Hamburg. Halbe Million Euro teures Amphibienleitsystem wird noch einzigartiger: Welche Technik zum Einsatz kommt, aber Probleme bereitet.
- Blankeneser Überwachungsstrategie ist hamburgweit einzigartig
- Kröten-Tunnel geriet in die Schlagzeilen aufgrund der Kosten
- Kamera-Technik bereit allerdings Probleme, weil sie keine Kröten filmt
Wo die Kröten in Blankenese hinwandern, soll jetzt genauer untersucht werden. Dabei kommt auch Technik zum Einsatz, die für Hamburg einzigartig ist und auch in Deutschland Seltenheitswert besitzt. Dabei geht es ausgerechnet um den neuen Kröten-Tunnel am Falkensteiner Ufer.
Der war bundesweit wegen der hohen Kosten in die Schlagzeilen geraten. Die FDP und der Steuerzahlerbund hatten kritisiert, dass der Bau des neuen Amphibienleitsystems an der Elbe fast eine halbe Million Euro verschlang. Daher einmal vorweg: Die Kosten für die Kameraüberwachung trägt der Naturschutzbund (Nabu), von dem auch die Idee stammt.
Blankenese: Kamera am Kröten-Tunnel soll Nutzung dokumentieren
Auf Abendblatt-Anfrage heißt es vom zuständigen Bezirk dazu: „Im Zusammenhang mit der Errichtung der Kröten-Tunnel war und ist es dem Bezirksamt Altona ein wichtiges Anliegen, dass der Erfolg der Maßnahme durch ein entsprechendes Monitoring begleitet wird. Um zu dokumentieren, inwiefern die Kröten-Tunnel genutzt werden, bieten sich kleine Kameras an.“
Der vor Ort tätige Nabu habe dem Bezirksamt angeboten, eine entsprechende Kamera-Dokumentation zu übernehmen – entsprechend sei an jedem der vier Tunneln jeweils eine kleine Kamera installiert worden. Die Daten der Kameras würden dann dem Bezirksamt übermittelt. „Die Aufnahmen werden auf SD-Karten gespeichert. Eine Auswertung ist noch nicht erfolgt“, so Pressesprecher Mike Schlink.
Kamera am Kröten-Tunnel in Blankenese ist hamburgweit einzigartig
„Das ist ein sehr spannendes Projekt und hat Pilotcharakter“, erklärt Benjamin Harders. Der Blankeneser engagiert sich beim Nabu und ist seit Jahren auch bei der Krötenrettung am Falkensteiner Ufer aktiv. Laut Harders gibt es bundesweit nur in Südbayern ein ähnliches Projekt, woher auch die Idee für die Blankeneser Überwachungsstrategie stamme.
Bislang griffen die Naturschützer auf Eimer zurück, um die Krötenpopulation zu überwachen. Sprich: Bislang werden im Ausgangsbereich von neuen Tunneln dann wieder Eimer in die Erde gegraben, die dann von Helfern zweimal am Tag während der Krötenwanderungen geleert werden müssen. Fast so wie vor dem Bau der Tunnel, die doch gerade die Schutzzäune und Eimer sowie die Arbeit von ehrenamtlichen Helfer ersetzen sollen.
Kamera am neuen Kröten-Tunnel filmt Igel und Ratten statt Kröten
„Das ist ja schon etwas absurd, Tunnel zu bauen, damit die Tiere dann wieder im Eimer landen“, gibt Harders zu bedenken. Erschwerend komme bei dem bisherigen Verfahren hinzu, dass es in manchen Fällen nicht so klar ist, von wo die Tiere kommen und wo sie hinwollen. Beispiel Klövensteen: Bei den am Klövensteenweg gebauten Tunneln wisse man es nicht genau, da beidseitig Gewässer sind. „Hier müsste man eigentlich auf beiden Seiten Eimer anbringen“, so Harders.
Der Stand der Technik macht es möglich, den Tieren das zu ersparen und auch die Helfer zu entlasten – wenn sie denn funktionieren würde. Denn bei dem neuen Kamerasystem gibt es noch Probleme. „Wir haben sehr interessante Aufnahmen erhalten, aber leider waren nicht viele Kröten dabei“, so Harders. Vielmehr wurden Mäuse, Ratten, Igel und sogar eine Blaumeise im Tunnel gefilmt.
Blankenese: Kamera reagiert auf Körperwärme – Kröten zu kalt
Das liegt aber in diesem Fall wahrscheinlich weniger daran, dass die Krötenpopulation am Falkensteiner Ufer rückläufig ist oder die Kröte an sich kamerascheu ist, sondern eher an der Technik. Harders: „Wir haben festgestellt, dass diese Kameras nicht so geeignet sind, um die Amphibien zu zählen.“
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Die mit Solarzellen betriebenen Kameras reagieren auf Körperwärme. Amphibien sind aber wechselwarme Tiere, passen ihre Körpertemperatur der Außentemperatur an, was dann vor allem nachts nicht für die Kamera-Erkennung ausreicht. Bei der Anschaffung hatte man eigentlich darauf geachtet, den Infrarotauslöser dann aber doch übersehen, sagt Harders.
Nun müssen neue Kameras her. Allerdings hat auch das seine Tücken. Aufnahmegeräte ohne Infrarotauslöser benötigen laut dem Naturschützer mehr Energie. Dafür reichen die Solarzellen nicht aus. „Wir werden in diesem Jahr unterschiedliche Modelle ausprobieren und dann neue Kameras installieren“, erklärt Harders, der sich dann ab der nächsten Krötenwanderung im kommenden Jahr aussagekräftige Zahlen erhofft.