Hamburg. Zu Gast ist dieses Mal Winzerlegende Jose Pepe Galante aus der Bodega Salentein in Argentinien. Probiert werden vier seiner Weine.

Mehr als 27 Stunden ist Michael Kutej unterwegs gewesen, mit dem Taxi, dem Flugzeug, mit Bahnen und Bussen, bis er endlich an seinem Ziel ankam. Nun sitzt der Weinexperte auf einer Terrasse der Bodega Salentein, eines gigantischen Weinguts unweit der Anden, und testet zusammen mit Riesling-Liebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard drei Rotweine und einen Rosé, die die Handschrift einer Winzerlegende tragen: Jose Pepe Galante ist heute in unserer Reihe „Vier Flaschen“ zu Gast, der hier in Argentinien für den Weinanbau auf einer Fläche von 950 (!) Hektar verantwortlich ist, und dabei einen großen klimatischen Vorteil auf seiner Seite hat.

Tagsüber ist es auf dem Weingut sehr warm, zuweilen heiß, nachts kühlt es aber selbst im Sommer deutlich ab, „das sorgt dafür, dass sich die Trauben gut erholen können“, so Galante. Und: „Das Wichtigste ist und bleibt bei uns die Sonne. Man schmeckt die argentinische Sonne in unseren Weinen.“ Und die sind in der Regel rot.

Ein Rosé, der nicht den Erwartungen des Rosé-Fans entspricht

Los geht es trotzdem mit einem Rose, dem Portillo Malbec Rosé aus dem Jahr 2021, der aus der einzigen Rebsorte besteht, die Axel Leonhard kannte, „bevor wir mit den Vier Flaschen begonnen haben“. Es geht um Malbec, eine alte französische Rebsorte, die heute in Chile, Südafrika und vor allem in Argentinien angebaut wird, und, so Galante, „very typical“ für die Region sein. Der Rosé aus Argentinien ist dabei nicht so, wie sich der durchschnittliche deutsche Rosé-Liebhaber (oder sollte man besser sagen: die Rosé-Liebhaberin) das vorstellt.

Er ist sehr trocken, schmeckt mindestens so sehr nach Kräutern wie nach Erdbeeren, Blaubeeren und Grapefruit und ist für Michael Kutej „ein Rosé, der all denen gefallen wird, die normalerweise lieber Weißwein trinken“. Die Flasche kostet neun Euro, und Kutej muss nach dem ersten Schluck zugeben, dass er heute schon an die 70 bis 80 Weine probiert hat, neben viele Rotweinen auch „wirklich tolle Chardonnays“.

Das Weinpaket zur 70. Folge des Podcasts „Vier Flaschen“ mit einer Auswahl vom Weingut Salentein.
Das Weinpaket zur 70. Folge des Podcasts „Vier Flaschen“ mit einer Auswahl vom Weingut Salentein. © Silkes Weinkeller | Silkes Weinkeller

Merlot litt lange unter dem „Sideways“-Effekt

Flasche Nummer zwei enthält einen Merlot, genauer gesagt die Barrel Selec­tion aus dem Jahr 2020. Merlot war früher einmal die Rebsorte, die auf dem Weingut am meisten angebaut wurde, inzwischen hat der Malbec ihn verdrängt. Aber so etwas kennt der Merlot, er habe harte Zeiten hinter sich, erzählen Galante und Kutej: Das liege an dem sogenannten „Sideways“-Effekt. „Sideways“ ist ein Film aus dem Jahr 2004, in dem die Rebsorte überhaupt nicht gut wegkommt, „danach hat kaum noch jemand Merlot getrunken“, so Kutej.

Was ungerecht sei, gerade in Bezug auf den Wein Nummer zwei, der „schön saftig, schön süß und schön fleischig ist“, und nach Pflaumen und Schattenmorellen schmeckt.

Temperaturunterschiede helfen der Frische des Weines

Der Cabernet Franc (Barrel Selection Cabernet Franc 2019) hat teilweise auch ein Popularitätsproblem, er steht im Schatten der Rebsorten aus dem Bordeaux, was zumindest für diese Flasche ungerecht ist. Sie hat vom wichtigsten Weinbewerter Argentiniens 93 von 100 Punkten erhalten, „der Duft ist toll“, sagt Leonhard, Kutej schmeckt Veilchen und dunkle Beeren: „Das ist ein sehr komplexer Wein, der sich von Schluck zu Schluck und von Tag zu Tag verändert.“

Er werde auf einer Höhe von 1300 Meter angebaut, erzählt Galante, noch höher seien die Weinberge, auf denen man, Achtung, Riesling gepflanzt habe: „Die klimatischen Bedingungen dafür sind bei uns eigentlich ideal.“ Wie gesagt: Im Sommer können die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht 20 Grad betragen, das sollte für eine sehr gute Frische des Weines sorgen: „Das wird ein Riesling, der nach Argentinien schmeckt.“

Der Geschmack der Sonne Argentiniens – die letzte ist die teuerste Flasche

Zu Flasche Nummer vier, dem Numina Gran Corte Cuvée aus dem Jahr 2018, der zunächst nach Cabernet Franc und dann nach Malbec schmeckt, der ihm als ­Unterstützung beigemischt ist. Mit einem Preis von 30 Euro ist das der teuerste Wein in unserem Test – er kostet knapp so viel wie die beiden anderen Rotweine zusammen –, aber auch der mit Abstand anspruchsvollste. Der Trinkfluss sei enorm, sagt Haider, und das gilt auch für Michael Kutej, der gleich weitermuss: Am Abend stehen die nächsten Weinproben an…

Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch unter www.abendblatt.de/podcast anhören oder auf dem YouTube-Kanal des Hamburger Abendblatts ansehen. Im Wechsel mit der bekannten, etwa 90 Minuten langen Folge gibt es alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In maximal 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss, und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet wird.