Hamburg. „Wasser ist mein Element“, sagt der Hamburger Weltumsegler. Er steht in einer Reihe mit berühmten und wagemutigen Vorgängern.

Weltumseglungen beflügeln die menschliche Phantasie – und bei den Seefahrern selbst eine schier unerschöpfliche Energie, wie das gerade zu Ende gegangene Ocean Race wieder mal bewiesen hat. Seit der Antike bewegt die Idee vom gelungenen Kurs um den Globus die Menschheit. Bewundert von Millionen, die nur davon träumen, stellen sich immer wieder mutige und entschlossene Frauen und Männer der größten aller Herausforderungen der Weltmeere.

Im vergangenen Jahr erst wurde der 500. Jahrestag der vollendeten ersten Weltumseglung durch Kapitän Fernão de Magelhães gefeiert. Der besser als Ferdinand Magellan bekannte Seefahrer und seine Mannschaften waren im September 1519 mit einer Flotte von fünf Schiffen vom spanischen Hafen Sanlúcar de Barrameda aus losgesegelt.

Ocean Race: Boris Herrmann über den Mythos Weltumsegelung

Sie sollten die Westroute zu den indonesischen Melukken finden und dort teure Gewürze wie Muskat, Pfeffer und Nelken laden. Der Entdecker der nach ihm benannten Magellanstraße selbst wurde beim Versuch getötet, die Einheimischen auf den Philippinen zum Christentum zu bekehren. Nach dreijähriger Mission kehrten seine überlebenden Männer 1522 mit nur einem Schiff namens „Victoria“ und ohne ihren Anführer heim nach Spanien. Magellan blieb dennoch die Symbolfigur für die erste Weltumseglung.

Da passt es gut, dass Deutschlands bekanntester Weltumsegler Boris Herrmann bis vor Kurzem in der Hamburger HafenCity unweit der Magellan-Terrassen lebte und sie immer noch gerne für Spaziergänge nutzt. Im maritimen Herzen seiner Wahlheimat Hamburg – inzwischen wohnt er im Bezirk Altona – fühlt sich der 42-jährige Ozeanstürmer beim Blick auf die Elbe wohl. „Wasser ist mein Element“, sagt der Mann, dem die Weltmeere schon alle ihre Gesichter gezeigt haben.

Boris Herrmann wuchs auf und am Wasser auf

Seine Faszination, sinniert er, rühre wohl daher, „dass ich auf dem Wasser aufgewachsen bin“. Der in Oldenburg großgewordene Gründer von Deutschlands bekanntesten Segelteam Malizia wurde schon als Säugling aufs elterliche Boot mitgenommen. Es war Wiegenschaukeln der etwas anderen Art.

Boris Herrmann verbrachte in seiner Kindheit und Jugend die meiste Zeit im nahen Wattenmeer. Später dehnte er seinen Radius auf Ost- und Nordsee aus, segelte auf Jollen und zunehmend größeren Booten, bevor er mit seinem Freund Felix Oehme auf der Yacht „Beluga Racer“ im Portimāo Global Race 2009 erstmals vom Glück einer abenteuerlichen und siegreichen Weltumseglung kostete.

Ocean Race: Boris Herrmann träumte schon als Teenager davon

Seitdem hat Boris „das Virus im Blut“. Es lockte ihn schon als, als er im Teenager-Alter das Ocean-Race-Buch „Abgerechnet wird im Ziel“ vom zweimaligen Weltumseglers Tim Kröger las. Damals wusste Boris Herrmann, dass er dieses Rennen auch eines Tages bestreiten wollte. Ihn zog die Vorstellung in den Bann, die Welt als Regattasegler umsegeln, Abenteuer zu erleben und an die die eigenen Grenzen gehen.

Für Boris Herrmann wurde mit der Teilnahme am Ocean Race ein Jugendtraum wahr.
Für Boris Herrmann wurde mit der Teilnahme am Ocean Race ein Jugendtraum wahr. © Antoine Auriol- Team Malizia

Inzwischen hat Boris Herrmann den Globus als Regatta-Skipper und Kämpfer für saubere Meere und gegen den Klimawandel fünf Male umrundet. Dabei reizt ihn auch „die Begegnung von Natur und Hightech“ als zeitlose Herausforderung.

Erste Einhand-Weltumseglung gelingt von 1895 bis 1898

Der deutsche Rekordweltumsegler steht in einer Reihe mit berühmten und wagemutigen Vorgängern und Gleichgesinnten. So wie Joshua Slocum, dem von 1895 bis 1898 die erste Einhand-Weltumseglung mit mehreren Zwischenstopps gelang. Zwischen 1964 und 1967 waren es Elga und Ernst-Jürgen Koch, die als erstes Ehepaar eine Weltumseglung mit Unterbrechungen absolvierten.

1968/69 wurde Sir Robin Knox-Johnston als erster Non-Stop-Einhand-Weltumsegler berühmt und zur Inspirationsquelle späterer Vendée-Globe-Helden. „Eines wurde noch nicht getan: die Welt alleine nonstop und solo zu umrunden.“ Den passionierten und später von der britischen Königin geehrten passionierten Segler reizte die Pionierleistung. „Ich bin einfach um die Welt gesegelt, weil ich das wollte. Und ich habe festgestellt, dass es mir großen Spaß macht“, sagte Knox-Johnston, der 1995 das alle zwei Jahre stattfindende Clipper Round the World Yacht Race erfand, bei dem sich bis heute Menschen ihren Traum von der Weltumseglung mit und ohne Segelvorkenntnisse erfüllen können.

In Deutschland machte Wilfried Erdmann Thema Weltumsegelung bekannt

In Deutschland machte der im Mai dieses Jahres verstorbene Wilfried Erdmann das Thema Weltumseglung bekannt. Der Liebhaber ausgefallener Reisen hat die Erde von 1966 bis 1968 als fünfte Segler weltweit und erster Deutscher umsegelt. Erst wollte man ihm nicht glauben, dann wurde er verehrt. Erdmann faszinierte Millionen Menschen mit seinen Büchern. Ihm gelangen zwei weitere Nonstop-Weltumseglungen in beide Richtungen – mit und gegen die vorherrschenden Winden. Oft nannte er „die Sehnsucht nach der großen Freiheit“ als Motor für seine außergewöhnlichen Taten.

Heute sind es Boris Herrmann und seine Generation, die solo oder im Team einer wachsenden Fanschar mit neuen medialen Möglichkeiten mit auf ihre Boote und mitten hinein in die magisch schöne, aber manchmal auch brutale und beängstigende Wildheit der Meere und ihrer Herausforderungen nehmen. Gleichzeitig werben die Weltumsegler glaubwürdig für ihren Schutz.

Boris Herrmann ist Vorlage für einen Film

Der Schauspieler, Regisseur und Filmproduzent Ben Blaskovic nimmt Boris Herrmanns Vendée-Globe Abenteuer als Vorlage für einen fiktionalen Film. Warum er das tut, erklärt einen weiteren Aspekt der Faszination Weltumseglung: „Der Film wird den Zuschauern zwischen all dem negativen Krach der Welt eine nachhaltige, positive und starke Botschaft mit auf den Weg geben.“

Blaskovic sieht, warum Weltumsegler auch in Deutschland zunehmend viele Fans finden: „Es bewegt Menschen, wenn sich jemand solchen Herausforderungen und ja auch Qualen aussetzt wie bei der Vendée Globe. Es ist ja nicht nur schön, alleine mit einer Rennyacht um die Welt zu segeln. Ich glaube, es ist ganz schön die Hölle:“ Blaskovic sagt, er wolle mit dem Film Mut machen, Träume zu verfolgen und nie aufzugeben, sie zu verwirklichen.“

Ocean Race: Boris Herrmann hat die Menschen mit Abenteuern begeistert

Wer könnte diesem Vorhaben als Protagonist besser dienen als einer, der es wie Boris Herrmann auf dem Weg nach oben auch nicht immer leicht hatte? Dass es sich lohnt, haben Herrmann und Co. mit verwirklichten Träumen von Südpolarmeer-Intensiverlebnissen und Kap-Hoorn-Gipfelerfolgen gezeigt. Und ihre Leidenschaft ansteckend geteilt.