Hamburg. Bezirksversammlung Altona legt sich sich auf Vorzugsvariante für “freiRaum Ottensen“ fest. Wie sie den Stadtteil verändern soll.

Die Planungen für ein autoarmes Ottensen treten in die entscheidende Phase. Am Mittwochabend beschloss die Bezirksversammlung Altona die so genannte Vorzugsvariante, die weitreichende Änderungen beinhaltet, um das Kerngebiet des Stadtteils deutlich stärker als bisher vom Autoverkehr zu befreien.

Unter anderem sieht sie vor, größere Abschnitte der Bahrenfelder Straße und der Ottenser Hauptstraße weitgehend für den Durchgangsverkehr zu schließen. Die Große Rainstraße und die Große Brunnenstraße werden fast komplett autofrei, allerdings können Anliegerinnen und Anlieger mit privatem Stellplatz oder mit Schwerbehindertenausweis sowie Taxen und Moia-Fahrzeuge dauerhafte Ausnahmegenehmigungen erhalten. Alle anderen motorisierten Verkehrsteilnehmer können nur noch zeitlich beschränkt von 23 bis 11 Uhr dort fahren – oder in Einzelfällen Ausnahmegenehmigung beantragen.

Autoarmes Ottensen: Zahlreiche Parkplätze fallen weg

Zahlreiche Parkplätze werden vor Ort wegfallen, die Gehwege sollen erheblich verbreitert werden. Außerdem sind deutlich mehr Rad-Abstellmöglichkeiten im gesamten Projektgebiet vorgesehen. An den Rändern der verkehrsberuhigten Bereiche werden zudem so genannte „Pick-up-Points“ eingerichtet – Ladezonen, die auch von Handwerksbetrieben und Pflegediensten genutzt werden können. Und: Die Bahrenfelder Straße wird als zentrale Quartiersachse für den Radverkehr im nördlichen Abschnitt zur Fahrradstraße ausgebaut und in die Große Rainstraße weitergeführt.

Weitere Details, so sieht es der Beschluss vor, werden nun vom Bezirksamt Altona geprüft. Dazu gehört unter anderem die Erstellung der Verfahren von Ausnahmegenehmigungen. Außerdem soll geprüft werden, wo vor Ort Sitzgruppen und „Grüninseln“ installiert werden können und ob und wie eine Reduzierung des Busverkehrs im Quartier möglich ist, ohne die Erreichbarkeit zu sehr einzuschränken. Der Beschluss gilt als inhaltliche Grundlage für alle nun folgenden weiteren Verfahrensschritte.

Autoarmes Ottensen: FDP spricht von Steilvorlage für Gentrifizierung

Neben der Detailplanung wird es als nächstes auch darum gehen, Haushaltsmittel zur Umsetzung einzuwerben. „Anders kann man moderne Verkehrspolitik in der Stadt heute nicht mehr machen“, sagt CDU-Fraktionschef Sven Hielscher, der sich für die Variante eingesetzt hatte. „Der Verkehrsknotenpunkt Ottensen muss entzerrt werden.“

Für die FDP, die dagegen gestimmt hatte, sprach deren Fraktionschefin, Katarina Blume, von „grüner Klientelpolitik und Bevormundung von alteingesessenen Ottensern“. Blume weiter: „Es geht nicht darum, ob Ottensen verkehrsberuhigt wird, sondern wie. Eine bloße Flaniermeile quer durch den Stadtteil wird ein sehr teures Pflaster – und natürlich eine Steilvorlage für die weitere Gentrifizierung vor Ort.“

Das jetzt beschlossene Verkehrskonzept hatte sich aus insgesamt vier Varianten heraus kristallisiert, die wie berichtet, im Zuge des Projekts "freiRaum Ottensen – Das autoarme Quartier" erarbeitet worden waren. Alle vier wurden im Februar öffentlich präsentiert. Vor der endgültigen Entscheidungen hatte es, wie berichtet, im Quartier noch eine groß angelegte Bürgerbeteiligung gegeben. Dabei waren die Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel gefragt worden: Was sind ihre Bedarfe in einem autoarmen Ottensen? Oder: Wo sollen Freiräume entstehen?

"freiRaum Ottensen" – entstanden mit intensiver Bürgerbeteiligung


"freiRaum Ottensen – Das autoarme Quartier" ist aus dem Pilotprojekt „Ottensen macht Platz“ entstanden, das zwischen September 2019 und Februar 2020 einige Straßen im Kern von Ottensen als verkehrsberuhigten Raum erprobt hatte. Neben der intensiven Bürgerbeteiligung hatte es dazu im vergangenen Herbst auch eine Befragung von Gewerbetreibenden gegeben.

Darüber hinaus besteht seit Mitte August vergangenen Jahres der freiRaum Ottensen-Beirat. Als Vertretung für Anwohnerinnen und Anwohner aller Altersgruppen waren dafür vier Sitzinhaber und ihre Stellvertreter ausgelost worden. Lokale Gewerbetreibende konnten sich per Einigungsverfahren mit drei Sitzen für Handel, Handwerk und Gastronomie ihre Stimme im Beirat sichern. Zehn Sitze wurden mit Blick auf eine möglichst ausgewogene Repräsentanz an Institutionen und Initiativen vergeben.