Menschen legten Blumen und Kerzen vor dem Haus an der Eimsbütteler Straße nieder, die Flüchtlingsbeauftragte Fanny Dethloff hielt eine Ansprache. Auch der Vater, der seine Familie verlor, war an dem Haus.

Hamburg. Vor dem Haus liegen Tulpen, Rosen, Hyazinthen und Primeln, dazwischen stehen Kerzen und zwei Kuscheltiere. Immer wieder legen Passanten Blumen nieder, bleiben kurz stehen und gedenken der zwei Kinder und ihrer Mutter, die am Mittwochabend in dem grünen Haus an der Eimsbütteler Straße, einer Flüchtlingsunterkunft, durch ein Feuer gestorben sind. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Fanny Dethloff, Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche, ist gekommen und hält eine kurze Ansprache. „Das Schicksal dieser Menschen macht mich sprachlos“, sagt sie. Erst am Donnerstag seien wieder 1100 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa gekommen, viele von ihnen hätten das nicht überlebt. „Es beschädigt unsere Lebensfreude, wenn die Lebensfreude anderer aufs Spiel gesetzt wird“, sagte die Pastorin und bat um eine Gedenkminute.

Während Nachbarn, ehemalige Bewohner, Passanten. Mitarbeiter von Flüchtlingsorganisationen und Journalisten schwiegen, transportierten Arbeiter mit Mundschutz und blauen Overalls Schutt, verkohlte Türen und Wandverkleidungen aus dem Haus. Aus dem Haus drang stechender, kalter Brandgeruch.

Auch der Vater, der im Feuer seine Frau Nacia und seine Söhne verloren hat kam am Donnerstag an dem Haus an. Er fuhr in einem dunklen BMW mit Augsburger Kennzeichen vor. Immer wieder verbirgt er sein Gesicht in den Händen, zwischendurch schaut er fassungslos zum Haus hinüber, in dem die Pakistaner seit einem Jahr gewohnt haben. Der Wagen hält an, zwei Männer kommen heraus: Ein Freund, der aus Bayern gekommen ist, sobald er von dem Unglück gehört hat, und der Onkel der kleinen Jungs, die gestorben sind: Daniel, 6, und Rahman, 7. Die beiden Begleiter reden mit den Männern, die das Haus bewachen. „Keine Interviews, bitte respektieren sie unsere Trauer“, sagt der eine. Dann kehren sie zu dem Auto zurück, in dem der verzweifelte Vater sitzt, und fahren nach einiger Zeit wieder weg.

Gerettete Familie: Alles ist weg

Auch Familie Babaev ist gekommen. Sie waren von der Feuerwehr aus der zweiten Etage gerettet worden, bekleidet nur mit Pyjamas. „Alles ist weg, unser Anziehsachen, unsere Schulsachen, unsere Handys“, sagt Noorana Babaeva, die 19-jährige Tochter. Was sie, ihr Bruder Noorlan, 17, und ihre Eltern Meherziban und Namik jetzt anhaben, haben sie gekauft; das Geld haben sie am Donnerstag vom Sozialamt bekommen. In die Notunterkunft, die ihnen in einer Bergedorfer Siedlung zugewiesen wurde, sind sie nicht gezogen. „Die hygienischen Verhältnisse waren unzumutbar“, sagt Noorana. „Wir wären in zwei verschiedenen Blocks untergebracht worden und hätten uns das Bad mit vielen anderen Menschen teilen müssen. Meine neunjährige Schwester Aysel hat nur noch geweint.“

Die Familie hat in der Wohnung eines Verwandten in Steilshoop geschlafen, behelfsmäßig auf Fußboden und Sofa, Decken mussten sie sich teilen. Die Babaevs fühlen sich im Stich gelassen. Ein Mitarbeiter von „Fördern und Wohnen“, der vor Ort ist und von Noorana gefragt wird, wie es weitergeht, kann ihr auch nicht weiterhelfen. „Als ich ihn gefragt habe, ob das Haus wieder bewohnbar sein wird und ihn auf die Rissen in der Rückfassade aufmerksam gemacht habe, hat er sich abgewendet und mich stehen gelassen“, sagt die Zwölftklässlerin, die noch immer unter Schock steht.

An Brandstiftung will die Familie nicht glauben. „Es war alles veraltet, da ist ein technischer Defekt gut vorstellbar“, sagen die Aserbaidschaner. Dennoch: Die Haustür war kaputt, man konnte sie nicht abschließen. „Eigentlich“, sagt Noorana, „konnte hier jeder rein.“

Die Organisation Pro Asyl hat sich erschüttert gezeigt. Dass Brandstiftung als Ursache des Feuers in einer Flüchtlingsunterkunft vermutet werde, erfülle Pro Asyl mit großer Trauer und Anteilnahme „und mit Besorgnis um die Sicherheit von Flüchtlingen und Migranten in Deutschland“, erklärte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Die Vorgänge müssten mit Hochdruck aufgeklärt werden. Pro Asyl unterstütze die Aufrufe der Zivilgesellschaft in Hamburg, den Überlebenden zur Seite zu stehen und Solidarität mit Flüchtlingen zu zeigen.