Hamburg. Tierärztin schildert die Qualen der Katze vor Gericht. Die Ex-Halterin beteuert ihre Unschuld. Richter findet deutliche Worte.

Das Leben von Mia hing am seidenen Faden. Ob die Katze es schaffen würde, war selbst bei bester tierärztlicher Kunst mehrere Tage lang nicht klar. So massiv waren die Verletzungen, die der Vierbeiner ertragen musste, so quälend die Schmerzen. Mia hat sehr gelitten.

Inzwischen geht es der Katze wieder gut. Sie hat sich erholt – und für sie wurde ein liebevolles neues Zuhause gefunden. Liebevoll, das heißt wohl in diesem Fall, dass es ihr viel besser geht als bei der Frau, die Mia früher als Haustier hielt. Die Hamburgerin Azra M. (Name geändert) soll nämlich dafür verantwortlich sein, dass das Tier von der Rasse Ragdoll vor anderthalb Jahren mehr tot als lebendig war und unter anderem zehn Tage lang in einer Tierklinik behandelt werden musste. Auch danach bedurfte es noch monatelanger weiterer Pflege.

Prozess Hamburg: Frau soll eigene Katze massiv verletzt haben

„Sie war mein Baby.“ Wenn die 35-Jährige im Prozess vor dem Amtsgericht über Mia redet, klingt es fürsorglich, sanftmütig und gutherzig. Doch was die Staatsanwaltschaft über die Hamburgerin ermittelt und zur Anklage gebracht hat, vermittelt ein komplett anderes Bild. Demnach hat Azra M. ihre Katze bei zwei Gelegenheiten massiv verletzt.

Am 6. Dezember 2021 soll sie das Tier entweder auf den Kopf geschlagen oder in ihrer Wohnung in Lurup gegen eine Wand geworfen haben. Als sie den Stubentiger dann zur Behandlung zum Veterinär brachte, wurden der Anklage zufolge bei Mia Einblutungen in beiden vorderen Augenkammern und Schwellungen am Kopf festgestellt. Rund sechs Wochen später soll Azra M. erneut gewalttätig auf die Katze eingewirkt haben. Das Tier erlitt Rippenfrakturen, ein Schädelhirntrauma und Schürfwunden. Ein Bild des Jammers.

Angeklagte macht Katze für Verletzungen verantwortlich

Doch das, beteuert die wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz angeklagte Frau im Prozess, sei nicht ihr Verschulden. „Mein Fehler war, dass ich sie nicht retten konnte“, formuliert sie, als habe sie stets das Beste für das Tier gewollt. Zudem erzählt die Hamburgerin, dass sie ihre Katze liebevoll behandelt habe. Die Verletzungen könne sie sich nur so erklären, dass Mia ungeschickt gefallen sein müsse – dabei einmal aus halber Höhe von einem Kratzbaum.

Als die Katze sich daraufhin kaum noch habe bewegen können, habe sie sie zum Tierarzt gebracht. Einen Folgetermin, bei dem Mia weitere Schmerzmittel hätten verabreicht werden sollen, nahm Azra M. jedoch nicht wahr.

Auch für die schweren Verletzungen der Katze im Januar 2022 macht die Angeklagte ein ungeschicktes Manöver des Tieres verantwortlich. Sie habe versucht, Mia beizubringen, nicht mehr aufs Katzenklo zu gehen, sondern die normale Toilette zu benutzen. Dabei sei das Tier wohl abgerutscht und müsse sich so die Knochenbrüche zugezogen haben.

Tierhalterin behauptet, die Katze sei versehentlich gestürzt

Nach Überzeugung einer Sachverständigen, die im Prozess gehört wird, sind die massiven Verletzungen der Katze indes nicht durch ein Abrutschen und ebenso wenig durch Stürze des Tieres zu erklären, sondern allein durch Misshandlungen. Dass Mia im Dezember 2021 so massive Schäden davongetragen hatte, dass sie nicht mehr geh- und stehfähig war, weise auf ein schweres Trauma hin, erläutert die Veterinärin, also heftige Einwirkungen. Über das schwere Schädelhirntrauma, das die Katze im Januar 2022 erlitt, sagt die Expertin, dass dem „massive Schläge auf den Kopf“ vorangegangen sein müssten.

Bemerkenswert war laut der Tierärztin darüber hinaus, wie Mia auf die Anwesenheit von Azra M. reagierte. Nachdem die Besitzerin, die für eine Weile aus dem Behandlungsraum geschickt worden war, wieder zu der Katze kam, habe das Tier eindeutige Anzeichen von Stress und Angst erkennen lassen. So, als spüre es eine drohende Gefahr.

Noch alarmierender waren die Erkenntnisse aus der Tierklinik. Als Mia dort eingeliefert wurde, wurden neben den lebensgefährlichen frischen Schädelverletzungen unter anderem ältere Rippenfrakturen festgestellt. „Diese Katze ist mehrfach schwer misshandelt worden“, erklärt die Veterinärin. Und: Auch als Expertin mit jahrzehntelanger Erfahrung habe sie „solche Verletzungen in diesem Ausmaß noch nie erlebt“.

Prozess Hamburg – Richter: „Gut, dass Sie die Katze nicht mehr haben“

„Sie fehlt mir so!“ Azra M. bekundet ihre Sehnsucht nach der Katze ausgerechnet, während die Tierärztin die Qualen des Tieres darlegt. Mit Tränen in den Augen sitzt die Angeklagte da, doch es wird nicht klar, ob sie wegen des Leidens von Mia weint – oder ob sie vielmehr von Selbstmitleid übermannt wird. Der Amtsrichter sieht es im Ergebnis als erwiesen an, dass sich die 35-Jährige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz schuldig gemacht hat, und verhängt eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu à 10 Euro gegen Azra M.

So wie die Angeklagte Mias Verletzungen als Folgen von Stürzen des Tieres dargestellt habe, könne es nicht geschehen sein. Es stehe vielmehr fest, dass die Angeklagte die Katze misshandelt habe, begründet der Vorsitzende sein Urteil. Ob dies „aus Überforderung geschehen ist oder aus Frust“, sei nicht festzustellen. „Aber es ist klar, dass Sie Gewalt eingesetzt haben“, sagt der Richter an die Adresse der Angeklagten und betont: „Gut, dass Sie die Katze nicht mehr haben.“