Der Harz hat, entgegen dem Ruf des staubigen Waschbeton-Eldorados, Überraschendes zu bieten. Besucher werden zum Naturerlebnis gelockt. Übernachten können sie im Naturresort Schindelbruch.
Wie Wachposten stehen links und rechts glänzende Metallrüstungen am Eingang, strahlen strenge Kühle aus. Einen Moment überlegt man, ob ein weißer Bademantel hier wirklich die richtige Bekleidung ist. Aber der Zweifel verfliegt schnell. Am Ende des Gangs leuchtet warmes Rot, hinter einer Glastür empfängt uns mit leisem Wassergurgeln ein stattliches Schwimmbecken. Zu erkunden ist ein Saunadorf mit finnischer Sauna, Dampfbad und Sanarium, einem Kneipptretbecken und zehn Behandlungsräumen – Wellness auf 2000 Quadratmetern.
Nach vollem Programm kommen die Ruhephasen
Jeden Tag gibt es Aquafitness, auch ein eigenes Schwimmbecken für Familien mit Kindern hat gerade eröffnet. Am schönsten aber sind die Ruhephasen, auf Wasserbetten oder Hängeschaukeln entspannt man hinter hohen Panoramafenstern mit Blick in den Bergwald des Naturparks Harz.
Das dreistöckige Badehaus ist die jüngste Neueröffnung im Naturresort Schindelbruch. Schon die Fürsten Stolberg zu Stolberg hatten 1928, sieben Kilometer von ihrem Sitz im Stolberger Schloss entfernt, ein Jagdhaus am Großen Auerberg errichtet. Das Fachwerkhaus ist inzwischen grundsaniert und zum Gartencafé umgebaut, rundherum ein Hotelkomplex mit insgesamt 91 stilsicher eingerichteten Zimmern und sieben Suiten entstanden. Darunter auch acht rustikale Jägerzimmer in Blockhütten und das Ferienhaus „Eichenforst“ mitten im Buchenwald.
Apropos Wald: Der ist Programm in dem Resort, das zu den wenigen im Harz der Kategorie „Vier Sterne Superior“ gehört. Dass das so ist, hat mit dem Eigentümer Clemens Ritter von Kempski zu tun. Der Düsseldorfer mit Vorfahren aus dem polnischen Uradel hatte 1994 den Forstbetrieb am Auerberg von der Treuhand gekauft. Inzwischen bewirtschaftet er 2500 Hektar Wald mit seiner Jagd- und Forstgesellschaft Stolberg/Harz mbH. „Der Wald hier ist so eindrucksvoll, dass ich mehr daraus machen wollte als nur Holz zu produzieren“, sagt von Kempski.
Mitten im Wald entsteht das Wellness-Hotel
Er kaufte ein heruntergewirtschaftetes Hotel, das nach der DDR-Zeit am Schindelbruch entstanden war. 2003 eröffnete er es mit einem ausgefeilten Nachhaltigkeitskonzept neu und baute es – trotz großer Skepsis in der Region – zur heutigen Größe aus. „Wir sind kein Wellness-Hotel, sondern ein Lebenslust-Hotel“, so der studierte Mediziner und Betriebswirt, der auch schon als Berater unterwegs war, Krankenhäuser betrieb und inzwischen samt Familie fest verankert ist im Sachsen-Anhaltinischen. Wichtig sind ihm „Bodenständigkeit und Authentizität mitten im Wald und auf hohem Niveau“.
Schon in der lichten Lobby des 2010 eröffneten Haupthauses wird das deutlich. Besonders schön: eine grüne Wand mit zahlreichen Pflanzen, eigentlich ein Beet in der Senkrechten, das von hinten bewässert wird. Davor hängt ein riesiger Kronleuchter aus Meißner Porzellan mit schön gearbeiteten Hirschmotiven, eine Entdeckung des Hausherrn.
Es gibt eine Bibliothek im Landhausstil und ein Spielezimmer. Auf einer offenen Treppe geht es in die Beletage, wo der Gast viel Raum zum vergnüglichen Lesen und Entspannen in gemütlichen Armsesseln hat. Auch die Zimmer sind großzügig geschnitten, 25 bis 33 Quadratmeter groß. 26 Zimmer sind elektrosmogreduziert. Seit 2009 darf sich der Hotelkomplex mit dem Titel „Klimaneutrales Hotel“ schmücken. Darauf ist Susanne Kiefer, die das Haus mit 60 Mitarbeitern seit August führt, besonders stolz. Geheizt wird mit Pellets, es gibt einen eigenen Brunnen, eine Bio-Kläranlage und Fotovoltaik auf dem Dach. „Das Familien-Schwimmbad wird mit der Abluft aus den Kühlhäusern der Hotelküche beheizt“, sagt die Hotelchefin.
Bitte nicht zu spät zum Essen kommen
Die Küche ist ein besonders wichtiger Bereich. Sowohl Tagungsgäste als auch Urlauber wählen häufig Halbpension im Schindelbruch, auch weil es keine außerhäusige Lokalität in der Nähe gibt. Die beiden großen hoteleigenen Restaurants öffnen um 18 Uhr zum Abendessen. Und es ist ratsam, frühzeitig zum Büfett zu erscheinen. Im Frühjahr soll ein Gourmetrestaurant mit 20 weiteren Plätzen und eigener Küche an den Start gehen. Insgesamt will Küchenchef Stefan Heyne die regionale Küche weiter ausbauen. Das ist eine gute Idee, denn Kalbsgulasch, Entenbrust und Fischfilet gibt es auch sonst überall auf den Speisekarten der Republik. Eine Entdeckung nach dem Essen war ein Harzer Hochlandwhisky, gebrannt im nahen Zorge.
Der Harz bietet viele Naturerlebnisse
Der Harz hat, entgegen dem Ruf des staubigen Waschbeton-Eldorados, inzwischen Überraschendes zu bieten. Wie schon die deutschen Großdichter Goethe und Heine, werden die Gäste zum Naturerlebnis gelockt. Direkt am Hotel starten mehrere Wanderwege, unter anderem zum Josephskreuz auf 580 Höhenmetern. Von dem Aussichtsturm, übrigens das größte Doppelkreuz der Welt, 1896 nach dem Vorbild des Pariser Eiffelturms errichtet, hat man bei gutem Wetter einen grandiosen Rundblick über den Südharz. Etwas weiter entfernt, aber gut erreichbar sind das Kyffhäuser-Denkmal und die Harz-Metropole Quedlinburg.
Endlich den Spa-Bereich genießen
Aber egal, wie man den Tag verbringt, am Ende führen alle Wege in den Spa-Bereich des Hotels. Die beiden Ritterrüstungen am Eingang, das ist Hausherr von Kempski wichtig, sind übrigens original polnischer Herkunft – und keinesfalls als Türsteher zu verstehen. Weiße Bademäntel jedenfalls sind hier genau richtig.