Zwei Hamburger verhelfen alten Kinderkoffern zu einer zweiten Karriere: Sie bauen sie zu tragbaren Soundsystemen um.
Hamburg. Musik, die aus Kinderkoffern schallt? Für Tilo Portig und Christopher Zielske aus Hamburg ist das nichts Ungewöhnliches – eher sogar etwas völlig Alltägliches. Denn die beiden haben es sich zur Aufgabe gemacht, alten Kinderkoffern eine neue Bestimmung zu geben und sie zu tragbaren Soundsystemen umzubauen. „Das dient nicht nur der Nachhaltigkeit, es ist auch praktisch und sieht zudem noch schön aus“, sagt Portig. “Jeder Koffer ist ein Unikat.“
Christopher Zielske, 24, ist im letzten Semester seines Archäologie-Studiums; der 25-jährige Tilo Portig hat Kunstgeschichte studiert. Doch einen Großteil ihrer Zeit investieren die beiden inzwischen in ihr Koffer-Projekt. Und damit haben sie alle Hände voll zu tun. „Gerade jetzt vor Weihnachten war die Nachfrage so groß, dass wir gar nicht mehr hinterherkamen“, erzählt Christopher Zielske.
Die Idee hatte Portig, als er im Mai dieses Jahres beim Umzug seiner Mutter seinen alten Kinderkoffer wiederfand. „Der war mir zu schade zum Wegwerfen“, sagt er, „deshalb habe ich dann überlegt, was man daraus noch machen kann.“ Und weil Portig und Zielske beim sommerlichen Grillen im Park gern Musik hörten und ihnen dafür noch die passenden Boxen fehlten, kamen sie auf die Idee, den Kinderkoffer zu einem mobilen Soundsystem umzubauen. Unterstützung gab es dabei von einem befreundeten Tontechniker. Und der erste klingende Kinderkoffer erregte beim Grillen im Park dann gleich Aufsehen: „Da sprachen uns gleich eine ganze Reihe von Leuten an und fragten, woher wir das Gerät hätten“, erzählt Portig. „Und so kamen wir dann auf die Idee, dass man solche Koffer eigentlich auch verkaufen könnte.“
Und so erstellten die beiden dann ihre eigene Facebook-Seite, auf der sie Fotos ihrer Kreationen zeigen. „Wer einen Koffer kaufen will, kann uns dort einfach kontaktieren“, sagt Zielske. Außerdem fragten die beiden in einigen Hamburger Läden (s.u.) nach, ob sie ihre Klangkoffer dort anbieten könnten. „Und mittlerweile kommen auch häufiger Ladenbetreiber auf uns zu, weil sie die Koffer toll finden und gern in ihrem Sortiment hätten“, erzählt Zielske. „Inzwischen müssen wir keine Klinken mehr putzen!“ Anfragen bekommen sie aus aller Welt, „neulich sogar aus Australien“, erzählt Portig. Preislich liegen die Koffer zwischen 139 und 189 Euro, je nach Größe und Qualität.
Damit aus einem alten Kinderkoffer eine tragbare Musikanlage wird, ist eine ganze Menge Arbeit nötig, erzählen die beiden. Erst mal sei es gar nicht so einfach, an hübsche Koffer und an funktionstüchtige alte Lautsprecher zu kommen. „Die finden wir meist auf Flohmärkten oder bei Haushaltsauflösungen“, erzählt Zielske. Ist das Grundmaterial beschafft, müssen die Lautsprecher aus den Boxen geholt und in neue, passgenaue Gehäuse eingesetzt werden – auch die sind selbst gebaut. „Die Gehäuse beziehen wir dann noch mit Papier oder Stoff“, erklärt Portig. „Dann bringen wir noch den Klinkestecker, Lautstärkeregler und Batteriehalterung an.“ Im Grunde seien sie Tischler, Techniker und Künstler in einem.
„Kein Koffer ist wie der andere“, sagt Portig. „Und wir benutzen auch immer nur alte Koffer, die ihre eigene Geschichte haben“, fügt Zielske hinzu.
Das große Geld machen sie mit den klingenden Koffern bisher nicht – „aber das ist uns auch gar nicht so wichtig“, sagt Tilo Portig. „Wir machen das vor allem aus Liebe zur Sache.“ In jedem Unikat stecke eine ganze Menge Herzblut. „Am Ende möchten wir im Grunde jeden Koffer am liebsten selbst behalten“, sagt Portig und grinst.
Derzeit basteln die beiden ihre tragbaren Soundsysteme noch in Portigs eigenen vier Wänden – einer Einzimmerwohnung in der Schanze. „Aber das ist so keine Dauerlösung“, sagt der 25-Jährige und grinst. „Eine richtige Werkstatt wäre schon nicht schlecht, damit ich zu Hause auch mal wieder Besuch empfangen kann.“ Sobald sie eine passende Werkstatt gefunden haben, wollen Tilo und Christopher expandieren und noch mehr Koffer bauen.
Wer zu Weihnachten einen Klangkoffer verschenken möchte, muss sich ranhalten. „Es gibt nur noch zwei, drei Exemplare“, sagt Christopher. Im nächsten Jahr soll die Produktion dann weitergehen. Alte Boxen sind bei Portig und Zielske immer willkommen.
Weitere Informationen unter www.kinderkofferklaenge.de
In diesen Geschäften kann man die Kinderkoffer kaufen:
Frau Schneider (Stresemannstraße 13)
St. Pauli Tourist Office (Wohlwillstraße 1)
Kleine Freiheit 1 Laden (Kleine Freiheit 1)
Kunstkiosk (Paul-Roosen-Straße 5)
Kaufhaus Hamburg (Lange Reihe 70)