St. Pauli. Guide Michelin hat das Philipps im Karoviertel ausgezeichnet. Hier macht der Chef persönlich aus Nudeln kleine Meisterwerke.

Der Chef ist 33 und seit ­genau zwei Jahren sein eigener Herr. Sein Lokal ist gemütlich und liegt im Souterrain. Wer einen der 38 Plätze ergattern möchte, sollte reservieren, im Sommer steht dann auch noch der lauschige Hinterhof zur Verfügung. Fast wie ein Lottogewinn ist es, einen Parkplatz in der Umgebung zu finden. Glücklicherweise halten Bus und U-Bahn nicht weit entfernt. Aber sonst steht einem Genuss in Philipps Restaurant im Karoviertel nichts im ­Wege.

Nach seinem Vornamen hat Philipp Johann seinen Betrieb benannt. Vor acht Jahren kam der Wuppertaler an die Elbe. „Ich mag Hamburg sehr“, sagt der Küchenmeister, der in Velbert Hotelfachmann und bei Henri Bach in der Résidence in Essen-Kettwig Koch gelernt hat. Danach blieb er eine Weile im Westen, zog dann nach Bayern, bevor das Tafelhaus von Christian Rach für ein gutes Jahr sein Arbeitsplatz wurde.

Projekt für Straßenkinder

„Dann habe ich mir meine Ersparnisse angesehen und überlegt, was das Leben noch zu bieten hat.“ Die Wahl fiel auf ein Projekt für Straßenkinder in Brasilien, zu dem seine katholische Heimatgemeinde Kontakt hatte. „Dort habe ich sechs Monate lang mit den Kindern gekocht, Hausaufgaben gemacht und Sport getrieben. Außerdem Portugiesisch gelernt und festgestellt, wie gut wir es in Europa haben.“

 Spaghetti Carbonara
Spaghetti Carbonara © Marcelo Hernandez

Zurück in Hamburg ging es ins Rive und zu einem Italiener nach Nienstedten, als Mietkoch in verschiedene Betriebe und schließlich ins Restaurant von Tobias Strauch in der HafenCity. „Und als der nach 21 Jahren sein Lokal Mess an der Turnerstraße aufgeben wollte, habe ich es übernommen und mich selbstständig gemacht“, sagt Johann. „Ich bin angekommen.“

Motto des Chefs

Die grauen Wände in den verwinkelten Räumen hat der Chef selbst gestrichen. Vorn hat man den Blick zur Straße und kann an der Bar einen Drink nehmen, hinten gehen die Fenster zum grünen und geschützten Hof. Die kleinen Tische mit weißen Holzplatten sind eingedeckt mit Gläsern und Besteck, kleinen Brottellern, Kerzen und frischen Blumen in Töpfen aus Bunzlauer Keramik. Die Servietten sind selbst genäht aus Küchenhandtüchern. Man sitzt auf bequemen Lederstühlen. Spiegel und Wandlampen, ein blauer Kachelofen sowie ein großes Weinregal, in dem ein Tisch versteckt ist, vervollständigen die gemütliche Einrichtung.

„Bei mir soll man lecker, gut und zwanglos essen, ohne dass man sich in Schale werfen muss“, erklärt der Chef seine Philosophie. Zusammen mit zwei Mitarbeitern in der Küche und dreien im Service ist er für die Gäste da. Die kommen aus der Nachbarschaft, ganz Hamburg und sogar von weiter weg, sind alt und jung, tragen T-Shirt oder Anzug. „Wir haben eine tolle Mischung und freuen uns über die guten Noten in den Bewertungsportalen.“ Bei TripAdvisor rangiert das Lokal regelmäßig unter den besten Hamburger Restaurants, deshalb finden auch häufig Touristen den Weg an die Turnerstraße.

Immer Tatar im Angebot

Den Mittagstisch hat Johann abgeschafft und öffnet jetzt lieber schon um 17 Uhr, damit die Gäste entspannt essen können, wenn sie gleich nach Büroschluss ihren Hunger stillen möchten oder bevor sie ins Theater oder Musical gehen. Alle drei bis vier Wochen wechselt das Menü und etwa alle zwei Monate das À-la-carte-Angebot. Dann werden natürlich saisonale Waren berücksichtigt. „Immer haben wir aber Tatar, Ceviche und Tomatencremesuppe im Angebot“, sagt der Chef.

 Ochsenbacke mit Gemüse
Ochsenbacke mit Gemüse © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Und auch die geschmorte Ochsenbacke. Das Fleisch ist zart und mürbe, die Sauce schmeckt nach langer Schmorzeit und ist mit Rotwein abgeschmeckt. Das locker-samtige Kartoffelpüree lässt nicht den Stich Butter vermissen, ­ebenso wie die frühlingsfrischen Erbsen und Möhren. Ein anderer Renner im Philipps sind die Spaghetti carbonara. Ein wirklich gelungenes Gericht: die Pasta bissfest, die Sauce aus Eigelb, Parmesan und Sahne sämig-gebunden, Schinken und Pancetta mit gutem Raucharoma und nicht zu fett. Schwarzer bengalischer Pfeffer sorgt für angenehme Schärfe bei diesem Lieblingsgericht der Gäste. Auch Philipp Johann selbst isst diese Nudelspeise sehr gern. „Aber nichts geht über das ­Bananen-Curry meiner Mutter mit Reis. Dafür lass ich sogar eine Seezunge ­stehen.“

Edle Tropfen

Seine Zutaten wie Fisch, Fleisch und Gemüse bezieht der Küchenchef von Hamburger Händlern und aus Frankreich. Auf der rund 50 Positionen umfassenden Weinkarte finden sich Tropfen aus Deutschland, Frankreich, Österreich und Südeuropa. Die günstigste Flasche kostet 27 Euro, für sechs Euro hat man 0,15 Liter aus dem offenen Ausschank im Glas.

Der Gastronom hat viele renommierte Arbeitgeber im Lebenslauf. Strebt er selbst nach einem Michelin-Stern? „Ich möchte lecker und gut kochen. Mein Ziel war ein Bib Gourmand, den haben wir im Dezember bekommen.“ Mit diesem Prädikat zeichnet der Guide Michelin Deutschland Restaurants aus, die sorgfältig zubereitete Speisen zu einem besonders guten Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten. „Aber ich werde nicht nachlassen und möchte zufriedene Gäste.“ Also rein ins Souterrain, sich satt essen und glücklich sein. Philipp Johann wartet schon.

Philipps Turnerstraße 9

www.philipps-restaurant.de