Hamburg. Prozessbeginn am Donnerstag: Vier Frauen und zwei Männern wird der Angriff auf Polizisten vorgeworfen. Was Unterstützer fordern.

Im Zusammenhang mit gewaltsamen Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg im Sommer 2017 beginnt am Donnerstag (9.30 Uhr) ein Prozess gegen sechs Angeklagte. Den vier Frauen und zwei Männern wird gemeinschaftlicher schwerer Landfriedensbruch und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Weitere Anklagepunkte lauten auf versuchte gefährliche Körperverletzung, Bildung bewaffneter Gruppen und Sachbeschädigung.

Vorab hatten die Unterstützer der sechs Angeklagten im aktuellen Verfahren, darunter der linksextremistische Verein Rote Hilfe und die Initiative „Grundrechte verteidigen!“, angekündigt, man wolle vor Beginn Pressevertreter über ihre Sicht des Prozesses informieren. Den Angeklagten werde lediglich ihre Anwesenheit bei einer G20-kritischen Demonstration vorgeworfen, hieß es in einer Mitteilung. Das Strafverfahren müsse sofort eingestellt werden.

Vor dem Hamburger Landgericht versammelten sich am Donnerstagmorgen gegen 8.30 Uhr rund 30 Menschen, die auch ein Plakat mit der Aufschrift „Ziviler Ungehorsam ist kein Terrorismus“ mit sich trugen. Die Protestaktion sei bis 16 Uhr angesetzt, wie ein Polizeisprecher auf Abendblatt-Anfrage bestätigte. Am Freitag soll es im gleichen Zeitraum weitergehen. Laut Polizeiinformationen ist die Situation entspannt.

G20-Prozess in Hamburg nach Pyro-Angriff und Steinwurf auf Polizisten

Die Angeklagten sollen sich am 7. Juli 2017 an einem Aufmarsch von 150 bis 200 Gipfelgegnern beteiligt haben, der am Altonaer Volkspark begonnen hatte. Aus der Menge der einheitlich Schwarzgekleideten heraus seien Polizisten aus Schleswig-Holstein mit Steinen beworfen worden. Als weitere Beamte den Aufmarsch in der Straße Rondenbarg im Stadtteil Bahrenfeld stoppten, seien sie massiv mit mindestens 14 Steinen und 4 Feuerwerkskörpern angegriffen worden. Von den Polizisten in Schutzkleidung wurde niemand verletzt. Dagegen erlitten nach früheren Angaben der Polizei mindestens 14 G20-Gegner teilweise schwere Verletzungen, als sie versuchten, über ein Geländer zu fliehen.

Die Proteste zum G20-Gipfel eskalierten – sieben Jahre später stehen jetzt sechs Angeklagte vor Gericht.
Die Proteste zum G20-Gipfel eskalierten – sieben Jahre später stehen jetzt sechs Angeklagte vor Gericht. © picture alliance / Markus Scholz/dpa | Markus Scholz

Laut Anklage waren die vier Frauen im Alter von 51, 36, 34 und 32 Jahren und die beiden Männer im Alter von 29 und 28 Jahren Mittäter der einzelnen Gewalthandlungen, die aus dem Aufzug heraus begangen wurden. Jeder von ihnen habe von der mitgeführten Bewaffnung mit Steinen und Pyrotechnik gewusst, deren Einsatz gegen Polizisten und Sachen gebilligt und einen eigenen Tatbeitrag durch das Mitmarschieren in geschlossener Formation geleistet. Das gemeinsame Auftreten, teils mit Vermummung und einheitlich schwarzer Kleidung, habe die Gewalttäter innerhalb des Aufzugs vor einer Identifizierung und dem Einschreiten der Polizei schützen sollen. Die Staatsanwaltschaft gehe darum von einem vorsätzlich arbeitsteiligen Vorgehen der Aufmarschteilnehmer aus, erklärte der Gerichtssprecher.

G20-Ausschreitungen: Prozess bis August 2024 geplant

Im Dezember 2020 hatte bereits ein Prozess vor einer Jugendkammer am Landgericht wegen der Zwischenfälle am Rondenbarg begonnen. Wegen des Corona-Lockdowns war das Verfahren gegen fünf Angeklagte im Januar 2021 abgebrochen worden. Die Ereignisse am Rondenbarg waren erstmals im Herbst 2017 Gegenstand eines Prozesses gewesen. Der damals 18 Jahre alte Fabio V. musste sich vor dem Amtsgericht Altona verantworten. Der Prozess wurde jedoch wegen Erkrankung der Richterin abgebrochen. Im Sommer 2023 sei das Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz eingestellt worden, sagte der Gerichtssprecher. Gründe dafür seien die erlittene Untersuchungshaft, die lange Verfahrensdauer und die Tatsache gewesen, dass der Angeklagte seit 2017 keine weiteren Straftaten begangen habe.

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Das Gericht hat nach Angaben des Hamburger Senats 26 Verhandlungstermine bis zum 16. August anberaumt. (sj mit dpa/lno)