Hamburg. Vom „Arme-Leute-Essen“ zur Delikatesse – heute landet das erste Matjes-Fass aus Holland in Oevelgönne an.

Die Schauspielerin Yasmina Filali hat heute Vormittag im Hamburger Museumshafen Oevelgönne die diesjährige Matjes-Saison eröffnet. Die 41-Jährige trat als Botschafterin für das Holländische Fischereibüro auf. „Ich freue mich darauf, ab jetzt nur noch Matjes zu essen“, sagte Filali im Scherz. Sie habe die Vorliebe für Fisch quasi mit der Muttermilch aufgesogen, weil ihr Vater aus Ostfriesland stamme.

Mit einer Bootsfahrt und einer Verkostung wurde die Ankunft des ersten Matjes-Fässchen aus Holland gefeiert. Filali nahm im Namen des Hospiz Sternenbrücke die von Fischereiunternehmen gesammelten Spenden in Höhe von 11.111 Euro entgegen. Im vergangenen Jahr war noch die ehemalige „Glücksrad“-Fee und Ex-Dschungelkönigin Maren Gilzer Schirmherrin der Aktion gewesen.

Matjes ist jungfräulich, aber nicht jung

Matjes ist ein mildgesalzener, enzymatisch gereifter Hering, der fertig filettiert ist und keine erkennbaren Ansätze von Milch oder Rogen zeigt. Es kann also nicht jeder Hering ein Matjes werden. Er muss „jungfräulich“ sein, das bedeutet, er darf noch keine Geschlechtsprodukte (Milch und Rogen) gebildet haben. Denn nur dann hat er den hohen Fettgehalt, für den der Matjes berühmt ist. Ein Hering wird alle Jahre wieder „jungfräulich“. Ein Matjes ist also nicht unbedingt ein Jungfisch.

Das Wort „Matjes“ stammt vom holländischen „Maagdenharing“, was soviel wie „Mädchenhering“ bedeutet.

Erst die traditionelle Zubereitung macht aus den Heringen echte holländische Matjes. Die Fische werden in besonderer Weise ausgenommen, d.h.: „gekehlt“. Dabei werden die Eingeweide bis auf die Bauchspeicheldrüse entfernt. Diese sorgt mit ihren Enzymen für den einzigartigen Reifungsprozess und den charakteristischen Geschmack.

Wie die Holländer die Konkurrenz abhängten

Bereits im späten Mittelalter hatten Niederländer entdeckt, dass der Fisch durch das Kehlen länger frisch blieb. Dadurch konnten die Fischer weiter rausfahren und deshalb mehr fangen als die Konkurrenz. Mit besonderen Flachbodenschiffen brachten sie den Fang außerdem schnell an Land. Das verschaffte den Niederländern Vorsprung und legte die Basis für ein jahrhundertelanges Hering-Monopol.

Heute wird der Fisch vorwiegend maschinell gekehlt, anschließend gepökelt und tiefgefroren. Das ist gesetzlich vorgeschrieben, um Keime von Parasiten abzutöten. Durch das Einfrieren kann der Matjes nun aber auch das ganze Jahre über verkauft werden. Erst in den Niederlanden werden die Fische filetiert - vorwiegend von Hand.

In den Kühlhallen in Scheveningen stehen in diesen Wochen täglich Dutzende Frauen an den Stahlbecken. Die schnellsten schaffen 400 Fische in der Stunde.

Heringsbestände erholt?

Bis ins 20. Jahrhundert hinein kam Hering so häufig vor, dass er als „Arme-Leute-Essen“ galt. Doch gingen die Bestände aufgrund von Überfischung und ökologischer Probleme stark zurück, und der Wert des Fisches stieg deutlich. Heute unterliegt der Fang gesetzlichen Restriktionen, die Bestände in der Nordsee konnten sich erholen und wachsen sogar seit etwa zehn Jahren wieder, sagt die Fischindustrie. Umweltschützer warnen dagegen wieder vor Überfischung. In der Ostsee hat der Hering Probleme. Die Forscher rätseln über die Ursachen. Jährlich werden rund 550.000 Tonnen Hering gefangen. 25.000 Tonnen davon werden zu Matjes verarbeitet.

Deutschland der größte Abnehmer für holländischen Matjes. Die Hälfte der jährlich rund 180 Millionen holländischer Matjesheringe wird in Deutschland verzehrt, etwa 42 Prozent in den Niederlanden, der Rest in Belgien. Das Fanggebiet des Holländischen Matjes erstreckt sich in der Nordsee von Deutschland über Dänemark bis hoch nach Schottland und Norwegen.