Hamburg. Immer wieder krachen vornehmlich Senioren mit Pkw in Ladengeschäfte. Jetzt will das Bezirksamt einige Änderungen umsetzen.
In der Frage um die von Seniorenunfällen geplagte Waitzstraße will das Bezirksamt Hamburg-Altona nun rasch handeln: In der Groß Flottbeker Einkaufsstraße sollen kurzfristige Maßnahmen erfolgen, um "die gefährlichsten Stellen provisorisch zu sichern bzw. abzusperren", wie Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) am Sonnabend mitteilte. Die Maßnahmen sollen dem Verkehrsausschuss am Montag vorgestellt und dort abgestimmt werden.
Konkret erwäge man die Einführung von temporärem Längsparken an einigen Stellen. Auf der Nordseite wäre dann nur noch das Parken parallel zur Fahrbahn möglich, was den Verlust von etwa 30 Parkplätzen zur Folge hätte. Langfristig sei es außerdem möglich, jeden Schrägparkplatz mit einem im Boden verankerten Vollstahlpoller gegen den Gehweg abzusichern. Die Kosten dafür liegen bei 100.000 Euro. "Zudem streben wir ergänzend eine generelle Temporeduzierung in der Waitzstraße auf 10 km/h an", so von Berg.
Die Waitzstraße ist in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz Dutzender schwerer und spektakulärer Einparkunfälle geworden. Nicht selten krachten Pkw dabei mit großer Wucht in Ladengeschäfte und durchbrachen Scheiben. Häufig saßen Senioren hinter dem Steuer, die Gas und Bremse verwechselt hatten, oder eigentlich einen Rückwärtsgang einlegen wollten.
Unfälle an der Waitzstraße: Polizei und Gewerbe gefordert
Gefordert sei dabei auch die Polizei: "Wir wünschen uns von der Polizei vor Ort, zum Thema 'Verkehrsgefährdung durch Verlust der Fahrtüchtigkeit im Alter' aktiv zu werden", sagt von Berg. Denn wer Gas und Bremse oder den Vorwärts- mit dem Rückwärtsgang verwechsele, werde dies nicht nur in der Waitzstraße tun.
"Zudem erwarten wir von den Gewerbetreibenden der Waitzstraße wie auch von den dort angesiedelten Arztpraxen, dass sie mobilitätseingeschränkten Menschen Angebote machen", so von Berg. Alle seien aufgefordert, sich an der Lösung des Problems zu beteiligen.
Die Geschäftsinhaber jedoch drückt noch eine andere Sorge: Der von coronabedingten Umsatzeinbrüchen geschwächte Einzelhandel fürchtet um seine Stammkundschaft, die sich vor allem aus dem älteren Klientel zusammensetzt. Sollte eine größere Zahl an Parkplätzen wegfallen, würden gerade ältere und weniger mobile Menschen, so die Befürchtung, die Waitzstraße künftig meiden und andernorts einkaufen.
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Offenbar stellt von Berg dort langfristig sogar eine mögliche Begrenzung des Autoverkehrs in Aussicht: "Nicht zuletzt unterstützen wir selbstverständlich eine nachhaltige Mobilität und stehen deswegen der Diskussion über eine langfristige Mobilitätswende auch in der Waitzstraße sehr offen und wendig gegenüber", teilte sie mit. Die Sicherheit der Passanten auf dem Gehweg habe oberste Priorität.
Geschäftsinhaber an der Waitzstraße fürchten um Stammkundschaft
Alle bisherigen Bemühungen waren aber ohne nennenswerte Verbesserung geblieben: Ende 2018 hatte der Bezirk eine aufwendige Umgestaltung der Waitzstraße fertiggestellt, bei der Stadtmobiliar, wie Sitzbänke, Sitzwürfel und Bügel, eingebaut wurde. So sollte die Begrenzung der Parkplätze zum Gehweg hin deutlicher zu erkennen sein. Dennoch kam es weiter zu Unfällen, bei denen Autos aus Schrägparkplätzen heraus in Läden gefahren wurden.
Zuletzt hat die CDU-Fraktion das Bezirksamt scharf angegriffen: „Wir fühlen uns von der monatelangen Hinhaltetaktik und Tatenlosigkeit verschaukelt“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Seven Hielscher vor dem Wochenende. Denn die installierten Stadtmöbel sind nicht, wie ursprünglich vorgesehen, als Aufprallschutz zur Abwehr von Autos geeignet. Erst Ende Mai lenkte wieder ein Senior seinen Wagen versehentlich auf den Gehweg und in den Hauseingang einer HNO-Praxis. Der Poller konnte da nur wenig ausrichten.
Aus diesem Anlass hatte Bezirksamtsleiterin von Berg am Montag zu einem Krisengespräch mit den verkehrspolitischen Sprechern und den Altonaer Fraktionschefs von Grünen, CDU und FDP sowie Vertretern der Handelskammer und der Polizei geladen. „Die Erkenntnisse aus den vergangenen Monaten und auch aus dem Gespräch machen deutlich, dass wir zügig handeln müssen", schließt von Berg nun.