Hamburg. Dieses junge Paar wurde in Hamburg Opfer von zwei Betrugsmaschen. Die Polizei warnt – und gibt Tipps.
Dass die Wohnungssuche in der Hansestadt beinahe unter die Kategorie Schwerstarbeit fällt, ist kein Geheimnis. Wer eine neue Bleibe mieten möchte, braucht Geld und Zeit. Was mittlerweile außerdem gefordert ist auf dem Wohnungsmarkt: ein waches Auge. Gerade online tummelt sich eine Menge Betrüger, die den verzweifelt Suchenden das Geld aus der Tasche ziehen will.
Die beiden Geografie-Studierenden Sophia Hüffmeier und ihr Partner Alex Huckestein sind seit ihrer Wohnungssuche geradezu Stammgäste beim Polizeikommissariat 21 in Altona geworden. Schon zweimal sind sie in perfide Fallen von Betrügern getappt.
Polizei Hamburg: Darauf sollten Sie bei der Wohnungssuche achten
Hüffmeier und Huckestein suchen in erster Linie mithilfe der Webseite Immoscout24 nach einem neuen Zuhause. Vier Wochen lang checken sie täglich Anzeigen: „Eigentlich haben wir den ganzen Tag das Handy neben uns liegen, und immer wenn etwas Neues aufploppt, schicken wir sofort eine Bewerbung raus“, erzählt Hüffmeier. Betrügerische Anzeigen entdeckt die Studentin täglich, sagt sie.
„Da gibt es viele Betrugsversuche, aber die meisten sind ziemlich offensichtlich. Häufig steht zum Beispiel dabei, dass man die Wohnung über Airbnb mieten soll, das finde ich komisch. Ein guter Indikator für einen Betrug ist auch die Kaltmiete. Wenn die genau so hoch ist wie die Warmmiete, dann werde ich schon stutzig.“ Die Polizei Hamburg verweist außerdem auf folgende Warnzeichen: Fotos wie aus dem Katalog, fehlende oder gefälschte Kontaktdaten und die Aufforderung, schon vor der Besichtigung Geld zu überweisen oder eine Ausweiskopie einzureichen.
Studierende wurden zwei Mal Opfer einer Betrugsmasche
Letzteres wurde Hüffmeier und Huckestein zum Verhängnis: Mit einem vermeintlichen Vermieter hätten sie einen netten und umfangreichen Schriftverkehr per Whatsapp geführt. Der Herr bot den beiden einen Besichtigungstermin an, erklärte aber, 50 Euro Pfand nehmen zu wollen. Zuletzt sei regelmäßig niemand zur Besichtigung aufgetaucht und er müsse sich dafür extra freinehmen, rechtfertigte er die Forderung. „Das kam uns schon ein bisschen komisch vor“, sagt Hüffmeier, „aber wir haben bis dahin kaum Besichtigungstermine bekommen. Also haben wir uns gesagt: ,Komm, die 50 Euro pokern wir jetzt mal.“
Der Betrüger bedankte sich noch für die Überweisung, dann kam der Besichtigungstermin: „Da standen wir dann eine halbe Stunde rum, aber natürlich kam niemand.“ Hüffmeier und Huckestein erstatteten in der Folge Strafanzeige – schließlich hatte der Betrüger nicht nur die Überweisung, sondern auch Ausweiskopien genommen. „Doktor Google hat natürlich direkt wieder gesagt, das ist das Allerschlimmste, was uns eigentlich passieren kann“, erinnert sich Hüffmeier an verzweifelte nächtliche Suchanfragen.
Das Immoscout24-Konto des jungen Hamburger Pärchens wurde gehackt
Im zweiten Betrugsfall hackte jemand das Immoscout24-Konto der beiden Studierenden. Von dem Profil aus wurde ein Plus-Abo abgeschlossen und ein Wohnungsinserat ging online – vermutlich ein Köder des Betrügers für weitere Wohnungssuchende. Das Konto in fremder Hand sei sehr schnell von Immoscout24 deaktiviert worden. Außerdem bekommen die beiden Studierenden die Kosten für den Abschluss des Plus-Abos erstattet. „Und dann sind wir natürlich schon wieder zur Polizei gedackelt“, um abermals Strafanzeige zu erstatten, erzählt Hüffmeier.
Doch wie konnte der Betrüger den Account der beiden kapern? Die Studentin hat eine Ahnung. Wenige Tage zuvor bekam sie eine Nachricht eines Inserierenden. Er hatte einen Link zu mehr Bildern von der entsprechenden Wohnung geschickt. Beim Klick auf den Link „ist die Immoscout-Seite noch mal aufgegangen, und da musste man sich noch mal mit Passwort einloggen“, berichtet Hüffmeier. Ihre Vermutung: „Die Immoscout-Webseite wurde vermutlich ganz genau nachgebaut“, sodass der Betrüger das Passwort der beiden abgreifen konnte. Die Fälschung hätte höchstens ein Blick in die URL-Zeile der Seite offenbaren können.
Auch das Portal selbst versucht, Betrügern keine Chance zu geben
Das Portal Immoscout24 selbst kann ein Liedchen von den perfiden Maschen der Betrüger singen. Phishing, Identitätsdiebstahl und Vorkassen-Betrug seien ganz typische Vorgehensweisen, so Immoscout24-Sprecher Lennart Dannenberg. Mit hohem personellen und maschinellen Aufwand versuche das Portal dagegen anzukommen. So durchlaufe beispielsweise ein Filter jedes Inserat, bevor es online geht. Auffälligkeiten würden manuell von Mitarbeitern nachgeprüft. Sogar künstliche Intelligenz sei hierbei im Einsatz.
Hellhörig sollten Nutzer bei unverhältnismäßig günstigen Angeboten werden, sagt Dannenberg: „Der Preis dient oft als Köder bei einem Betrugsversuch.“ Auch von Anzeigen mit unvollständiger oder unsinniger Objektbeschreibung oder solchen ohne Fotos sollten Wohnungssuchende die Finger lassen. Ein weiterer Hinweis auf einen Betrug: „Die Kommunikation findet auf Englisch statt, und als einzige Kontaktmöglichkeit ist nur eine E-Mail-Adresse angegeben“, so Dannenberg. „Grundsätzlich gilt: Finger weg beim geringsten Verdacht und niemals Geld überweisen, bevor man die Wohnung gesehen, einen Mietvertrag und die Schlüssel ausgehändigt bekommen hat.“
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Polizei Hamburg vermutet: Viele Betrüger sitzen im Ausland
Wer schon auf eine Betrugsmasche reingefallen ist, dem rät die Polizei umgehend Strafanzeige zu erstatten. Zudem könnten Opfer von Betrügern ihre Bank auffordern, eventuelle Zahlungen rückgängig zu machen. Bei Lastschriftverfahren sei eine Erstattung innerhalb von acht Wochen möglich.
Die monatliche Anzahl der Wohnungsbetrugsfälle schätzt die Polizei Hamburg auf ein niedriges bis mittleres zweistelliges Niveau, berichtet Sprecher Florian Abbenseth. „Mutmaßlich operieren die Täter zumeist aus dem Ausland, weil oft ausländische Bankverbindungen verwendet werden und die Deutschkenntnisse der Täter oft mangelhaft sind.“ Alle gängigen Portale würden diesbezüglich ähnlich belastet scheinen.
Trotz geringer Ansprüche war es dem Paar kaum möglich, eine Wohnung zu finden
Es liegt nahe, dass die Kriminellen ein Symptom des Wohnungsmangels in Hamburg sind. Wäre der Markt nicht so extrem umkämpft, würden sich ihre Maschen kaum lohnen. „Wir sehen ja bei Immoscout, wie viele sich auf eine Wohnung bewerben. Wenn’s eine coole Wohnung ist, dann sind das schon mal 300 bis 500 Leute. Die Rechnung kann ja nicht aufgehen“, berichtet Hüffmeier.
Ein riesiger Ansturm, obwohl die Ansprüche des Pärchens nur gering sind. Mindestens 40 Quadratmeter groß sollte die neue Wohnung sein und zwei Zimmer haben. Denn seit zwei Jahren wohnen die beiden auf nur 18 Quadratmetern: „Bisher hat uns das noch nicht immens gestört, aber es wäre schön, wenn man auch mal in getrennten Räumen arbeiten könnte“, so Hüffmeier.
Polizei Hamburg: Endlich eine Wohnung und alles rechtens
Und hier kommt das Happy End: Just als unser Abendblatt-Fotograf die Studierenden in ihrer alten Miniwohnung ablichtet, bekommt das Pärchen die lang ersehnte Zusage für ein neues Zuhause. Die Zimmerzahl wird sich verdreifachen – die 70-Quadratmeter-Wohnung in Lurup kostet 750 Euro warm. Und auch wenn es nicht danach klingt: Diesmal geht alles mit rechten Dingen zu.
Glücklicherweise konnte Thorsten Ahlf die Fotos von den beiden noch schießen, bevor Hüffmeiers Gesicht freudentränenüberströmt war.