St. Pauli . Größtes maritime Fest der Welt beginnt. Kapazität ist mit 300 Schiffen erreicht. Behörden setzen auf HafenCity und neue Zielgruppen.
300 Schiffe, mehr als eine Million Besucher und volles Programm an Land – heute startet der 826. Hafengeburtstag. Zu den Höhepunkten zählen die Einlaufparade (Freitag, 17 Uhr), das Schlepperballett (Sonnabend, 17 Uhr), ein großes Feuerwerk (Sonnabend, 22.30 Uhr) sowie die Auslaufparade (Sonntag, 15.30 Uhr). Partnerland sind die Niederlande. Rund 10.000 Gäste aus dem Nachbarland wollen anreisen – falls die Lokführer mitspielen. Die wichtigsten Partygäste auf dem Wasser sind unter anderem die „Gorch Fock“, das Segelschulschiff der Marine, viele Großsegler sowie zwei Kreuzfahrtschiffe des Hauptsponsors Aida Cruises.
Nach Abendblatt-Informationen hat der Hafengeburtstag als Großereignis damit längst seine Kapazitätsgrenze erreicht. Sowohl die Wirtschaftsbehörde als auch die Hamburg Messe als Veranstaltungsbeauftragte und die Hamburg Port Authority sehen kaum noch Potenzial, die Zahl der bisher 300 Schiffe weiter zu erhöhen. Lediglich im Bereich der Kreuzfahrt werde das dritte Terminal, das im Frühsommer in Steinwerder seinen Betrieb aufnimmt, zusätzliche Kapazitäten schaffen. Auch bei der Besucherzahl soll es keine großen Steigerungsraten geben.
Traditionsschiffe auf dem Hafengeburtstag
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„Uns geht es nicht um immer mehr Besucher, sondern um neue Zielgruppen“, sagt Saskia Jöhnk, Sprecherin des Hafengeburtstages. Dazu gehörten kulturell interessierte Menschen und die Generation der Best Ager. Wie der Hamburger Trendforscher Professor Peter Wippermann dem Abendblatt sagte, müsse der Hafengeburtstag in der Zukunft internationaler werden. Wenn die internationale Attraktivität in den nächsten Jahren nicht deutlich steige, „bekommt er die Bedeutung eines regionalen Schützenfestes“.
Wirtschaftsbehörde will mehr Platz auf dem Gelände schaffen
In der Wirtschaftsbehörde als Veranstalterin ist das Problem bereits erkannt. Alle beteiligten Partner und Institutionen seien bemüht, die Chancen für die internationale Aufmerksamkeit noch besser zu nutzen, heißt es. Schließlich spiele der Hafengeburtstag als Imageträger und Schaufenster der Einzigartigkeit und Lebensqualität Hamburgs eine wichtige Rolle.
Die Behördenmitarbeiter bewerten es als Schritt in die richtige Richtung, dass es inzwischen jährlich einen Länderpartner gibt. Aktuelles Beispiel ist die Provinz Groningen in den Niederlanden. Um die Kooperation zu intensivieren, unterzeichnen Hamburg und Groningen am Wochenende eine Vereinbarung über erneuerbare Energien.
Was Sie über den Hafengeburtstag wissen sollten
Der Geburtstag
Hamburg feiert seinen 826. Hafengeburtstag - doch das ist laut Historiker Ralf Wiechmann „ein verlockender Humbug“. Der Hafen ist nicht 826 Jahre alt, sondern besteht mindestens schon seit dem frühen sechsten Jahrhundert. Am 7. Mai 1189 soll Friedrich Barbarossa den Hamburgern per Dekret eine zollfreie Fahrt auf der Elbe ermöglicht haben. Dass dieses Dokument gefälscht war, ist jedoch seit mindestens 100 Jahren bewiesen, bestätigt Mittelalterexperte Wiechmann. Im Mittelalter zelebrierte niemand die Geburtsstunde des Hafens - erst seit 1977 wird der Hafen jedes Jahr nach dem gefaktem Datum geehrt.
Die Besucher
Die Veranstalter erwarten wie jedes Jahr rund eine Million Besucher. Der durchschnittliche Geburtstagsgast ist laut Statistik 43 Jahre alt, bleibt 5,8 Stunden auf dem Fest und plant dabei 52 Euro in Bier, Krabbenbrötchen und Spektakel zu investieren. Vom Hafengeburtstag sind besonders die Inländer begeistert, neben Hamburger ist er auch für Niedersachsen ein Pflichttermin, an dritter Stelle stehen die Nordrhein-Westfalen. Nur fünf Prozent der Festgäste sind Ausländer. 1990 erreichte das Hamburger Volksfest einen Besucher-Rekord mit 1,5 Millionen Gästen. Damals reisten rund 200.000 DDR-Bürger mit ihrem Trabi oder im Zug in die Hansestadt.
Die Schiffe
Sechs Kreuzfahrtschiffe, die berühmte „Gorch Fock“ und die kleine „Flusi“: Wie in jedem Jahr tummeln sich rund 300 Schiffe im Hafenbecken. Der Hafen sei ausgebucht „bis auf den letzten Liegeplatz“, gaben die Veranstalter bereits im Vorfeld des Schiffsspektakels bekannt. Selbst „Flusi“, die einzige schwimmende Kirche Deutschlands wird ihren Weg zurück auf die Elbe finden. 2014 wurde nur wenige Tage vor dem Festtag festgestellt, dass die Schiffskapelle im Heckbereich verrottet war: „Flusi“ musste in die Werkstatt und konnte zum ersten Mal seit 1977 nicht am Hafengeburtstag teilnehmen.
Das Schlepperballett
Von Metallica bis Johann Strauß (Sohn) - sowohl die Musikauswahl als auch die Choreografie für das traditionelle Schlepperballett ist Chefsache. Hafenlotse Michael Schnabel plant das Sujet seit November, doch fürs Training ist nur wenig Zeit eingeplant. Per Email bekommen die fünf Schiffsführer der Tanzschlepper die geplanten Manöver zugeschickt, die sie sich in der Theorie einprägen müssen. Eine Stunde Praxistraining im Vorbecken des Hafens reicht für den perfekten Auftritt, sagt Choreograf Schnabel. Nur wenn Regen oder die Flut kommt, wird es schwierig die Position zu halten - „alles andere ist ein Kinderspiel“
Die Rekorde
Bei dem selbst ernannten „Fest der Superlative“ versuchten sich Geburtstagsgäste an Weltrekorden: 2004 gelang ein Eintrag in das Guinnessbuch, als 88.600 Sänger und Seemannsbarde Freddy Quinn den Klassiker „La Paloma“ als Geburtstagsständchen anstimmten.
Die Gefahren
Beim 820. Hafengeburtstag wollten drei Fallschirmspringer ihre Sprünge zeigen. Sturmböen verhinderten jedoch die Showeinlage: Zwei Männer wurden vom Wind mehr als 20 Kilometer weit weg getrieben - einer landete in Trittau, der zweite in Barsbüttel (beide Kreis Stormarn). Ein dritter Springer musste in der Elbe notlanden. Das Trio hätte wegen des heftigen Gewitters eigentlich nicht springen dürfen.
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Zudem plant die Hamburger Wirtschaftsbehörde, mehr Bewegungsraum auf dem Veranstaltungsgelände zu schaffen. Das Areal werde weiter „entzerrt“, kündigte Saskia Jöhnk an. Im Jahr 2020 zum Beispiel dürfte die HafenCity zum festen Bestandteil der Großveranstaltung geworden sein. „Auch der neue Olympia-Stadtteil zähle dann zu den Orten, an denen die Hamburger und ihre Gäste an der Elbe feiern“, fügte Jöhnk augenzwinkernd mit Blick auf Hamburgs Olympia-Bewerbung 2024 hinzu. Mehr noch: Stärker als bisher soll das größte Hafenfest der Welt künftig zu einer kulturell inspirierenden Veranstaltung werden. Eine besondere Rolle soll die Elbphilharmonie spielen. Sie soll zum „Anker“ des Hafengeburtstages werden. Dort könnten dann zum Event passende klassische Konzerte stattfinden. Auch das Bühnenprogramm dürfte eine kulturelle Aufwertung erfahren. Mit mehr Kultur und mehr Bewegungsfläche auf dem Veranstaltungsgelände werde das Hafenfest vor allem ältere Menschen anlocken, die das Event bislang meiden.
In der Zukunft noch mehr Prominenz?
Schon in diesem Jahr ist die HafenCity mit im Boot. Die traditionellen Wettkämpfe der ältesten Drachenboot-Regatta Deutschlands finden zum ersten Mal im Grasbrookhafen statt. Am Freitagabend treten Hamburger Institutionen gegeneinander an, am Sonnabend Drachenbootvereine und am Sonntag einzelne Teams.
Nach Ansicht von Trendforscher Professor Peter Wippermann bedarf es aber in Zukunft noch weiterer Impulse: Notwendig seien große LED-Leinwände – und noch mehr bekannte Gesichter. „Denn mehr Prominenz schafft mehr Bedeutung.“ In der Wirtschaftsbehörde heißt es dazu, dass die Hamburger in ihrer Mentalität „nicht ganz so auf Prominenz hin orientiert sind wie die Münchner beim Oktoberfest“. Gleichwohl werde die „wachsende Bedeutung der Veranstaltung tendenziell auch mit mehr bekannten Gesichtern einhergehen“.
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