Eimsbüttel . Das Restaurant Witwenball war früher ein Tanzlokal. Gesellig geht es immer noch zu, die Küche ist deutsch mit französischem Einfluss.

Ach Elfriede! Wie schön, dass Sie bis in die 80er-Jahre in der Weidenallee ein Tanzlokal betrieben haben. Dort spielte eine Kapelle, dort schoben sich Paare beim Rumba, Walzer, Tango oder Foxtrott übers Parkett. Oder Damen ohne feste Begleitung, die sich gern von einem Eintänzer auffordern ließen. Schließlich hieß das Etablissement Elfriedes Witwenball nach der Mutter der Vermieterin. Heute ist der Musikpalast Geschichte, geblieben ist ein Ort der Geselligkeit mit Speis und Trank. Willkommen im Witwenball.

„Wir sagen ab und zu ,Auf Elfriede‘“, erzählt Axel Bode. Seit fünf Jahren betreiben seine Frau Julia und er das Restaurant. „Moderne, neue, deutsche, frische Küche mit französischen Einflüssen“, beschreibt er das, was in der Weidenallee aufgetischt wird.

Ein Quereinsteiger

Der 49-Jährige stammt aus Walsrode und ist ausgebildeter Fotograf. „Anfang der 90er-Jahre kam ich nach Hamburg, habe als Assistent im Bereich Modefotografie gearbeitet und in Kneipen gejobbt.“ Digitalisierung und Fotografie – das gefiel Bode nicht. Er gab diesen Beruf auf und eröffnete 2003 das Café Knuth in Ottensen, an dem er bis Ende vergangenen Jahres beteiligt war.

Und der Gastronom entdeckte die Liebe zum Wein, absolvierte die Sommelierprüfung, besuchte Winzer, trainierte den Gaumen. „Ich habe gemerkt, dass Frühstück und Sandwiches auf der Speisekarte nicht das Ende der Karriere sein können“, sagt Bode.

Also Witwenball. Eigentlich sollte es eine Weinbar sein, in der man auch essen kann. Mittlerweile ist der Betrieb ein Lokal mit gutem Essen und ebensolchen passenden Weinen. Der Chef kümmert sich um die Beratung und den Service, seine drei Jahre jüngere Ehefrau kommt aus der Werbebranche und organisiert das Büro.

Unscheinbares Eckhaus

Das Restaurant in Eimsbüttel liegt in einem unscheinbaren Eckhaus, aber überrascht drinnen mit Flair wie in Paris oder Mailand. Stylish und modern, gleichzeitig warm und gemütlich, Anklänge an die 20er-Jahre. Eingerichtet hat es der italienische Architekt Giorgio Gullotta, der auch für das Interieur in der Bullerei und im Favoloso verantwortlich zeichnet. Und so hat er dem Lokal einen imposanten Tresen aus Carrara-Marmor, Tapeten mit zartem Wolkenmotiv, schimmernde türkisfarbene Polsterstoffe, graue Wände und Säulen sowie Holzstühle und Tische mit braunen Marmorplatten verpasst.

Neben den vielen Weinregalen und -schränken ist vor allem die opulente Spiegelwand mit den Glühbirnen ein Blickfang. Auf einem kleinen Podest davor stehen Tische, die sich leicht zu einer langen Tafel arrangieren lassen. Und wer mit dem Rücken zum Raum sitzt, kann trotzdem das Geschehen im Restaurant verfolgen.

Den Wein kann man auch mitnehmen

Damit die Gäste, von denen viele aus Skandinavien und natürlich aus ganz Hamburg kommen, sich auf den 80 Plätzen wohlfühlen, geben die 17 Mitarbeiter in Service und Küche ihr Bestes. Am Herd hat Jan Schlüter das Sagen. Der 32-Jährige arbeitet seit Eröffnung im Witwenball, hat auf dem Antik-Hof in Bissee bei Kiel gelernt und im Zippelhaus sowie im Weißen Haus in Neumühlen Speisen zubereitet. „Ich koche gern mit Fleisch, aber auch kreativ vegetarisch“, sagt der Küchenchef. „Vor allem habe ich hier viele Freiheiten, kann ausprobieren und neue Rezepturen testen. Und wenn ich das Gericht dann für gut befinde, kommt es auf die Karte.“

Zum Beispiel der rosa gebratene Kalbstafelspitz. Das Fleisch ist äußerst zart und auf den Punkt gegart. Die Café-de-Paris-Butter bringt eine elegante Note auf den Teller, der Feldsalat ist knackig. Und der Ofenkürbis wird als Püree und als gebratener Schnitz serviert. Eine schmackhafte und farblich ansprechende Kombination.

Der Tafelspitz
Der Tafelspitz © Marcelo Hernandez

Von der Dessertkarte lockt die karamellisierte Ananas. Die saftige Südfrucht hat eine angenehme Rauchnote und wird von Kokos sowie Sesam und einem cremig-zarten selbst gemachten weißen Schokoladeneis begleitet. Es gehört sich ja nicht, den Teller abzuschlecken, aber die Versuchung ist groß.

Aktuell gibt es Skrei

Die Karte ändert sich alle vier bis fünf Wochen, schlägt ein Drei-Gänge-Menü vor, stellt das Produkt und saisonale Angebote in den Vordergrund, zum Beispiel jetzt den Winterkabeljau namens Skrei. Immer aber gibt es Tatar vom pommerschen Rind und sonntags ab 17 Uhr ein Wiener Schnitzel vom Kalb mit Gurkensalat und Bratkartoffeln. Die Zutaten kommen unter anderem aus dem FrischeParadies, vom Fischhändler Hagenah sowie vom Gemüse-Großmarkt.

Und dann natürlich der Wein: Mehr als 30 offene Tropfen und mehr als 300 in Flaschen aus Deutschland, Europa und Südafrika stehen auf der Karte. Es sind mehr Weiß- als Rotweine, Riesling und Weißburgunder sind die beliebtesten Sorten. 0,1 Liter offen gibt es für 3,50 Euro, die günstigste Flasche kostet 28 Euro.

„Alle unsere Winzer arbeiten biodynamisch, biologisch oder naturnah“, sagt Axel Bode. „Das tut den Weinen gut.“ Er trinkt am liebsten Grünen Veltliner oder Blaufränkisch. Und wer den Rebensaft, der zum Essen so gut geschmeckt hat, auf der heimischen Couch genießen möchte, kann ihn gleich mitnehmen. Fast alle Weine, die Bode im Programm hat, können zum Winzerpreis außer Haus geordert werden.

Was Elfriede gern getrunken hat, ist nicht überliefert. Eher eine liebliche Spätlese aus Deutschland oder halbtrockenen Schaumwein? Bier oder süßen Likör oder gar keinen Alkohol? Auf jeden Fall hat sie die gastronomische Geschichte in dem Haus an der Weidenallee/Ecke Agathenstraße begründet. Also auf Elfriede!

Witwenball Weidenallee 20

www.witwenball.com

Vorspeisen ab 12 Euro, Hauptgänge ab 16 Euro, Desserts ab 3 Euro, Drei-Gänge-Menü 39 Euro