Linke werfen dem früherem SPD-Abgeordneten Mark Classen eine Beratertätigkeit für ein umstrittenes Büroprojekt in Ottensen vor. Der frühere Bezirkspolitiker empfindet die Kritik als „unverschämt“.

Hamburg. Er habe geahnt, dass solche Vorwürfe eines Tages wohl kommen würden, sagt Mark Classen. Der frühere SPD-Bezirkspolitiker hatte sich vor einigen Monaten als Berater in Immobiliendingen selbstständig gemacht – und steht mit dieser Entscheidung nun mitten drin in einem der derzeitig heftigsten Streits über ein Neubauprojekt im Szenestadtteil Ottensen. Noch als Vorsitzender des Altonaer Planungsausschusses hatte Classen mitgewirkt, als es um das städtische Grundstück ging. Ein brachliegendes Parkplatzgelände an den Zeisehallen, wo die Unternehmen Quantum und Procom Invest rund 86 Wohnungen bauen wollten. Die Hälfte davon sollten Sozialwohnungen werden – deshalb wollte die Stadt das Grundstück in dem begehrten Ottensen günstiger als üblich verkaufen.

Er sei sehr stolz auf diesen ungewöhnlich hohen Anteil von geförderten Wohnungen, sagt Classen noch Anfang des Jahres. Doch wie berichtet, steuerte die Investorengruppe inzwischen um. Statt Sozialwohnungen soll ein Bürokomplex eines internationalen Werbekonzerns entstehen.

Bereits im September wird die geheim tagende Kommission für Bodenordnung der Bürgerschaft über den Verkauf des Areals voraussichtlich entscheiden. Gut 800 Arbeitsplätze sind im Gespräch, allerdings werden Hamburger Teile des Unternehmens dort zusammengeführt, ob Jobs wirklich neu entstehen, ist umstrittenen. Doch das reicht offensichtlich aus, dass sich in der Kommission eine Mehrheit für den Verkauf und auch den günstigen Verkaufspreis ausspricht. Vor allem weil der Deal auch von der in Hamburg regierenden SPD weitgehend getragen wird, wie es aus Komissionskreisen heißt. Pikant sind nun zwei Dinge. Die Neuplanung war bereits vor den Bezirkswahlen einigen der Beteiligten bekannt. Die Pläne wurden aber bewusst nicht zuvor in die Öffentlichkeit gebracht. Und: Ausgerechnet Classen ist nach seinem Ausstieg aus der Politik im Mai jetzt Berater der Zeise-Parkplatz- Investoren. „Das geht nicht“, sagt nun der Fraktionschef der Linken-Bezirksfraktion, Robert Jarowoy, und spricht von Interessenvermengung. Den Bau lehnt er ab: „Wir wollen keine Werbefuzzis, die hier noch mehr teure Eigentumswohnungen kaufen“, sagt der Linken-Politiker. Auch eine Bürgerinitiative befürchtet eine weitere Verteuerung des Stadtteils und hat eine Online-Petition (www.pro-wohnen-ottensen.com) dagegen gestartet.

Classen selbst empfindet die Kritik an seiner Tätigkeit als „unverschämt“. Als Politiker habe er den Wohnungsbau unterstützt, an der Neukonzeption sei er nicht beteiligt gewesen und habe die Investoren lediglich in Verfahrensfragen beraten. „Was soll ich denn machen, stempeln gehen?“, sagt Classen und wirkt ehrlich verärgert. Tatsächlich hatte der studierte Soziologe vor seiner Zeit als Kommunalpolitiker bereits im Immobilienbereich gearbeitet und Standortanalysen für Gewerbeansiedlungen erstellt. Übergangsgeld oder Diäten erhält er nicht. „Außerdem“, so sagt Classen, berate er nicht nur Investoren, sondern auch Bürgerinitiativen. „Hätte ich in meiner aktiven Zeit gegen den Wohnungsbau auf dem Zeise-Parkplatz gearbeitet, würde ich die Kritik verstehen – so aber nicht“, sagt er.

Andere frühere Kollegen aus der Altonaer Bezirksversammlung sehen den neuen Job Classens daher auch weniger kritisch. „Was soll er denn machen? Das ist sein Fachbereich“, sagt etwa der Grünen-Bezirksabgeordnete Christian Trede, der das Büroprojekt ablehnt: „Gerade in Ottensen brauchen wir bezahlbaren Wohnraum“, sagt Trede. Allerdings wiege das „Arbeitsplatzargument“ auch schwer, gegen neue Arbeitsplätze könnten die Grünen am Ende dann doch nicht stimmen.