Rotherbaum. Mama steht in der Küche: Das indische Restaurant im Grindelhof ist so authentisch vom Subkontinent wie die Familie, die es führt.

Die eine „Mona Lisa“, erschaffen zwischen 1503 und 1506, hängt seit vielen Jahren im Louvre in Paris. Und die andere schmückt die Wand eines Restarants im Grindelviertel. Die andere? Es handelt sich um die indische Version des berühmten Gemäldes von Leonardo da Vinci (1452–1519). War der Maler etwa auf dem Subkontinent? Man weiß es nicht. Auf einer Postkarte jedenfalls ist die berühmteste Frau der Kunstgeschichte mit indischen Symbolen und Schmuck ausgestattet. Dem Computer sei wohl Dank. Ein schöner Hingucker im Restaurant Panjaab im Grindel.

Rot und Curry sind die Farben der Möbel und Wände in dem lang gestreckten Raum. Auf den Tischen liegen Sets mit Elefanten-Motiven, Teelichter flackern in bunten Gläsern. An den Wänden hängen Motive und Banknoten aus Indien, auf dem Tresen stehen viele kleine Gefäße mit Gewürzen zum Schnuppern. Im Hintergrund dudelt indische Popmusik. 38 Gäste finden drinnen Platz, vor den Fenstern draußen an der Straßenecke noch einmal genauso viele.

22-Jähriger ist in Hamburg geboren

Seit zwei Jahren werden hier Gerichte aus dem Norden Indiens serviert. Von dort stammt die Familie von Sukh Jeet Singh. Der 22-Jährige ist in Hamburg geboren und aufgewachsen. Aber sein Vater Darshan Singh kommt aus dem Bundesstaat Panjaab, woher das Lokal seinen Namen hat. „Ich bin vor 40 Jahren nach Deutschland gekommen“, erzählt der heute 59-Jährige. „Erst war ich in Heidelberg, dort lebte ein Cousin, der war Bauingenieur.“ Aber dann zog der damals junge Mann weiter nach Hamburg. „Ich sprach kein Deutsch, nur Englisch, und habe einen Job in einem italienischen Restaurant angenommen.“

Süße Sünde: die Bällchen Gulab Jamun und dazu Gajrela aus geraspelten Karotten.
Süße Sünde: die Bällchen Gulab Jamun und dazu Gajrela aus geraspelten Karotten. © HA | Marcelo Hernandez

1987 eröffnete Darshan Singh das Gran Sasso an der Schlüterstraße, bis heute ein beliebtes Lokal mit italienischen Speisen. Kein Wunder also, dass Sohn Sukh in der Branche bleibt. „Ich bin ja fast in der Küche geboren.“ Sein vier Jahre älterer Bruder Harjeet arbeitet im Gran Sasso, die große Schwester Amandeep (28) lebt in Paris. Sie sind alle Sikhs und feiern Weihnachten, die Männer tragen keinen Turban.

Sukh Jeet Singh wollte unbedingt im Grindelviertel ein eigenes Restaurant mit indischer Küche eröffnen. Als das Lokal, in dem vorher französische Speisen serviert wurden, frei wurde, griff die Familie zu.

Eigene Würzmischungen

Zwar ist der Junior der Chef. Aber Papa schaut häufig vorbei, und vor allem die Mutter ist unverzichtbar. Denn Rajvinder Kaur steht in der Küche und ist verantwortlich für all die würzigen Gerichte. „Ohne Mama hätte ich das hier nicht gemacht“, sagt der Sohn über die 52-Jährige. Die Mutter stammt ebenfalls aus Panjaab, lernte ihren Mann kennen, als er mal auf Heimaturlaub war. Seit 30 Jahren ist das Paar verheiratet.

Gerne werkelt Rajvinder Kaur in der kleinen Küche. Vegetarische und vegane Gerichte mit Kokos und Curry bereitet sie ebenso zu wie Chutneys mit Minze, Tomate, Chili oder Mango. Natürlich gehören auch die gefüllten Teigtaschen Samosas, die Bratlinge Pakoras und das Fladenbrot Naan zum Repertoire.

Sukh Jeet Singh mit seinen Eltern Rajvinder Kaur und Darshan Singh.
Sukh Jeet Singh mit seinen Eltern Rajvinder Kaur und Darshan Singh. © HA | Marcelo Hernandez

Und jeden Tag stellt die Mutter ihre eigenen Würzmischungen her, zum Beispiel aus Kreuzkümmel, Ingwer und Koriandersamen, mal zum Streuen, mal als Paste aus dem Mörser. „Ich mache alles selbst und vor allem frisch“, sagt die Expertin. „Deshalb ist unsere Karte auch nicht so umfangreich. Und ich berücksichtige den deutschen Geschmack, mache saisonal auch mal etwas mit Spargel oder Kürbis.“

Huhn Tikka Masala wird im Lehmofen gebacken

Geflügel, Lamm und Fisch werden im Norden Indiens gegessen, außerdem sind die Speisen nicht so scharf wie im Süden und oft mit Joghurt verfeinert. Und so ist Chicken Tikka Masala einer der Renner im Panjaab. Huhn wird 30 Stunden in einer Joghurt-Marinade eingelegt und anschließend im Tandoori-Lehmofen gegart. Dazu gibt es eine Tomaten-Curry-Sauce. Oder zartes Lammfleisch in einer würzigen Currysauce, verfeinert mit Mango und Rosinen. Das gibt dem Gericht eine liebliche Note. Und abgerundet wird mit frischem Koriander, Ingwer und Granatapfelkernen.

Als Beilage unverzichtbar ist Basmatireis. „Der kommt aus Panjaab, wir verbrauchen mindestens 50 Kilo in der Woche“, sagt Sukh Jeet Singh. Er serviert auch indisches Bier, was die vielen deutschen Gäste und die Besucher vom Subkontinent freut. „Indische Studenten oder Touristen wollen im Ausland nicht auf vertraute Speisen verzichten und essen eben am liebsten indisch. Und viele kommen zu uns.“

Dann finden sie auch Desserts wie Gulab Jamun auf der Karte. Das sind hausgemachte Teigbällchen, die frittiert und anschließend in Zuckersirup eingelegt werden. Süß, klebrig, lecker! Oder Gajrela nach dem Rezept der Großmutter, im Winter ein Muss auf dem Tisch: Dafür werden geraspelte Karotten mit Milch, Honig, Kardamom, Nelken und Fenchel aufgekocht. Der Brei wird auf einem Backblech ausgestrichen, getrocknet und in Stücke geschnitten, anschließend mit Kokos, Nüssen und Mandeln verziert.