Rotherbaum. Im Restaurant l’Auberge hat das Savoir-vivre eine Hamburger Heimat. Und das gilt nicht nur für die typisch französische Küche.

An der einen Wand hängt ein Gemälde, das den Chef zeigt. Wie der junge Jean-Paul Belmondo sieht er aus. Aber es ist Alexandre Jégard, seit 13 Jahren Küchenchef und Patron im Restaurant l’Auberge. Eine feste Größe für französische Küche im Grindelviertel.

Jégard kam in Toulon zur Welt. „Ich habe Koch gelernt und war dann mehr als 25 Jahre lang international unterwegs“, sagt der 59-Jährige. Als Chefkoch hat er in Restaurants in allen wichtigen Städten der Côte d’Azur Leckeres zubereitet. „Auch in meiner Heimatstadt habe ich ein eigenes Lokal geführt.“ Und im marokkanischen Casablanca ließ sich Jégard mediterran-arabisch beeinflussen.

Der Liebe wegen nach Hamburg

Und warum tauschte er Südfrankreich gegen Hamburg ein? „Aus dem einfachsten Grund der Welt – der Liebe wegen.“ Seit 1999 lebt der Franzose in der Hansestadt, kochte im Baseler Hof, im Allegria im Winterhuder Fährhaus und im Alsterpark Restaurant. „Als ich kam, konnte ich nur zwei deutsche Wörter: danke und Mercedes.“ Die Liebe zur Partnerin hielt allerdings nicht, um den gemeinsamen 17 Jahre alten Sohn kümmern sich dennoch beide.

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Jégard wollte wieder einen eigenen Betrieb, und als sich die Chance bot, das etablierte Lokal an der Rutschbahn zu übernehmen, griff er zu. Denn die l’Auberge hat in Hamburg ihre eigene Geschichte: Jacques Lemercier, heute weit über 80, holte 1973 das Savoir-vivre an die Elbe, bekam wenige Jahre später einen Michelin-Stern. Die Gäste nahmen lange Wartezeiten für einen Tisch in Kauf, um dann frische Froschschenkel aus Lyon zu verspeisen.

Da es damals kaum frische, original französische Zutaten in der Stadt gab, fuhr er regelmäßig selbst die Strecke Hamburg–Paris–Hamburg mit seinem kleinen Lastwagen, um seine Gäste zu beglücken. 1993 überließ Lemercier das Geschäft seinem Oberkellner, zwölf ­Jahre später übernahm der Koch aus Toulon.

Eine Spezialität: die Meeressuppe aus Marseille

„Wir sind ein kleines gutes Restaurant mit frischer mediterraner und französischer Küche“, sagt der Chef. Besonders die Provence, der Kräutergarten Frankreichs, liegt ihm am Herzen. Typisch provenzalisch ist Tapenade, eine Creme aus schwarzen Oliven. Oder die vielen in der Küche verwendeten frischen Kräuter wie Thymian, Rosmarin und Salbei sowie Lavendel für die Crème brûlée oder Estragon im Eis.

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© Michael Rauhe

Eine andere Spezialität ist die Bouillabaisse, die Meeressuppe aus Marseille. „Ich verwende Peterfisch, Dorade, rote Meerbarbe, Loup de Mer, Scampis und Miesmuscheln“, sagt Jégard. Außerdem unerlässlich: Safran, Anis, Cayenne, Weißwein und Olivenöl. Serviert wird die Suppe in großen Korkschalen wie bei unseren Nachbarn im sonnigen Süden.

Dazu kommt Rouille auf den Tisch, eine Creme zu Brot und Suppen mit kräftigem Knoblauch und Safran. „Es heißt, in ihrem Gelb spiegele sich das Licht Südfrankreichs“, sagt der Chef. Sehnsucht nach Sonne und Urlaub weckt der gratinierte Ziegenkäse mit Salat. Er wird mit Himbeer-Rhabarber-Sauce oder einer Tunke aus Preiselbeeren und Apfel-Rotkohl serviert.

Karte wechselt monatlich

Jégard wechselt die Karte monatlich, je nach Saison und Marktlage. Aber ein Muss ist das Rinderfilet mit Estragon-Sauce und Kartoffelgratin sowie ein Chateaubriand mit Sauce béarnaise. Das zarte und veritable Stück Fleisch wird mit kleinen Kartoffeln, Möhren, grünen Bohnen und Fenchel serviert. Zwei Personen werden davon mehr als satt. Natürlich gibt es auch immer wieder mal Froschschenkel, Schnecken und Gänsestopfleber. Manche Zutaten kommen immer noch direkt aus Paris, aber Fisch und Gemüse zum Beispiel aus Hamburg.

Die rund 40 Weine sind natürlich alle aus Frankreich. Für ein 0,15-Liter-Glas beginnen die Preise bei sieben Euro, die günstigste Flasche kostet 24 Euro.

Neuerdings hat der Patron auch eine günstigere Bistrokarte aufgelegt, die fast täglich wechselt. Hühnerfrikassee, Salat mit Garnelen oder ein Stück gebratener Fisch stehen drauf. „Man muss nicht immer ein ganzes Menü essen.“

Lokal hat 50 Plätze

Fünf Kräfte in Küche und Service kümmern sich um die Gäste, die laut Jégard „aus der ganzen Welt“ kommen. 50 Plätze hat das Lokal, im Sommer kann man auch draußen gegenüber vom Spielplatz sitzen.

Auffällig sind die großen Buntglas-Scheiben, man kann weder hinein- noch hinausgucken. Am Eingang hängt ein großes Foto vom Eiffelturm. Drinnen ist die Einrichtung gemütlich und nicht kühl-modern. Die Tische auf der Empore sind weiß und elegant eingedeckt, die Brotteller ziert ein Schriftzug mit dem Namen des Restaurants. Gesessen wird auf Holzstühlen und Lederbänken. Große runde rote Deckenlampen, Spiegel, Blumen, Bilder und ein in Gelb gehaltenes Gemälde mit den Konterfeis berühmter Franzosen sorgen für Akzente.

Ein Hingucker ist das Klavier rechts vom Eingang. „Bei Feiern wird es gern benutzt“, sagt der Patron. „Und auch sonst setzt sich schon mal ein Gast dran und spielt.“ Auf jeden Fall passt das Chanson „Non, je ne regrette rien“ (Nein, ich bedaure nichts) von Édith Piaf zu einem Abend an der Rutschbahn. Essen, Wein, Atmosphäre wie in Frankreich. Savoir-vivre hat in Hamburg eine Herberge in der l’Auberge.

So kommen Sie hin

Restaurant l’Auberge, Rutschbahn 34, Tel. 410 25 32, Di–Sa 17.30–22.30 Uhr, Montag nur mit Reservierung

www.auberge.de

HVV bis Hallerstraße oder Grindelhof, Parken in der Umgebung

Vorspeisen ab 6 Euro, Haupt­gerichte ab 26 Euro, Desserts  ab 6,50 Euro, Drei-Gänge-Menü 29,50 Euro