Gegenwind für Scholz. Projekt am Sportgelände in Osdorf wird auf Eis gelegt
Hamburg. Der SPD-Senat gerät mit seinen anspruchsvollen Wohnungsbauplänen ins Stolpern. Nachdem der Senat zunächst versucht hatte, dem Bezirk Altona die Verantwortung für den Bau von 235 Wohnungen am Hemmingstedter Weg (Osdorf) zu entziehen, lenkte er am Freitag ein und zog sich zunächst aus dem Projekt zurück. Damit ist der Bau der Wohnungen in weite Ferne gerückt. Die Altonaer Bezirksversammlung hatte das Vorhaben im März auf Eis gelegt und will es jetzt zunächst im Planungsausschuss beraten.
Das Bauprojekt war 2010 bei einem Ideenwettbewerb der Finanzbehörde entstanden und ist umstritten. Der Bezirk fühlte sich übergangen, weil die Planungen an ihm vorbeiliefen. Zudem müssten bei einer Umsetzung das Zentrum für Schulbiologie und Umwelterziehung sowie Sportanlangen weichen. Anwohner kündigten Protest an.
Angesichts des Widerstands hatte sich der Senat entschieden, das Projekt an sich zu ziehen. Doch jetzt überschlugen sich die Ereignisse. Obwohl der Entwurf einer Senatsdrucksache bereits in Umlauf war, zog die zuständige Finanzbehörde die sogenannte Evokation überraschend zurück. "Wir haben darauf hingewiesen, dass das Planungsrecht beim Bezirk liegt", sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bezirk, Thomas Adrian, dem Abendblatt. Offenbar waren zuletzt zwischen den Sozialdemokraten im Bezirk und in den Behörden für Finanzen und Stadtentwicklung die Drähte heiß gelaufen. In der Finanzbehörde wollte man offiziell nicht von einem Rückzug des Senats sprechen. Die Angelegenheit befinde sich in der Abstimmung, sagte Sprecher Daniel Stricker. Allerdings bestätigte er, dass der Bau der Wohnungen nicht auf der Tagesordnung der Sitzung der Senatskommission für Stadtentwicklung am 7. Juni stehe.
Das vorläufige Scheitern des Bauprojekts am Hemmingstedter Weg ist ein weiteres Beispiel dafür, dass dem SPD-Senat inzwischen auch aus den eigenen Reihen der Wind heftig ins Gesicht bläst. Erst vor wenigen Tagen hatte die SPD-Bürgerschaftsfraktion die Pläne von Sozialsenator Detlef Scheele für eine Reform der Jugendhilfe abgelehnt. Der Senator hatte zuvor bereits für Verärgerung unter den Genossen gesorgt, weil er Kinderkuren auf Föhr - ein Projekt der Ballin-Stiftung - nicht mehr finanzieren wollte. Widerstand gibt es auch gegen das Busbeschleunigungsprogramm von Wirtschaftssenator Frank Horch. Außerdem gibt es unterschiedliche Auffassungen in der SPD beim Thema Raucherverbot in Gaststätten.
Der Streit um das Bauprojekt am Hemmingstedter Weg droht jetzt auch Bürgermeister Olaf Scholz zu beschädigen. Kurz vor der überraschenden Wende hatte der Senatschef im Gespräch mit dem Abendblatt wiederholt, dass der Wohnungsbau höchste Priorität für ihn habe. "In Hamburg werden wieder Wohnungen gebaut, darauf haben viele gewartet", sagte Scholz. "Wichtig ist, dass wir damit nicht wieder aufhören, sondern weiterbauen. 6000 jedes Jahr." Notfalls müsse man sich über Widerstände hinwegsetzen, es gehe um einen fairen Interessenausgleich. "Dabei können nicht die Bedürfnisse Einzelner ausschlaggebend sein - die Politik ist dem Allgemeinwohl verpflichtet."