Auch in Kiel und Flensburg gingen viele Menschen auf die Straße. Sämtliche Veranstaltungen sind offenbar friedlich verlaufen.

Hamburg. Mehrere tausend Menschen haben auf den traditionellen Demonstrationen zum Tag der Arbeit in Hamburg für gerechte Löhne und sichere Jobs demonstriert. Unter dem Motto „Wir gehen vor. Gute Arbeit. Gerechte Löhne. Starker Sozialstaat.“ beteiligten sich am größten Umzug von der DGB-Zentrale in der Innenstadt zum Museum für Arbeit im Stadtteil Barmbek nach Gewerkschaftsangaben gut 3000 Menschen. Bei der Abschlusskundgebung ging Hamburgs DGB-Chef Uwe Grund am Sonnabend Politik und Wirtschaft scharf an. Der Finanzmarkt produziere ein böses Lehrstück nach dem anderen, aber die Bereitschaft zu lernen sei in Wirtschaft und Politik unterentwickelt, sagte er.

Weitere Demonstrationen mit insgesamt rund 2000 Teilnehmern gab es in Hamburg-Harburg und in Hamburg-Bergedorf. Außerdem gingen nach Gewerkschaftsangaben in Kiel rund 1500 Menschen auf die Straße. In Flensburg, Eckernförde und Neumünster zählte die Polizei rund 450 beziehungsweise jeweils 200 Teilnehmer. Sämtliche Veranstaltungen seien friedlich verlaufen.

Die Finanzjongleure betrieben soziale Zerstörung zum Zweck der Bereicherung, sagte Grund auf der Abschlusskundgebung in Hamburg. „Wer diesen Wahnsinn Freiheit nennt, wird uns demnächst auch Doping als Sport oder Folter als Brüderlichkeit verkaufen.“ Besonders wütend mache ihn „dieses Wegschauen der Wirtschaft, diese hausgemachte Hilflosigkeit der Politik, diese Skandalisierung des Sozialstaats in manchen Medien, diese asozialen Gerichtsurteile gegen kleine Leute“. Hinzu komme das Katz- und Mausspiel mit den Familien. Auf der einen Seite erhöhe der Bund das Kindergeld um gerade mal 20 Euro, auf der anderen Seite sammele der Hamburger Senat das Geld durch höhere Kita- Gebühren und eine höhere Verpflegungspauschale im Kindergarten wieder ein.

Noch nie in der Hamburger Nachkriegsgeschichte seien die sozialen Gräben so tief gewesen wie heute, sagte Grund. „Unsere schöne und wohlhabende Stadt steckt in einer Krise der Gerechtigkeit, die viele traurige Gesichter hat.“ Vor allem alleinerziehende Mütter seien betroffen. „Die Armut in Hamburg ist weiblich.“ Grund erneuerte sein Versprechen, noch in diesem Jahr mit Sozialverbänden, Kirchen, Stadtentwicklern und Künstlerinitiativen einen „Gerechtigkeitsgipfel“ gegen die Spaltung der Stadt zu organisieren.

In Kiel kündigte die Gewerkschaft GEW unterdessen für den 3. Juni erstmals Streiks verbeamteter Lehrer an. Bei einer Befragung hätten sich 81 Prozent der GEW-Mitglieder für Arbeitsniederlegungen ausgesprochen, sagte GEW-Landeschef Matthias Heidn auf der Mai-Kundgebung des DGB in Kiel. Grund für die Arbeitsniederlegungen seien Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für Lehrer. Zuletzt hatte das Bildungsministerium angekündigt, dass Lehrer an Gymnasien und Berufsschulen eine Wochenstunde mehr unterrichten sollen. „Uns reicht's! Wir lassen uns nicht mehr Arbeitszeitverlängerung auf Arbeitsverlängerung diktieren“, sagte Heidn.

Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner warf der schwarz-gelben Regierungen in Kiel vor, die soziale Infrastruktur des Landes systematisch zu zerstören. „Aus der selbst ernannten „Koalition des Aufbruchs“ ist eine „Koalition des Abbruchs“ geworden“, sagte Stegner auf der Mai-Kundgebung in Eckernförde. Er zählte dazu unter anderem die Pläne zur Privatisierung der Sparkassen und des Universitätsklinikums sowie die Streichung des gebührenfreien Kita-Jahres.