Sie erzählten von dem Rostgitter vor der Haustür in Wilhelmsburg, auf dem der dreijährige Mustafa hingefallen war. Von der Badewanne, in der er...

Sie erzählten von dem Rostgitter vor der Haustür in Wilhelmsburg, auf dem der dreijährige Mustafa hingefallen war. Von der Badewanne, in der er ausgerutscht war. Und von dem Couchtisch, gegen den der "so lebhafte" kleine Junge beim Spielen gestoßen war. Michael R. (40) und seine Lebensgefährtin Karina H. (39), die Mutter von Mustafa und vier weiteren Kindern, standen den Fragen des Richters, der Schöffen, der Staatsanwältin und des Nebenklagevertreters - einem vom Jugendamt beauftragen Anwalt - Rede und Antwort. Nur wie die 34 Hämatome, Wunden und Hautabschürfungen entstehen konnten, die Mustafa am 25. Oktober 2008 bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus über den gesamten Körper verteilt aufwies, blieb bis zum Schluss des ersten Verhandlungstages vor dem Amtsgericht Harburg ungeklärt. Dort müssen sich Michael R. und Karina H. seit Freitag wegen Misshandlung eines Schutzbefohlenen verantworten. Der 39-Jährigen wirft die Anklage Unterlassen vor. Laut Gesetz droht ihnen eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

Michael R. gab zumindest ein Teilgeständnis ab. Er räumte ein, an einem Tag die Kontrolle verloren zu haben. "Mir brannte die Sicherung durch", gestand der kleine Mann im zu großen Anzug unter Tränen. Mustafa sei durchgedreht, habe ihn mit Spielzeugautos beworfen, weil er nicht mit der Mutter hatte einkaufen gehen dürfen. "Da habe ich zugeschlagen." Ansonsten hätte er ihm ab und zu einen Klapps auf die Finger und den Po gegeben, nie ins Gesicht. Die Mutter von Mustafa räumte eine moralische Verantwortung ein, jedoch keine im Sinne des Strafrechts. Als ihr Michael R. von seinem Ausbruch erzählte, habe sie durchaus Maßnahmen getroffen und ihn aus der Wohnung geschmissen. Er habe aber weiter einen Platz bei ihr und hoffentlich auch bald wieder bei den Kindern. Am 15. Mai geht der Prozess weiter. Dann werden Rechtsmediziner und Psychologen als Sachverständige geladen.