Abgehängt: In einem Oberstufen-Vergleich schnitt die Hansestadt deutlich schlechter ab als Baden-Württemberg. Fast 40 Prozent der Gymnasiasten erreichen nicht die bundesweiten Mindeststandards. Schulsenatorin schilt “68er-Generation der Lehrer“.

Hamburg. Die Misere ist groß, nach den Ursachen wird fieberhaft geforscht.

Hamburgs Oberstufenschüler werden, wie am Freitag berichtet, im Fach Mathematik von Baden-Württembergs Schülern weit abgehängt, in manchen Bereichen schneiden sie gerade mal halb so gut ab.

Können Hamburgs Kinder nicht rechnen? Die Zahlen scheinen es zu bestätigen. An den Hamburger Gymnasien verfehlen 38 Prozent der Schüler die bundesweit geltenden Regelerwartungen in mathematischer Grundbildung. An Gesamtschulen sind es 57 Prozent, an Wirtschaftsgymnasien sogar 60 Prozent. Zwölf Prozent der Gesamtschüler kommen nicht über die niedrigste Kompetenzstufe hinaus, auf der lediglich alltagsbezogene mathematische Schlussfolgerungen erwartet werden. In Baden-Württemberg dagegen erreicht eine deutliche Mehrheit an allen gymnasialen Schulformen die Regelerwartungen.

Die Zahlen sind Teil-Ergebnis der Langzeit-Studie LAU 13, für die insgesamt 5566 Abiturienten aus allen Hamburger Schulformen mit Oberstufe getestet wurden. Verblüffend: Im Jahr 1968 waren die Ergebnisse genau umgekehrt - damals hängte Hamburg Baden-Württemberg deutlich ab. Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) machte am Freitag noch einmal deutlich, wie wichtig das Fach Mathematik sei. Schon jetzt könnten viele Stellen für Spezialisten gar nicht mit Hamburger Schulabgängern besetzt werden, weil deren Mathematikkenntnisse zu schlecht seien.

Die Schulsenatorin macht auch die "68er-Generation" unter den Lehrern für das große Leistungsdefizit verantwortlich. Die Angesprochenen wehren sich jetzt. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hamburg, Klaus Bullan, erklärte am Freitag sarkastisch: "Das nennt man echte Langzeitwirkung. Nach 40 Jahren zeigt der Marsch durch die Institutionen also Effekt?" Und SPD-Schulexperte Wilfried Buss wirft der Senatorin vor, "Schlachten von vorgestern" zu schlagen. "Statt auf die 68er-Generation zu schimpfen, sollte sich die Senatorin über Maßnahmen Gedanken machen, den Mathematik-Unterricht zu verbessern", so Buss.