Der Senat verhandelt mit dem Betreiber Pflegen&Wohnen weiter über den Standort Lutherpark. Immer deutlicher wird, dass es vorher gravierende Fehler auf beiden Seiten gegeben hat.
Bahrenfeld. Nachdem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die drohende Schließung des Pflegeheims Lutherpark in Bahrenfeld gestoppt hatte, haben die Verhandlungen über die Zukunft der Einrichtung begonnen. Pflegen&Wohnen, der private Betreiber des Heims mit noch rund 130 Senioren, und die Stadt verfolgen unterschiedliche Interessen. Während Pflegen& Wohnen dort aus wirtschaftlichen Gründen lieber Flüchtlinge unterbringen möchte, beharrt die Stadt darauf, dass kein Bewohner des Pflegeheims gegen seinen Willen ausziehen soll.
Immer deutlicher wird, dass es vorher gravierende Fehler auf beiden Seiten gegeben hat. Offenbar hatten sowohl der Betreiber als auch die Sozialbehörde als federführender Vertragspartner der Stadt das Wohl der anfangs noch knapp 150 Bewohner aus dem Blick verloren. Auslöser der Eskalation, die erst durch Scholz („Es kann nicht sein, dass irgendjemand Angst um seine Zukunft haben muss.“) vorerst beendet wurde, war das Ansinnen des Betreibers, in dem Heim 330 Flüchtlinge unterzubringen. Schon im August 2013 hat es ein entsprechendes Angebot an die Stadt gegeben, die wegen der steigenden Flüchtlingszahlen und eines Mangels an geeigneten Standorten darauf einging. Ergebnis der Einigung war ein Vertrag, der im Februar zwischen Stadt und Betreiber geschlossen wurde. Von diesem Vertrag würde Bürgermeister Olaf Scholz heute zurücktreten, falls keine einvernehmliche Einigung mit den Bewohnern über einen freiwilligen Auszug zustande kommt.
In Hamburg gibt es derzeit 1700 freie Betten in Pflegeheimen. Das sind rund zehn Prozent aller 17.500 Plätze in der Hansestadt. Hätte das ehemals städtische Unternehmen Pflegen&Wohnen den Bewohnern und deren Familien ausreichend Zeit gegeben und Ersatzplätze zum gleichen Preis angeboten, wäre es wahrscheinlich nicht zu dem öffentlichen Aufschrei gekommen. Doch der Betreiber informierte sehr kurzfristig über eine anstehende Schließung. Rund 20 Bewohner haben die Einrichtung seither verlassen. Und die Empörung in der Stadt ist groß.
Fest steht: Das Pflegeheim ist offenbar wirklich nicht wirtschaftlich zu betreiben. Es drohe wie gerade bei sieben Hamburger Heimen der Caritas eine Insolvenz. Zumindest stellte Pflegen& Wohnen es so dar. In diesem Fall müssten die Bewohner das Heim verlassen, und niemandem wäre geholfen. Pflegen &Wohnen wies darauf hin, dass eine Unterbringung in anderen Heimen teurer sei. Mit finanzieller Unterstützung seitens der Stadt kann der Betreiber aber nicht rechnen. „Man kann Probleme nicht immer mit Geld lösen“, lautet das Credo im Rathaus.
Als eine mögliche Lösung gilt, dem Betreiber zusätzliche Möglichkeiten für die Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt zu ermöglichen. Aus den Profiten könnte Pflegen&Wohnen dann die zusätzlichen Kosten für die Pflege der Lutherpark-Bewohner in anderen Einrichtungen bestreiten. So ähnlich könnte die Aussage von Scholz verstanden werden, als er sagte, dass er nicht von einer Kündigung des Vertrags über eine Flüchtlingsunterkunft ausgehe, sondern von einer Einigung.
Die grüne Sozialpolitikerin Katharina Fegebank kritisiert jedenfalls, dass der Senat die Pflegebedürftigen zu lange im Ungewissen gelassen habe. „Der Senat hat viel zu spät gehandelt. Hier wären frühzeitige klare Ansagen notwendig gewesen. Die SPD versucht nun hektisch, dem Betreiber den Schwarzen Peter zuzuschieben und sich selbst als Retter der Pflegebedürftigen aufzuspielen.“
Es könne niemand ernsthaft glauben, dass die zuständige Behörde völlig ahnungslos den Vertrag mit den Betreibern geschlossen habe, ohne über die Folgen für die betroffenen Menschen nachzudenken, sagt Fegebank.
Dabei sei das eigentliche Problem noch gar nicht gelöst. „Wenn die betroffene Einrichtung defizitär ist, läuft es letztlich immer noch auf eine Schließung hinaus. Das werden auch die Behörde und der Bürgermeister wissen.“ Eine dauerhafte Lösung für die Bewohner stehe also weiter aus. „Statt markiger Sprüche wäre ein politisches Konzept gefragt, um mit dem Betreiber zusammen die schwierige Situation im Lutherpark zu lösen.“
Kersten Artus (Linke) spricht von einer „sozialpolitischen Blamage“ des Senats, der sich nun in Schadensbegrenzung versuche. Das eigentliche Problem sehe sie darin, dass die Stadt die Pflege alter Menschen privatisiert habe. „Die Insolvenz bei der Caritas zeigt, wie brutal menschliche Bedürfnisse Wirtschaftlichkeitsfragen unterworfen sind. Pflegebedürftige sind im Markt nur noch Kostenfaktoren.“
Der Heimbetreiber Pflegen&Wohnen wollte sich am Mittwoch wegen der laufenden Verhandlungen nicht zu dem Thema äußern.