Hamburg . Die Rückführung des Babys in die Familie sei „nicht nachvollziehbar“, sagt Melanie Leonhard bei der Präsentation eines Prüfberichts.

Die Hamburger Sozialsenatorin Melanie Lenonhard (SPD) hat das Jugendamt Altona im Fall des im Dezember gestorbenen Babys Tayler deutlich kritisiert: „Die Verletzungen von Tayler, die er im August letzten Jahres erlitt, sind bis zu seinem tragischen Tod ungeklärt geblieben. Trotzdem wurde er wieder in die Obhut seiner Mutter gegeben. Daher ist die Entscheidung zur Rückführung für mich aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar“, sagte Leonhard nach der Veröffentlichung des Berichts der Jugendhilfeinspektion am Montag.

Jugendamt hat Regeln nicht eingehalten

In dem Bericht, der dem Hamburger Abendblatt bereits vor Veröffentlichung vorlag, hatten die staatlichen Prüfer Mängel bei der Fallbearbeitung festgestellt. Vor allem kritisierten sie, dass bei der Rückkehr des Säuglings in die Familie die geltenden Regeln nicht eingehalten worden seien. „Dies erfolgte ohne erneute Risikoeinschätzung und ohne erneute kollegiale Beratung“, heißt es. Auch bei der Kommunikation mit dem „Rauhen Haus“ als Freien Träger und in der Dokumentation des Falls sehen die Prüfer Versäumnisse.

„Wir haben in Hamburg ein Qualitätsmanagementsystem eingeführt. (...) Sie sorgen auch dafür, das eigene Handeln und die eigene Einschätzung immer wieder auf den Prüfstand zu stellen", sagte die Senatorin am Montag. "Aber: Die Anwendung dieser Regeln muss sichergestellt werden. Das ist eine Aufgabe der Leitungskräfte in den Jugendämtern.“

Bezirksamtsleiterin ordnet Konsequenzen an

Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD) kündigte Veränderungen in den Abläufen im Jugendamt an. „Ich habe angeordnet, dass zukünftig in allen Fällen von Kindeswohlgefährdung eine kollegiale Beratung erfolgen soll. Außerdem ist die Dokumentation und die Berichtslegung für das Fallverstehen so wichtig, dass wir hierauf noch stärker achten müssen. Wir überprüfen zudem, wie wir freie Träger dichter führen und enger kontrollieren können.“

Bürgerschaftsparteien fordern Einhaltung der Regeln

Kritik kam von der Opposition. „Der Bericht der Jugendhilfeinspektion übertrifft leider jede Befürchtung, die sich nach den ersten Erkenntnissen aus dem Familienausschuss bereits aufdrängten: Er ist ein Armutszeugnis für die Arbeit des Jugendamtes, des ASD und des Trägers“, sagt der familienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Oetzel.

Die Landesvorsitzende der Grünen, Anna Gallina, bekräftigte, dass die bestehenden Regeln angewandt werden müssten statt nach neuen zu rufen. "Der Bericht zeigt für einige Beteiligte ein nicht zu akzeptierendes Maß an Unkenntnis über Anzeichen für Kindesmisshandlung, beispielsweise über Verletzungen, das deutlichen Handlungsbedarf für die Zukunft auslöst. Gemeinsam mit den Hochschulen möchten wir klären: Wie stellen wir sicher, alle Fachkräfte in diesem Bereich so aus- und weiterzubilden, dass sie Gewalttaten an Kindern erkennen können?", so Gallina.

Ähnlich argumentierte Uwe Lohmann, Fachsprecher Familie Kinder Jugend der SPD-Fraktion. Er erklärte zudem: „Es ist klug und dem traurigen Tod des Kindes geboten, nach der Vorstellung des Berichts im Fachausschuss zu einer genaueren Bewertung des Handelns der Akteure zu kommen."