Hamburg. In unserer Kolumne „Angekommen in Hamburg“ schreiben Flüchtlinge im Abendblatt. Heute: Michael Mengsteab aus Eritrea.

Wer in Deutschland essen geht, der wählt wahrscheinlich einen Italiener, irgendetwas Asiatisches oder eine Tapas-Bar. Die Spezialitäten aus meiner Heimat Eritrea kennt hierzulande kaum jemand. Dabei ist die eritreische Küche ziemlich lecker und gesund noch dazu. In der Gemeinschaftsküche der Flüchtlingsunterkunft, in der ich lebe, bereite ich die landestypischen Speisen so oft es geht selber zu. Nicht nur, weil ich sie sehr gerne mag, sondern auch, weil sie mich an meine Heimat erinnern.

Als ich neulich davon hörte, dass es in Hamburg seit Kurzem ein eritreisches Restaurant gibt, war ich überrascht – und neugierig. Mit den neuen Kollegen vom Abendblatt machte ich mich also auf den Weg zu „Elsas Bistro“ am Bahrenfelder Steindamm.

Wir hatten uns vorher angekündigt und wurden freudig von Elsa Hartmann empfangen. Sie stammt wie ich aus Eritrea und lebt seit 14 Jahren in Deutschland. Es tut gut, mit ihr in meiner Muttersprache Tigrinya zu sprechen. Selbstverständlich ist das nicht. In Eritrea gibt es schließlich neun gleichberechtigte Nationalsprachen. Als wir ankamen, baute Elsa gerade das eritreische Buffet für den Mittagstisch auf. Ich freute mich, als ich sah, dass es auch Injera gibt. Die sind eine Art Pfannkuchen mit einem speziellen Mehl (Teff-Mehl), die in Eritrea sehr häufig gegessen werden. Dazu gibt es verschiedene Beilagen wie Linsengemüse, Kohl, Aubergine, verschiedene Fleischsorten und selbst gebackenes Brot mit rotem Pfeffer. Elsa sagt: „Das eritreische Essen ist sehr kalorienarm.“ Sie kocht nur mit frischen Zutaten und kommt ganz ohne Sahne und Butter aus.

Als wir anfangen, die Injera zu essen, muss ich schmunzeln, weil die anderen am Tisch zu Messer und Gabel greifen. Ich erkläre: In Eritrea essen wir sie mit den Fingern. Man zupft einfach ein Stück Injera und greift damit dann nach den Beilagen. Das ist ganz einfach, und es gibt auch weniger zum Abwaschen.

Es sind besonders die Gewürze, die mich an zu Hause erinnern. Elsa sagt, dass sie einige traditionelle Gewürz­mischungen von ihrer Mutter erhält, die in Eritrea lebt. Das scheint auch bei den Hamburgern gut anzukommen. Inzwischen hat sich das Restaurant gefüllt. Viele Menschen sind aus den Büros gekommen, um hier in ihrer Mittagspause zu essen.

Die Flüchtlingsreporter des Hamburger
Abendblatts: Berj Baghdee Sar,
Mays Albeer,
Michael Mengsteab,
Sahar Raza und
Mohammad Shoaib
Rezayi (v. l.)
Die Flüchtlingsreporter des Hamburger Abendblatts: Berj Baghdee Sar, Mays Albeer, Michael Mengsteab, Sahar Raza und Mohammad Shoaib Rezayi (v. l.) © HA | Michael Rauhe

Dass es auf dem Buffet auch Nudeln gibt, ist übrigens keine Anpassung an die europäische Küche, sondern typisch für Eritrea. Das liegt daran, dass Eritrea von 1890 bis 1936 italienisches Kolonialgebiet war und danach bis 1941 Teil der Kolonie Italienisch-Ostafrika. Wer also einmal bei Elsas Bistro vorbei schaut, muss sich nicht wundern, wenn es auch Makkaroni gibt.

Zum Essen reicht Elsa arabischen Tee. Das tut gut, denn in Hamburg ist es inzwischen kalt geworden. In Eritrea trinken wir auch oft Tee zum Essen. Aber es gibt auch gute Biersorten in meiner Heimat. Das bekannteste Bier in meiner Heimat heißt übrigens Melotti und das schmeckt gar nicht so anders als das deutsche Bier, das ich natürlich auch schon probiert habe. Sowieso schmeckt mir vieles aus der deutschen Küche gut, zum Beispiel die Salate und das Grillfleisch.

Wenn ich für mich koche, dann kaufe ich meist in türkischen Geschäften ein. Natürlich bekomme ich auch viele frische Kräuter hier, aber die besonderen Gewürzmischungen sind nur schwer erhältlich. Dass ich inzwischen so gut kochen kann, liegt daran, dass ich in meiner Heimat gut aufgepasst habe. Eigentlich ist es in Eritrea traditionell so, dass die Männer das Geld verdienen und sich die Frauen um den Haushalt kümmern. Aber ich habe sie oft dabei beobachtet und mir vieles abgeguckt – zumindest einen deutschen Bekannten konnte ich schon von meiner Kochkunst überzeugen. Er kommt regelmäßig zum Essen bei mir vorbei. Nur beim Frühstück hätte ich wahrscheinlich Probleme bei der Überzeugungsarbeit: Da esse ich gerne Sardinen mit Tomaten mit Zwiebeln, Öl und viel Chili.

Der Text entstand in Zusammenarbeit mit unserer Redakteurin Juliane Kmieciak.