Die vom Bezirk verordneten Lärmschutzschirme stehen vor den Cafés an der Susannenstraße. Ob sie wirklich etwas bringen, ist noch unklar.

Hamburg. Lange wurde über den Sinn der Lärmschutzschirme diskutiert. Jetzt sind sie da, die Schirme, von denen sich viele Anwohner und der Bezirk Ruhe an der belebten Susannenstraße erhoffen. Nach langem Hin und Her und einigen Verzögerungen sind sie nun geliefert worden. Zwölf von ihnen stehen aufgespannt vor den Kneipen und Cafés.

Die Erwartungen an die Schirme der Firma Bikatec sind groß. Sie sollen den Lärm, der durch die Außengastronomie entsteht, nach oben hin für die Anwohner abfangen. Laut Angaben des Herstellers kann der Lärm um zwei bis sieben Dezibel reduziert werden - so viel, wie vom Bezirk gefordert. Durchschnittlich liegt die Lärmbelastung an der Susannenstraße bei etwa 65 Dezibel.

Die Lärmschutzschirme sind für alle Gastronomen an der Susannenstraße Pflicht. Ohne Schirm keine Lizenz für die Außengastronomie. Nirgendwo sonst in Hamburg gibt es eine solche Vorschrift, wie sie im vergangenen Frühjahr von der rot-grünen Mehrheit in der Bezirksversammlung beschlossen wurde.

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Wolfgang Kaeser (SPD), Vorsitzender im Ausschuss für Verbraucherschutz, ist zuversichtlich, dass die Schirme das Lärmproblem lösen können. "Uns wurde von Experten zugesichert, dass die Schirme die Dezibelzahl zumindest mindern können", sagt er. "Wir werden nun die Sommersaison abwarten und sehen, ob es trotzdem erneut zu Beschwerden kommt." Dass an dem Beschluss, ähnlich wie im Fall der wieder gelockerten Regelung zur Gehwegbreite , wieder gerüttelt wird, hält er für unwahrscheinlich.

Davoud Cheraghi macht das wütend. Wenn er auf die beiden Schirme schaut, die seit ein paar Tagen vor seinem Café „Presse“ stehen, dann kann er nur noch mit dem Kopf schütteln. Die Anschaffung, sagt er, habe ihm "den Rest gegeben". „7000 Euro haben sie zusammen gekosten." Erst im vergangenen Jahr musste er 9000 Euro für die Aufpflasterungsarbeiten für die neuen Außenflächen berappen. „Jetzt sind wir pleite."

Dass die kommende Sommersaison das Konto wieder ausgleichen kann, glaubt er nicht. „Wenn die Sonne scheint, müssen die Leute an der Susannenstraße jetzt unter dem Schirm im Schatten sitzen. Bei schönem Wetter gehen sie jetzt lieber direkt zur Piazza am Schulterblatt durch, wo es noch Sonnenplätze gibt."

Wie viele seiner Gastro-Nachbarn blickt er mit Argwohn auf das Schulterblatt. „Auf der Piazza gibt es mehr Platz, keine Schirmpflicht und längere Öffnungszeiten“, sagt Cheraghi. Die Piazza, der weitläufige Gastrobereich gegenüber der Roten Flora, ist vielen Wirten an der Susannenstraße deshalb ein Dorn im Auge. Die Schirme würden die Konkurrenz noch verschärfen. Dazu kommt der Unglaube an die Wirksamkeit der Schirme: "In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob die Schirme wirklich den Lärm reduzieren können", sagt Yildiz Seyfeddin, Geschäftsführer des türkischen Restaurants "Lokma". So richtig könne er sich das noch nicht vorstellen.

Cheraghi vom Café "Presse" hat nicht mehr die Geduld, sich die Entwicklung noch länger anzusehen. „Wenn diese Saison so läuft, wie befürchtet, muss ich den Laden zumachen“, sagt er. Er und seine Frau Malyam Mirmehdi, mit der er die Bar seit 12 Jahren führt, wirken erschöpft. Sie schmeißen den Laden mittlerweile allein. Personal können sie sich nicht mehr leisten. „Im vergangenen Jahr hatten wir noch acht Mitarbeiter. Im letzten Monat mussten wir den letzten vier Mitarbeitern kündigen.“

Bei der Anwohnerinitiative-Schanzenviertel, die sich in der Vergangenheit häufig über den Lärm und die "Ballermannisierung" beschwert hat, ist man sich noch unsicher, ob die Schirme den Lärm wirklich reduzieren können. Ein Mitglied, das direkt an der Susannenstraße lebte, habe jedoch noch keinen Unterschied feststellen können. Laut Ansicht einiger Wirte ist es aber wohl tatsächlich ruhiger geworden - ganz einfach, "weil unter den Schirmen bei gutem Wetter niemand sitzen will".