Hamburg. Wann muss Flüchtlingsunterkunft geräumt werden? Unterstützer kritisieren „Zeitdruck“, das Bezirksamt widerspricht. Die Hintergründe.
Der Auszug der Geflüchteten aus der Unterkunft am Blankeneser Björnsonweg steht unmittelbar bevor, doch jetzt gibt es Nachfragen zu dem vorgegebenen Termin. Die Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirchengemeinde Blankenese, Helga Rodenbeck, verweist darauf, dass in einem Vergleich mit den Anwohnern der Beginn für den Rückbau der Unterkunft Björnsonweg erst für den März kommenden Jahres festgeschrieben ist.
Björnsonweg: Wurde der Auszugstermin der Geflüchteten vorverlegt?
In einem Schreiben an die Altonaer Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) will Rodenbeck nun wissen, warum die Bewohnerinnen und Bewohner der Unterkunft diese schon zum 17. März diesen Jahres verlassen sollen – also ein knappes Jahr vor dem angepeilten Termin.
Wie berichtet, hatten Anwohner gegen die Unterkunft zunächst geklagt, dann aber den Vergleich akzeptiert, wonach auf dem Gelände geförderte Wohnungen gebaut werden, die wiederum Geflüchteten zur Verfügung gestellt werden sollen.
Auch der einstige Kläger wundert sich über den Termin
„In den vergangenen Monaten hat es wegen des Umzugs erheblichen Stress und viel Unruhe bei den Geflüchteten gegeben“, so Rodenbeck zum Abendblatt. „Warum wird der Termin unter großem Zeitdruck durchgesetzt, obwohl es dafür rein rechtlich gar keine Notwendigkeit gibt?“
Rodenbeck habe auch mit den Klägern von einst gesprochen, diese seien über den Termin ebenfalls sehr erstaunt und auch von einem Auszug erst im kommenden Jahr ausgegangen.
Bezirksamt sieht Abriss in diesem Jahr als verbindlich
Der Sprecher des Bezirksamts, Mike Schlink, widerspricht dieser Interpretation. „In dem gerichtlichen Vergleich ist eine Verlängerung der Baugenehmigung über den 1. April 2023 hinaus ausgeschlossen und die Verpflichtung zum Rückbau ab dem 2. April 2023 geregelt“, sagt Schlink.
Im Übrigen sei grundsätzlich zu ergänzen, dass man sich zu einem Zeitpunkt zu der „Unterkunft mit Perspektive Wohnen“ entschlossen hatte, als es noch keinen Krieg in der Ukraine gab. Dieses Vorhaben sei vor zwei Jahren auf den Weg gebracht worden.
Feste Wohnungen als Beitrag zur Integration
Mit dem Bebauungsplanentwurf verfolge das Bezirksamt in Abstimmung mit der Bezirkspolitik das Ziel, langfristig eine bessere Integration zu ermöglichen. „Wir wollen die Menschen auf ihr Leben in den eigenen vier Wänden vorbereiten, und mit dem bald festzustellenden Bebauungsplan werden wir die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen dafür schaffen“, so Schlink.
Die Fraktionschefin der Altonaer FDP, Katarina Blume, will der Angelegenheit nun mithilfe einer Schriftlichen Anfrage auf den Grund gehen. Laut Blume trat der Vergleich im Jahr 2017 in Kraft. Darin sei ein Rückbau nach sieben Jahren geregelt.
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Fristbeginn für diese Sieben-Jahres-Frist sei laut Blume der Tag des „Wirksamwerdens“ des Vergleichs, also der 22. März 2017. „Dies bedeutet aus unserer Sicht, dass die Unterkünfte für Geflüchtete erst zum 27. März 2024 frei sein müssen“, so Blume. Entsprechend will sie in ihrer Anfrage nun wissen: „Warum wird die im Verwaltungsgerichtsbeschluss bestimmte Frist um ein Jahr vorgezogen?“
Vor dem Hintergrund der schon geleisteten Integrationsarbeit und der „guten sozialen Einbindung der Bewohnerinnen und Bewohner im Stadtteil“ sei das völlig unverständlich, zumal die Vermittlung der Geflüchteten in ortsnahen Wohnraum die Verantwortlichen derzeit vor erhebliche Probleme stelle, so FDP-Fraktionschefin Blume.