Ottensen. Das Viertel am Fischereihafen in Altona nimmt Gestalt an: Markthalle und Wohnungen geplant. Was wird aus dem Blick auf die Elbe?

Hamburgs Hafenkante verändert ihr Gesicht: Die Planungen für die Verwandlung der Große Elbstraße in Altona schreiten voran, Abrissbagger haben in den vergangenen Monaten die alten Hallen beseitigt. Konkret geht es um das Areal West, den letzten Lückenschluss der Perlenkette: Hier sollen sechs Gebäude entstehen, die neues Leben an den Elbberg bringen. Eine Markthalle soll kommen, attraktive Freiflächen, Ateliers, Büros und Wohnungen, darunter auch geförderte.

„Wir sind noch im Diskussionsprozess“, sagt Mithat Capar, SPD-Abgeordneter in der Bezirksversammlung Altona und Distriktvorsitzender der SPD Ottensen, über den Stand der Dinge. „Aber die Rahmenbedingungen stehen, und wir wissen, was wir wollen.“ Politischen Streit erwartet er nicht. Tatsächlich hatten mit SPD, Grünen, CDU und FDP vier Parteien ihre Zustimmung signalisiert.

Altona: Zehn Hektar sollen im Areal West am Hafen neu entwickelt werden

Mit dem Areal West zwischen dem Alten Hafenbahnhof und der Van-der-Smissen-Straße soll sich die Perlenkette endgültig schließen. „Nach der HafenCity ist es das größte innerstädtische Entwicklungsgebiet am Hafen“, sagt Capar. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans besitzt eine Größe von mehr als zehn Hektar.

Das Herzstück wird die offene Markthalle mit rund 20 Gewerbeeinheiten und einer Ateliergasse. Dort sollen Fisch- und Feinkostmärkte eine Heimat finden, die Tradition des Standorts stärken und einen „Beitrag zur Ernährungswende“ leisten. Geöffnet wäre die Halle mit ihren fest eingebauten Ständen sieben Tage die Woche zwischen 10 und 22 Uhr. Das Gebäude zieht sich über die Große Elbstraße und bietet eine Gewerbefläche von rund 9000 Quadratmetern.

Stadtentwicklung: Die kühnen Pläne für die Große Elbstraße in Hamburg

Auch die Erdgeschosszonen der beiden „Elbkaihäuser“ direkt an der Elbpromenade sind für Gewerbe vorgesehen, darüber sind Büroeinheiten mit einer Bruttogeschossfläche von 11.500 Quadratmetern geplant. Richtung Elbhang sind drei Wohngebäude mit 70 Einheiten auf 9500 Quadratmetern Teil der Planungen.

Das Dach der neuen Markthalle soll begehbar sein und den Blick auf Hafen und Elbe ermöglichen.
Das Dach der neuen Markthalle soll begehbar sein und den Blick auf Hafen und Elbe ermöglichen. © HHLA | HHLA

Großzügig fällt die Gestaltung der öffentlichen Flächen aus, die insgesamt 5500 Quadratmeter umfassen. Die Marktfläche an der Elbe misst rund 1000 Quadratmeter, zwei öffentliche Plätze im Quartier sogar 3000 Quadratmeter. Besonders aufgewertet wird der Schellfischplatz unterhalb des Viadukts, der zu einem Marktplatz an der Elbe werden könnte.

Blick auf die Elbe: Kritiker fürchten Verlust durch neues Bauprojekt

Nach der öffentlichen Plandiskussion im April wurden die Pläne nun noch einmal überarbeitet und im Planungsausschuss präsentiert: Zuvor wurden vor allem Wünsche nach niedrigeren Gebäudehöhen laut, um die bestehenden Sichtachsen zu bewahren. Die Initiative „Anna Elbe“ ist mit der Überarbeitung nicht zufrieden: Man habe sich die Präsentation immer wieder angesehen, um umgesetzte Änderungs­wünsche der Bürger ausfindig zu machen: „Leider können wir nur feststellen, dass die Bilder ,aufgehübscht‘ wurden.“

Die Kritiker fürchten, dass von den Sichtachsen nur Sichtschlitze bleiben. Hauptstreitpunkt dürfte das Wohnhaus „Neuer Kaispeicher“ am Elbhang werden – in den Präsentationen kursieren drei Varianten. Als Flachdach ist es 27,2 Meter hoch, mit einem Schrägdach 34 Meter und mit Spitzdach wächst das Gebäude auf 38,1 Meter und wird damit so hoch wie die bereits bestehenden Columbia-Twins in der Nachbarschaft.

Altona: Neue Markthalle soll ein begehbares Gründach bekommen

In der aktuellen Planvariante der Büros Scalaplan, JES, Claussen Seggelke Stadtplaner, Gerke Architekten sowie MK Energy sollen alle Dächer ökologisch aufgerüstet werden. So sind nicht nur Photovoltaikanlagen geplant, sondern auch Gründächer und begrünte Fassaden. Die Markthalle bekommt ein geschwungenes topografisches Gründach, das begehbar wird und eine Aussichtsplattform bietet.

Diese Dächer indes sind es, die die Kritiker auf den Plan rufen. Sie befürchten, dass der derzeit dort noch unverbaute Blick unterhalb der ehemaligen Seefahrtsschule auf die Elbe geopfert werden könnte. „Was hier passiert, ist ein Frevel und eine Frechheit der Allgemeinheit gegenüber“, heißt es bei der Initiative ,Anna Elbe‘. „Die Bebauung an dieser Stelle verdeckt das Einzigartige für die Allgemeinheit.“

Hamburg-Altona: Neue Wege sollen an die Elbe führen

Capar weist das zurück: „Der Blick auf das Wasser wird nicht verbaut“, verspricht er. Auch die Parks am Elbhang bleiben erhalten. Um den Erholungscharakter und den Erlebniswert des Gebietes zu steigern, soll entlang der Elbe eine durchgehende Uferpromenade führen und neue Wegeverbindungen an den Fluss geschaffen werden. Die Freiflächen sind sehr offen geplant, die Räume sollen „zugänglich und konsumfrei“ sein.

An der Großen Elbstraße fielen im Herbst die alten Hallen. Hier könnte bald eine Markthalle das Quartier aufwerten.
An der Großen Elbstraße fielen im Herbst die alten Hallen. Hier könnte bald eine Markthalle das Quartier aufwerten. © Matthias Iken | Matthias Iken

Seinen Charakter soll das neue Viertel am Fischereihafen bewahren: „Die dort ansässigen Fischereihafenbetriebe sollen erhalten bleiben“, sagt Capar. In Altona haben sich Unternehmen etabliert, die hochwertige, ressourcenschonend gefangene Fische und Meeresfrüchte sowie ambitionierte Feinkostangebote anbieten. Daneben sind am Elbstrand Unternehmen der Kreativbranche sowie des Dienstleistungssektors heimisch geworden.

Fischmarkt Hamburg-Altona: Projektentwickler ist eine Tochter der HHLA

Projektentwickler des Areals ist die Fischmarkt Hamburg-Altona GmbH (FMH), eine hundertprozentige Tochter der Hamburger Hafen und Logistik AG. Die FMH bewirtschaftet seit rund 70 Jahren die Liegenschaften am Fischereihafen. Probleme durch den Einstieg von MSC bei der HHLA erwartet Capar nicht. Ganz im Gegenteil: Eine städtische Tochter könne auch in schwierigeren Zeiten gestalten. „Wir haben die einmalige Chance, diese triste Gegend attraktiver zu machen“, sagt der Sozialdemokrat. „Diese neue Vielfalt wird für jeden zugänglich sein.“

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Capar drängt darauf, dass nach dem Abriss bald etwas am Fischereihafen passiert. „Wir wollen kein zweites Paloma-Viertel“, sagt er. Trotzdem wird bis zur Realisierung noch viel Wasser die Elbe hinunterfließen. Der Baubeginn dürfte frühestens 2025 erfolgen, die Fertigstellung wäre dann ab 2028 wahrscheinlich.