Neubau, Umzug oder Sanierung am Standort - Wissenschaftssenatorin Gundelach (CDU) will eine öffentliche Debatte.

Sie werde keine Empfehlung aussprechen, hatte Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) versichert, während sie in den vergangenen Monaten abgeschirmt von der Öffentlichkeit vier Zukunftsszenarien für die Universität Hamburg entwickeln ließ. Doch die gestern von ihr vorgestellten Perspektiven scheinen für sich zu sprechen.

Eine Sanierung und Modernisierung am derzeitigen Standort in Eimsbüttel würde rund 1,3 Milliarden Euro kosten und 20 Jahre dauern, die Position der Hochschule im Wettbewerb aber nur "geringfügig" verbessern, heißt es in dem Gutachten. Ein kompletter Umzug auf den Kleinen Grasbrook südlich der Elbe würde hingegen 2,1 Milliarden kosten, in zehn Jahren über die Bühne sein und "hervorragende Perspektiven" für Uni und Stadt bieten.

Ab 6. April sollen die Szenarien in einem Internetforum (unter www.zukunft-uni.hamburg.de ) öffentlich einsehbar sein und diskutiert werden. Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz plädierte indes erneut für einen Total-Umzug: "20 Jahre lang Renovierungsarbeiten, da sind Generationen von Studenten, Wissenschaftlern und Anwohnern von Schmutz und Lärm betroffen, nötige Provisorien würden Millionen kosten."

Zentrale Frage des Gutachtens ist der künftige Platzbedarf der mit 38 000 Studenten fünftgrößten Universität Deutschlands. Zunehmend verfügbare Drittmittel für Forschung, vom Bund oder Unternehmen, erforderten etwa größere Labore. Zudem verlange das System mit Bachelor und Master mehr Tutoren und Dozenten. Insgesamt benötige die Universität bis zum Jahr 2020 rund 100 000 Quadratmeter Nutzfläche zusätzlich. Bisher sind es rund 260 000 Quadratmeter.

Entworfen wurden die Szenarien von einer Lenkungsgruppe unter Leitung des Senats mit Vertretern der schwarz-grünen Koalition, privaten Planungsfirmen und Oberbaudirektor Jörn Walter. In einem weiter gefassten Kreis waren Uni-Präsidium, der Bezirk Eimsbüttel, Port Authority und die Studierendenvertretung AStA einbezogen.

1. Szenario: Die Uni bleibt.

Zwei Drittel der 125 Gebäude müssten laut Studie saniert werden, zudem würden "behutsam" Neubauten eingefügt. Das könne 20 Jahre dauern und würde 1,3 Milliarden Euro kosten. Das Problem sei der begrenzte Platz, rund 30 000 Quadratmeter fehlten. Eine Möglichkeit sei, das ehemalige Postgebäude an der Schlüterstraße aufzukaufen. Pikant: Ex-Uni-Präsident Jürgen Lüthje versuchte nach Abendblatt-Recherchen bereits, das Postgebäude zu erwerben. Die derzeitige Präsidentin verfolgte dieses Ziel aber offenbar nicht weiter. Zudem ist der tatsächliche Sanierungsbedarf umstritten: SPD-Hochschulexpertin Dorothee Stapelfeldt sagt: "Bereits die Hälfte ist saniert."

2. Szenario: Die Uni bleibt, wird aber neu gebaut.

Kosten laut Studie: 1,5 Milliarden, Bauzeit rund 20 Jahre. Außer denkmalgeschützten (wie dem Philturm) oder bereits sanierten (Fakultät Erziehungswissenschaften) Gebäuden wird alles abgerissen. Die Position der Uni Hamburg werde so "erheblich verbessert:" Nachteil sei das stückweise Vorgehen und damit verbundene "Interimslösungen".

3. Szenario: Teilumzug

Die naturwissenschaftliche "MIN-Fakultät", (unter anderem das zum Sinnbild des Sanierungsstaus gewordene "Geomatikum"), zieht auf den Kleinen Grasbrook. Auf den Gebieten an der Bundesstraße (Eimsbüttel) entsteht ein "Mix aus familienfreundlichem Wohnen und Gewerbe in geringem Umfang." Kosten: 1,9 Milliarden, Bauphase rund 20 Jahre. Vorteil: Deutlich verbesserte Arbeitsbedingungen im Fachbereich. Nachteil: Trennung der MIN-Fakultät vom Rest.

4. Szenario: Kompletter Umzug

Entweder der gesamte oder nur der nördliche Teil des Kleinen Grasbrook wird zum Campus, die Grundstücke in der City werden verkauft. Aus den von Ehepaar Greve gestifteten, zweckgebundenen Flügelbauten gegenüber vom Dammtor würde ein "Uni-Kongresszentrum." Zusätzlich sollen auf der Elbinsel Wohnungen entstehen. Kosten: Zwischen 1,9 und 2,1 Milliarden, inklusive Verkehrsanbindung mit U-Bahn. Problem: Die Hafenwirtschaft beansprucht diese Fläche, zudem sind Bürgerinitiativen in Eimsbüttel gegen den Umzug.