorburg