Hamburg. Politiker werfen Parteispitze vor, nur SPD-Ziele festzuzurren und Konflikte zu scheuen. „Das Papier ist im Konjunktiv geschrieben.“

Die schärfste Kritik am Entwurf des rot-grünen Koalitionsvertrags kam aus dem Kreisverband Altona. „Das Papier ist im Konjunktiv geschrieben. Nur die roten Ziele sind festgezurrt. Wie wollt ihr euch aus dem Zwangskorsett von Olaf Scholz befreien?“, rief Gesche Boehlich, grüne Fraktionschefin in der Bezirksversammlung Altona, den Verhandlungsführern ihrer Partei zu. Und Fraktionsgeschäftsführer Lars Andersen warf der Parteispitze zudem eine „schlechte Strategie und fehlende Bereitschaft, in den Konflikt zu gehen“, vor.

Andere, wie etwa Christiane Blömeke, sahen das Ergebnis pragmatischer. Sie sieht in dem Vertrag eine „Arbeitsgrundlage“. Zwar bedauerte sie, dass beispielsweise die geschlossene Unterbringung für straffällige Kinder und Jugendliche kommen werde. „Wir mussten das schlucken.“ Es sei aber erreicht worden, dass diese Maßnahme durch weitere Hilfsangebote möglichst verhindert werde. „Ohne uns hätte es das nicht gegeben. Mit der CDU hätte es die geschlossene Unterbringung ohne Wenn und Aber gegeben.“ Allerdings habe sie sich gewünscht, dass die Ablehnung der Grünen in diesem Punkt wie auch die Zustimmung zur Stadtbahn im Vertrag zumindest festgehalten worden wäre.

Was der Koalitionsvertrag für Hamburg bedeutet

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    Jens Kerstan, Noch-Fraktionschef in der Bürgerschaft, sah dagegen „an vielen Stellen eine starke grüne Handschrift“ im Koalitionsvertrag. Es gebe mehr Chancen als Risiken. Außerdem erinnerte er an den Koalitionsvertrag mit der CDU. „Damals haben wir stolz wie Bolle dagestanden und uns nicht viele Gedanken gemacht, ob wir die Kraft haben, das alles umzusetzen.“ Das Ergebnis sei „wenig Glaubwürdigkeit“ gewesen. Nun gehe man nicht „die großen Leuchttürme“ an, aber viele kleinere Projekte.

    Anjes Tjarks, der wahrscheinlich nächste Fraktionschef der Grünen, sah nach der Abstimmung ein großes Vertrauen der Mitglieder in die Handelnden. „Ich bin mit dem Votum sehr zufrieden.“ Einzelinteressen hätten sich nicht durchsetzen können. Vielmehr habe überzeugt, dass die Grünen in vielen Bereichen hätten punkten können. Kerstan sagte, dass er auf seine neue Aufgabe als Umwelt- und Energiesenator mit Respekt blicke. „Es liegt ein großes Stück Arbeit vor mir. Die Grünen haben eine hohe Erwartung an mich.“

    Till Steffen sagte, er freue sich, nach seiner ersten Amtszeit (2008– 2010) wieder als Senator in die Justizbehörde zurückzukehren. „Es ist schön, wieder an der Stelle weiterzuarbeiten, wo ich aufgehört habe.“ Und Katharina Fegebank erklärte, sie habe es noch nicht verinnerlicht, dass sie nun Zweite Bürgermeisterin werde. „Das muss ich erst einmal sacken lassen.“