Al-Kaida: Heute beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Helfer der Terrorpiloten.

Es ist sein spektakulärster Strafprozess, der Prozess seines Lebens: Albrecht Mentz (64), Vorsitzender Richter des 3. Strafsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts OLG, leitet das Verfahren gegen den mutmaßlichen Al-Kaida-Terroristen Mounir El Motassadeq (28), das heute beginnt. Im Januar 1967 begann Mentz als Richter in der Hamburger Justiz. Ende der siebziger Jahre wurde er Vorsitzender Richter am Landgericht, seit April 1989 ist er Vorsitzender Richter des 3. OLG-Strafsenats. Er sprach Recht über ehemalige DDR-Agenten. 1996 verhandelte Mentz die Landshut-Flugzeugentführung von 1977, verurteilte die Terroristin Souhaila Andrawes (43) zu zwölf Jahren Haft. Nun also der Prozess um die Anschläge in den USA. Im Mittelpunkt: Motassadeq, der Mann den die Fahnder der "Soko USA" monatelang im Visier hatten. Im Herbst vergangenen Jahres schlugen sie zu. 28. November 2001, im Morgengrauen. Sie überwältigten den 28-jährigen Studenten in seiner Wohnung an der Goeschenstraße 3, im Herzen von Harburg. Das Ergebnis von akribischer Fleißarbeit - die Mitarbeiter unter Generalbundesanwalt Kay Nehm (61) konnten die Anklage erheben: Beihilfe zum Mord in 3116 Fällen, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. In 87 Stehordnern türmen sich nun die Indizien im Gericht: Details zum Geflecht der Hamburger Terrorzelle um Mohammed Atta (33). Motassadeq soll einer der Drahtzieher der Attentate in den USA vom 11. September 2001 sein. Er gilt als der unauffälligste der sieben radikalen Muslime, die sich laut Anklage spätestens 1999 entschlossen, die verheerenden Anschläge in den USA zu verüben. Der Hauptsitz der konspirativen Terrorzelle: Marienstraße 54, Harburg. Mit dabei bei der Hamburger Terrorzelle: die Todespiloten Marwan Al-Shehhi (23) und Ziad Jarrah (26), die noch flüchtigen Said Bahaji (27) und Zakariya Essabar (25) sowie Ramzi Binalshibh (30), der unlängst in Pakistan festgenommen wurde. Er gilt als Cheflogistiker von Osama bin Laden. Und eben El Motassadeq, laut Bundesanwaltschaft der "Statthalter" der Hamburger Terrorzelle, Kontaktmann von Mohammed Atta, dem Anführer der Terrorpiloten. Die Anwälte werden nun versuchen, jedes Indiz der Anklage zu entwerten. Zum Beispiel, dass El Motassadeq unter das Testament von Atta seine Unterschrift gesetzt haben soll. Der Marokkaner, der seit 1995 an der TU-Harburg studierte, soll für die Todesflieger Geld besorgt haben, das sie für die Anschläge brauchten. Er sei in die Attentatsvorbereitungen eingebunden gewesen, formuliert die Anklage. 2000 soll Motassadeq in Afghanistan gewesen sein - in einem Ausbildungslager, das vor allem von der Terrorgruppe Al Kaida unterhalten wurde. Es wird der letzte große Prozess von Richter Mentz - Ende März 2003 geht er in den Ruhestand.