Hamburg. Er ist einer der kreativsten Köpfe der Hamburger Gastroszene, legt dabei Wert auf Nachhaltigkeit und hat ständig neue Ideen.

Die Paul-Roosen-Straße liegt mitten auf St. Pauli. Fabio Haebel hat auf der Terrasse seiner XO Seafoodbar Platz genommen, serviert Espresso. Auf der anderen Straßenseite fällt der Blick auf einen Dönerimbiss und einen Kiosk. Die Große Freiheit beginnt direkt gegenüber, nur ein paar Hundert Meter weiter reihen sich Bars und Clubs aneinander. „Ich finde diese Gegend sehr spannend, weil sie so viele Facetten hat. Auch gastronomisch hat sich hier einiges entwickelt“, sagt Haebel.

Fabio Haebels neuestes Projekt: die XO Seafoodbar

Sein neuestes Projekt – direkt gegenüber betreibt er das mehrfach ausgezeichnete Restaurant Haebel – ist die XO Seafoodbar. „Ich war immer begeistert von diesem historischen Gebäude. Hier gab es einst das Kurbad St. Pauli, später war es mal ein Massage­salon mit Happy End und zum Schluss ein Café.“ Doch die Betreiberin hatte keinen Erfolg, und schließlich wurde Haebel die Fläche angeboten, die er mit Liebe zum Detail umgebaut hat. Kunstwerke an der Wand und Skulpturen fallen ins Auge.

Wilde Austern aus dem Wattenmeer

In der offenen Küche können Gäste die Köche bei der Arbeit beobachten. Und denen soll es an nichts fehlen. „Wir legen bei Lebensmitteln, die wir einkaufen, größten Wert auf Nachhaltigkeit, das gilt natürlich auch für den Fisch. Wir wählen unsere Lieferanten sorgfältig aus. Mir ist wichtig, die besten Produkte zu einem fairen Preis zu servieren“, sagt der 34-Jährige.

Bei ihm werden zum Beispiel wilde Austern gereicht, die zwei Hamburger Jungs im Wattenmeer in der Nähe von Groningen fischen. Die Gerichte auf der kleinen Karte sind kreativ. So wird zum Beispiel gegrillter Wolfsbarschbauch mit geschmorter Tomate und Paprika Hollandaise oder Schwertmuschel vom Habachi-Grill mit Spinat und Pilzveloute offeriert.

Eröffnung seiner „Fischbar“ war für März geplant

Die Eröffnung seiner „Fischbar“ war für März geplant. Die Corona-Pandemie hat auch ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zwei Monate durften Restaurants nicht öffnen – bis zum 20. Mai. „Wir waren so glücklich, dass wir endlich loslegen konnten. Es war schon sehr frustrierend, dass quasi am Tag der geplanten Eröffnung im März der Lockdown kam.“

Aber jetzt blickt Haebel nach vorn und freut sich über sein neues Gastrobaby. „Mir fallen wenige Lokale in Hamburg ein, wo ich in hipper Atmosphäre und dresscodefrei einfach gut Fisch essen kann. Genau solch einen Ort habe ich mit der XO Seafoodbar geschaffen und mir sozusagen einen Traum erfüllt.“

Er selbst steht gar nicht mehr so häufig am Herd

In den vergangenen Jahren ist der gebürtige Teninger – das ist ein kleiner Ort 20 Kilometer von Freiburg im Breisgau entfernt – zu einem der bekanntesten Köche in Hamburg avanciert. Die nordisch-französische Küche in seinem Restaurant mit nur 18 Plätzen begeistert Gäste und Kritiker. Haebel und sein Team erkochten sich 14 Punkte im Gault&Millau.

Die Nutzer des Online­reservierungsportals Open Table wählten das Haebel im vergangenen Jahr zum zweiten Mal zum besten Restaurant in Deutschland. Aber wegen Corona ist dieses Restaurant seit Mitte März geschlossen. Die Zeit wurde genutzt, um an einer neuen Ausrichtung zu arbeiten. Am 16. September geht es wieder los. Die Themen Vegetarisch und Wild sollen dabei eine Rolle spielen. „Das Beste aus Flora und Fauna werden wir servieren“, verspricht Haebel.

Apropos Kochen. Der Meister selber steht gar nicht mehr so häufig am Herd. „Ich sehe mich in erster Linie als Gastgeber und Gastronom. Es macht unheimlich Spaß, ein direktes Feedback zu bekommen und einfach mal ein paar Worte mit den Gästen über die Produkte zu wechseln“, sagt Haebel und ergänzt. „Ich habe Spitzenköche, die einen super Job machen. Ich bin eher der, der sich neue Kreationen ausdenkt und sich Gedanken über neue Projekte macht.“

Schülerpraktikum im Steigenberger Hotel Europäischer Hof

Vor fast zwei Jahrzehnten wurden mit einem Schülerpraktikum im berühmten Steigenberger Hotel Europäischer Hof in Baden-Baden die Weichen für Haebels spätere Karriere gestellt. Dort durfte er in die Küche reinschnuppern. „Da habe ich gleich gemerkt, dass ich Lust darauf habe, Koch zu werden.“ Mit gutem Essen war Haebel schon früher in Berührung gekommen. Gemeinsam mit seinem Vater, einem Obergerichtsvollzieher, kaufte Haebel auf dem Markt ein, und später wurde dann zu Hause gemeinsam gekocht. Er legte auch ein eigenes Gemüsebeet an.

Aufgewachsen ist Haebel mit drei Geschwistern. Und hat zwischendurch auch noch ein Praktikum bei der Bundespolizei gemacht – aber das war nicht so sein Ding. Es folgte eine dreijährige Ausbildung zum Koch im damaligen Dorint Hotel am Konzerthaus in Freiburg. „Ich habe da gelernt, was man alles aus einem Produkt machen kann. Das hat mich fasziniert.“ Danach hängte Haebel noch in demselben Haus eine Ausbildung zum Hotelfachmann dran. „Ich wollte einfach alles kennenlernen.“

Vor 13 Jahren kam Haebel nach Hamburg

„Aber Kochen und die Vision, eigene Gastronomiekonzepte zu realisieren, haben mich dann doch eher gereizt“, sagt Haebel. Vor 13 Jahren zog es ihn in die Elbmetropole. „Ich hatte mich in mehreren Großstädten beworben, aber Hamburg war mein Favorit.“ Bis zu seinem Vorstellungsgespräch hatte Haebel damals noch Zeit und machte sich vom Hauptbahnhof auf zu einer Hafenrundfahrt.

3 Fragen

  • 1. Was ist Ihr wichtigstes persönliches Ziel für die nächsten drei Jahre? Meine Restaurants auf maximale Nachhaltigkeit zu drehen. Sowohl sozial als auch ökonomisch und ökologisch.
  • 2. Was wollen Sie in den nächsten drei Jahren beruflich erreichen? Wir würden gerne etwas außerhalb von Hamburg einen Hof übernehmen um unser eigenes Gemüse anzubauen, Hühner zu halten und vieles mehr.
  • 3. Was wünschen Sie sich für Hamburg in den nächsten drei Jahren? Dass Hamburg nachhaltiger wird, sich Städte wie Kopenhagen zum Vorbild nimmt, Radwege verbessert, nachhaltige Betriebe aller Branchen unterstützt und die Jugend fördert.

„Auf der Barkasse bekam ich dann leider eine kleine Welle ab, und mein Anzug war nass. Der Barkassenführer meinte nur, jetzt bis du getauft.“ Das war offensichtlich ein gutes Omen. Denn der damals 21-Jährige bekam den Job bei Nord Event. Der Eventspezialist bespielt Locations wie das Ehemalige Hauptzollamt in der Speicherstadt oder das Elbdeck in der 23. Etage des Emporio-Hochhauses am Valentinskamp. Innerhalb kurzer Zeit arbeitete sich Haebel vom Kellner zum stellvertretenden operativen Leiter hoch. „Eine spannende Zeit, wir haben da Veranstaltungen mit mehreren Tausend Gästen ausgerichtet und natürlich ohne Ende gearbeitet.“

2010 startete Haebel mit seiner Ein-Mann-Cateringfirma

Doch eigentlich war ihm schnell klar: „Ich möchte was Eigenes machen.“ 2010 startete Haebel mit seiner Ein-Mann-Cateringfirma. Die Speisen bereitete er anfangs in der Küche seiner Wohngemeinschaft zu, die auch an der Paul-Roosen-Straße lag. Außerdem bekochte Haebel auf Tourneen Künstler wie Bruce Springsteen. Dann, es war 2011, machte der Frühclub HongKong dicht. Der lag gegenüber seiner Wohngemeinschaft. Auf der Fläche eröffnete Haebel zunächst die Tarterie St. Pauli. Das Konzept entwickelte der umtriebige Gastronom weiter. Aus dem Café wurde ein Bistro und schließlich 2015 ein Restaurant mit festem Menü, aus dem dann vor drei Jahren das Haebel hervorging.

„Wir haben eine neue Art der Küche mit der Nordic-French-Cuisine kreiert und den Gästen ein besonderes Geschmackserlebnis geboten und dazu natürlich einen absolut persönlichen Service.“ Die Wortfindung erschließt sich, da ein Teil seiner Familie aus Schweden kommt und er nicht nur sehr frankophil aufgewachsen ist, sondern auch bei einem Franzosen gelernt hat.

Haebel ist ein Energiebündel

Der Mann ist ein Energiebündel. Neben seinen Lokalen macht er immer noch Catering und ist regelmäßig mit seinen Kochtipps im „Sat.1-Frühstücksfernsehen“ zu sehen. Zurzeit laufen gerade Verhandlungen über ein neues TV-Format.

Zwei Bücher hat Haebel geschrieben, und außerdem ist sein Reisepodcast „Verlängertes Wochenende – Unterwegs mit Fabio und Matten“ erfolgreich. Dafür bereist er spannende Metropolen. Nicht für den Podcast, sondern für ein anderes Projekt war Haebel unlängst in Kopenhagen unterwegs. „Ich habe mir Dachgärten angeschaut, in denen mitten in der Stadt Obst und Gemüse angebaut werden. So etwas würde ich auch gerne in Hamburg umsetzen.“

Und was macht der Koch und Gas­tronom Haebel so in seiner Freizeit? „Ich habe gemeinsam mit meiner Freundin Swantje eine zweieinhalb Jahre alte Tochter, sie heißt Ava Charlie. Und natürlich verbringen wir möglichst viel Zeit miteinander.“

Die Wohngemeinschaft auf St. Pauli hat der Unternehmer inzwischen gegen eine Wohnung in Othmarschen eingetauscht. Was bedeutet für ihn Luxus? „Ich mache mir nicht viel aus Geld. Für mich ist es Luxus, wenn ich einfach mal abends im Garten entspannt mit meiner Familie und Freunden grille oder spontan frei mache, weil ich mich auf meine Mitarbeiter zu 100 Prozent verlassen kann.“ Der Badener wäre inzwischen sogar der perfekte Hamburg-Botschafter: „Ich liebe die Menschen, die Stadt. Berlin ist sicherlich cooler. und ich lasse mich dort auch gerne von der Gastroszene inspirieren, aber Hamburg ist mein absoluter Favorit zum Leben.“

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Wenn Haebel mal abschalten möchte, setzt er sich aufs Fahrrad und fährt an der Elbe entlang, geht joggen oder zieht seine Bahnen im Schwimmbad. Eines ist sicher. Langeweile kommt bei ihm nicht auf.

Wo sieht er sich in fünf Jahren? „Ich könnte mir gut vorstellen, auf einem Bauernhof zu leben. Und dort auch ein kleines Restaurant zu eröffnen. In der Küche würden wir dann all die Produkte verarbeiten, die wir selber anbauen.“ In Gummistiefeln und Kochschürze auf dem eigenen Hof, würde Haebel sicherlich eine gute Figur abgeben.