Ganztagsschulen verbessern Schulnoten ebenso wie das Sozialverhalten und wirken sich positiv auf das Familienklima aus. Das geht aus der Studie eines Wissenschaftskonsortiums hervor, die heute im Mittelpunkt einer Expertentagung in der Handelskammer steht. Beteiligt war unter anderen Prof. Dr. Ludwig Stecher von der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Abendblatt:
Wie sieht die ideale Ganztagsschule aus?
Ludwig Stecher:
Die ideale Ganztagsschule gibt es wohl nicht. Für Familien, die die Möglichkeiten der Ganztagsschule nur partiell nutzen wollen, ist sicher die offene Ganztagsschule (Anm. der Red.: Teilnahme an Nachmittagsangeboten ist freiwillig) wünschenswert Größere pädagogische Möglichkeiten bietet die gebundene Ganztagsschule (Anm. der Red.: Teilnahme ist verpflichtend).
Ist eine Ganztagsschule besser als eine Halbtagsschule?
Stecher:
Nur wenn die potenziellen Vorteile einer Ganztagsschule auch genutzt werden: nämlich das Mehr an Zeit mit pädagogisch hochwertigen Angeboten zu füllen. Passiert das nicht, ist von einer Ganztagsschule wenig mehr als von der Halbtagsschule zu erwarten.
Welche Kooperationen mit außerschulischen Einrichtungen sind notwendig, damit es funktioniert?
Stecher:
Wichtig ist ein breites, differenziertes Angebot. Dazu gehört der sozialpädagogische Bereich mit Blick auf die Jugendhilfe genauso wie das Anbieten von Freizeitaktivitäten.
Was muss sich im Selbstverständnis der Lehrer ändern?
Stecher:
Viele Lehrer stehen der Ganztagsschule noch reserviert gegenüber. Das ist einerseits verständlich, bringt es doch in der Regel neue Pflichten für sie mit. Andererseits bieten Ganztagsschulen mehr Zeit für die Lehrkräfte - mehr Zeit für die Arbeit mit den Kindern, aber auch mehr Zeit zur Zusammenarbeit und Diskussion mit Kollegen. Das empfinden viele Lehrkräfte als eine Bereicherung ihrer Arbeit und ihrer pädagogischen Möglichkeiten.