Nissa Groening und Pierre Ouvrard bieten feine Backwaren wie Macarons und Tartes an – aber natürlich auch Baguettes und Croissants.

Hamburg. Pierre Ouvrard nimmt eine Metallschüssel mit schwarzem Inhalt aus dem Kühlschrank und stellt sie auf die Arbeitsfläche. Die Masse aus Schokolade, Sahne, Vanille und Eiern lädt er sich auf einen Teigschaber und füllt sie anschließend in einen Spritzbeutel. Vor ihm liegen auf einem Rost mit Backpapier Dutzende braune, runde, münzgroße Stücke. Ouvrard spritzt die Schokoladencreme auf den Baiserteig. Der 44-Jährige ergreift ein zweites Rundstück und drückt es als Deckel obendrauf. Voilà – fertig ist das Macaron. Rund 200 Stück stellt er heute in seiner Backstube her.

Durch eine Glasscheibe können ihm die Kunden zusehen. Sie stehen in seinem neuen Laden in Ottensen. Seit ein paar Tagen hat die Hansestadt ein Stück mehr französisches Lebensgefühl. In der Pâtisserie an der Bahrenfelder Straße gibt es Klassiker wie Baguettes (für 1,90 Euro das Stück) und Croissants (1,40 Euro), aber auch süße Spezialitäten wie Tartelette au Chocolat (2,90 Euro), Tarte Citron (3,20 Euro) und Macarons (1,40 Euro). Alles frisch zubereitet in der Backstube, keine aufgeheizte Tiefkühlkost.

„Wir haben ein Alleinstellungsmerkmal. Eine französische Bäckerei in dem Format haben wir in Hamburg nicht“, sagt Nissa Groening. Die 38-Jährige ist die langjährige Freundin von Ouvrard, die Mutter der beiden gemeinsamen Kinder Noah, 8, und Lenny, 6, Mitbetreiberin des Geschäfts – und Ouvrads deutsche Stimme. Denn das Deutsch des Franzosen ist noch ausbaufähig. Groening: „Pierre versteht alles, aber selbst sprechen ist für ihn noch schwierig.“

Die junge Firmengeschichte beginnt mit einem Urlaubsflirt. 2002 lernen sich die Reiseverkehrskauffrau und der gelernte Drucker in der Karibik kennen. Sie werden ein Paar. Groening geht nach Frankreich, sechs Jahre lang lebt die Hamburgerin in Paris. „Es war immer klar, dass wir mal nach Deutschland ziehen werden. Mit Kindern ist Paris zu hektisch“, sagt Groening, deren Eltern schon in Ottensen und Altona aufgewachsen sind. Ouvrard nahm ein Abfindungsangebot an und bezahlte davon seine Ausbildung an der Ecole Gregoire Ferrandi zum Pâtissier. „Er ist schon immer ein Küchentüftler gewesen, sein Wunsch war immer, etwas mit Lebensmitteln zu machen“, sagt Groening. Anfang 2012 schließt er eine Zusatzausbildung mit Erfolg ab und kommt in die Hansestadt nach. Die Fernbeziehung ist passé, Ouvrard startet sein zweites Berufsleben.

Bei einem Caterer in Bahrenfeld findet er als Untermieter Unterschlupf und backt nach den von ihm kreierten Rezepten. Mit geringen Stückzahlen geht es los, er beliefert kleinere Cafés. Im Herbst 2013 sei man mit Sternekoch Christoph Rüffer ins Geschäft gekommen. Seitdem beliefert Ouvrad auch das Hotel Vier Jahreszeiten mit seinen Produkten. Mit den Profis zusammenzuarbeiten sei sehr schön, weil die verlässlich seien und genau wüssten, welche Mengen sie brauchen, sagt Groening: „Es war aber von Anfang klar, dass wir ein eigenes Geschäft eröffnen wollen.“

Im vergangenen Sommer unterschreibt das Paar seinen Mietvertrag. Weil sich die Sanierung des Gebäudes hinzieht, verspätet sich die Eröffnung um drei Monate. Sie nehmen bei der Hamburger Sparkasse (Haspa) einen Kredit über 80.000 Euro auf. Neben den Maschinen zum Backen, Brotformen und für die Kaffeespezialitäten schlägt vor allem die 20.000 Euro teure Vitrine ins Kontor. In ihr stehen die Feingebäckwaren. Gerade stellt Ouvrard in die Auslage einen kunstvollen Schwan, der aus Windbeutelteig mit Sahne besteht. Bis zu 1000 Euro Einnahmen erhoffen sich Groening und Ouvrard pro Tag aus dem Vitrinenverkauf. Damit wollen sie die Hälfte des Umsatzes erzielen, die andere Hälfte soll aus dem Verkauf von Baguettes, Croissants, Brot und Quiches stammen. Groening: „Wir wollen von Anfang an Gewinn schreiben, schließlich fangen wir nicht bei null an und sind schon bekannt.“ Nach und nach soll im Anschluss das Catering ausgebaut werden.

Bei der Haspa ist man vom Erfolg der Pâtisserie überzeugt. Die beiden seien mit Herzblut dabei, sagt Stefanie Huppmann, Leiterin des Start-up-Centers. „Für internationale Spezialitäten ist in Hamburg immer noch ausreichend Platz.“ Die schnell wachsenden Backshops und -ketten hinterließen aussichtsreiche Marktlücken für spezialisierte Anbieter. Huppmann: „Bei der Pâtisserie haben wir keine Zweifel, dass das Konzept aufgeht.“