Gleichberechtigt? Von wegen: In Hamburg sind nur 270 von 8492 Straßen nach Frauen benannt, ermittelte das Abendblatt zum Weltfrauentag. Bergedorf liegt vorn, Harburg hinten. Es gibt noch viel zu tun - und das nicht nur bei Straßennamen.
Hamburg. Womit kann man die Frauen am Internationalen Frauentag unterstützen? Blumen haben sie schon am Valentinstag bekommen. Das Wahlrecht - für dessen Erkämpfung der Internationale Sozialistinnenkongress 1910 in Kopenhagen diesen Tag ins Leben rief - haben sie seit 1919: Die Idee hatte übrigens eine Deutsche: Clara Zetkin. Später demonstrierten die Frauen am 8. März gegen den Ý 218 (am jetzigen Kompromiss wagt niemand zu rütteln), immer wieder gegen Arbeitslosigkeit und für den Frieden (inzwischen zusammen mit Männern). Also, was dient heute den Interessen der Frauen? Hin und wieder erkennen Behörden, dass man die Verdienste von Frauen würdigen kann, indem man Straßen nach ihnen benennt. Das ist lobenswert. Hildegard Knef hat mindestens eine Allee verdient. Gerade hat Delmenhorst beschlossen, seinen Popstar Sarah Connor zu ehren; vielleicht mit einer "Sarah-Connor-Twiete"? Wer weiß, was in Stade passiert, wenn Juliette heute abend zu "Deutschlands Superstar" gewählt wird. Liebhaber der NDR-Radiosatire "Stenkelfeld" wissen, dass es in diesem fiktiven Ort ein "Claudia-Schiffer-Gymnasium" gibt. Hier tun sich noch jede Menge Möglichkeiten auf: Denn nicht nur Straßen, sondern auch Gebäude, Institutionen und Stiftungen könnten nach Frauen benannt werden. Es ist zum Beispiel nicht einzusehen, warum es spröde "AOL-Arena" und nicht "Tina-Turner-Arena" heißt. Die ist da nie aufgetreten, werden manche einwenden. Aber Marlene Dietrich hat das Eckchen, das man gönnerhaft in Berlin am Potsdamer Platz nach ihr benannte, ja auch nie gesehen. Warum gibt es keine Lale-Andersen-Kaserne? Niemand hat Kasernen kulturell fester verankert als sie mit "Lili Marleen". Oder einen Inge-Meysel-Deich in Bullenhausen? Wir sollten nicht zimperlich sein. Wo bleibt das Renate-Künast-Institut für Seuchenforschung? Das Uschi-Glas-Stipendium für plastische Chirurgie? Zur Einweihung eines "Hella-von-Sinnen-Erlebnisbads", liebe Hamburger Wasserwerke, würde die Kult-Komikerin sicher gern anreisen. Und du, liebe Hansestadt Hamburg, könntest in der Hafencity wenigstens einen "Dönhoff-Tower" planen lassen, wo du es schon versäumt hast, die vierte Elbtunnelröhre "Beate-Uhse-Tunnel" zu nennen - immerhin hätte man damit Norddeutschlands erfolgreichster Unternehmerin und Verkehrsexpertin Reverenz erwiesen. Das alles wäre jedenfalls schon mal einfacher und billiger, als etwas Handfestes für die drängendsten Interessen der Frauen zu tun: zum Beispiel, endlich überzeugende Summen in Kinderbetreuungsplätze zu investieren; oder Frauen in besser bezahlte Jobs zu befördern, damit der Einkommensunterschied zu den Männern - 30 Prozent - sich endlich verringert. Und wieso ist es den deutschen Parteien seit 1947 offenbar unmöglich, eine Frau ins Amt des Bundespräsidenten zu heben? Die Frauentags-Begründerin Clara Zetkin rüffelte ihre Genossen Sozialisten vor knapp 100 Jahren, dass "Frauenarbeit der Partei" nicht etwa heiße, dass die Frauen der Partei die ganze Arbeit machen. In Berlin sind übrigens ein Platz und drei Straßen nach ihr benannt. Das ist schön. Aber war es nur das, was sie wollte?